Chip-Konflikt mit China Japan und Niederlande schließen sich US-Sanktionen gegen China an
Die US-Regierung verschärft im Chip-Konflikt die Handelssanktionen gegen China. Damit diese ihre volle Wirkung entfalten, müssen die USA die Niederlande und Japan mit ins Boot holen. Das ist nun offenbar gelungen.

Japan und die Niederlande werden sich den strengen Exportbeschränkungen Washingtons gegenüber Peking anschließen. Das berichteten amerikanische und europäische Medienagenturen wie Bloomberg und Reuters unter Verweis auf mit der Materie befasste Informanten. Offiziell wurde die Einigung bislang nicht bestätigt.
In Japan und den Niederlanden sind Unternehmen beheimatet, die zu den führenden Ausrüstern von Chipfabriken zählen. ASML aus den Niederlanden etwa ist gar Monopolist für EUV-Lithografiemaschinen, deren „Extreme Ultraviolet“-Strahlung Voraussetzung für das Herstellen von modernsten Chips mit Technologieknoten unterhalb von 7 nm ist. Ziel der Restriktionen ist, China den Zugriff auf die fortschrittlichsten Computerchips zu verwehren und so die chinesische Wirtschaft auszubremsen.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuellen heiklen Situation mit einem vermeintlichen chinesischen Spionage-Ballon, der über USA-Gebiet geflogen ist, birgt diese Entwicklung reichlich Zündstoff für eine weitere Verschlechterung der politischen wie wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Reich der Mitte und dem Westen. Schon hat China angekündigt, selbst eine Liste von exportbeschränkten Gütern anzulegen – darunter die für den Kampf gegen den Klimawandel wichtige Photovoltaiktechnik.
Weitreichende Handelsbeschränkungen für Hochtechnologien
Im Oktober letzten Jahres hatte die US-Administration unter Joe Biden die weitreichendsten Einschränkungen für den Export von fortschrittlicher Chiptechnologie nach China verkündet – und damit sogar seinen egozentrischen Vorgänger Trump übertrumpft. Davon betroffen sind nicht nur moderne Computerchips und die für deren Produktion nötigen Maschinen, sondern auch die für das Chipdesign nötige EDA-Software (Electronic Design Automation) und weitere für die Herstellung nötige Komponenten.
Damit versucht Washington offenkundig, China unter anderem auf dem Gebiet der Schlüsseltechnologie Künstliche Intelligenz zurückzuwerfen. Nvidia, Marktführer für KI-Chips und -Komponenten, sah sich daher gezwungen, abgespeckte Versionen seiner Produkte speziell für den chinesischen Markt zu entwickeln.
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GPUs für Künstliche Intelligenz
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Keine KI-Chips für das chinesische Militär
So soll die die Volksrepublik wohl auch davon abgehalten werden, leistungsfähige KI (weiter) in militärische Produkte zu integrieren und sich damit weiter in Richtung militärische Supermacht zu entwickeln. Eine direkte Konfrontation beider Riesenstaaten ist längst nicht mehr ausgeschlossen. Während China seinen Einfluss im Pazifikraum rücksichtslos ausbaut, sehen sich die USA als Schutzmacht von Taiwan. Die Insel sieht China wiederum als chinesisches Staatsgebiet an und würde sie lieber heute als morgen heim ins Reich holen – samt der darauf ansässigen, weltweit führenden Halbleiterindustrie.
Bislang hatten die USA die Handelsrestriktionen definiert und einseitig verkündet. Doch damit diese eine durchschlagende Wirkung entfalten können, sind die Vereinigten Staaten auf die Kooperation mit anderen Ländern angewiesen – allen voran eben Japan und die Niederlande. ASML ist Weltmarktführer für Chipfertigungsanlagen und wie oben beschrieben Monopolist für EUV-Maschinen, ohne die sich die wenige Nanometer winzigen Strukturen auf den Silizium-Wafern nicht belichten lassen. Nikon und Tokyo Electron aus Japan wiederum stellen Schlüsselkomponenten für die Fertigung der ASML-Anlagen her.
Einigung wohl erzielt, aber nicht verkündet
Zumindest die niederländische Regierung war bisher eher zurückhaltend mit möglichen Zusagen zu weiteren US-Boykotten. Kein Wunder, schließlich würden sich diese unmittelbar negativ auf die Umsätze des heimischen Vorzeigeunternehmens ASML auswirken. ASML ist gemessen am Börsenwert der aktuell der größte Technologiekonzern Europas. Nach eigenen Angaben machen die Exporte ins Reich der Mitte rund 15 Prozent des gesamten Umsatzes aus.
Ende Januar hatten sich letztlich Vertreter der USA, Niederlande und Japan in Washington getroffen, um sich über das weitere Vorgehen abzustimmen. Kurz zuvor war auch US-Präsident Biden im Austausch mit den Staatslenkern aus Japan und den Niederlanden.
Laut Bloomberg konnten sich die drei Partner einigen – was ein wichtiger Sieg für die Amerikaner wäre. Auf eine offizielle Erklärung haben sie bislang verzichtet, vermutlich aufgrund der Brisanz der Angelegenheit. So schreibt das Wall Street Journal, dass Japan und die Niederlande wirtschaftliche „Vergeltung“ seitens Chinas befürchten, wenn sie sich den US-Handelsboykotten gegen die Volksrepublik anschlössen.
ASML warnt vor möglichen Auswirkungen der Boykotte
Wohl auch um etwas Druck aus dem Kessel zu nehmen, wolle die US-Administration die Kommunikation über die Ergebnisse den Partnern überlassen, schrieb die Financial Times. Auf einer Pressekonferenz auf den Bericht angesprochen, sagte Japans stellvertretender Kabinettschef und Regierungssprecher Seiji Kihara, man werde „angemessene Schritte auf der Grundlage der Regulierungsmaßnahmen der Vereinigten Staaten und anderer Länder unternehmen“. Auch der niederländische Premier Mark Rutte hielt sich angesichts des heiklen Themas bedeckt. Man habe sich entschlossen, „nur sehr eingeschränkt zu kommunizieren“ – auch im Falle einer Einigung.
ASML-CEO Peter Wennink wird nicht müde, vor den negativen Auswirkungen eines möglichen China-Banns für DUV-Systeme zu warnen (ein Boykott für EUV-Anlagen ist seit 2019 in Kraft). Bereits Mitte 2022 sagte er im Gespräch mit dem asiatischen Nachrichtenmagazin NikkeiAsia, dass dadurch ein Bruch der globalen Halbleiter-Lieferketten drohe. Im Interview mit Bloomberg Ende Januar sagte Wennink zudem, dass chinesische Unternehmen einen Weg finden werden, die nötigen Maschinen zum Fertigen fortschrittlicher Chips selbst zu bauen, sollte ein Import nicht möglich sein. Das werde zwar eine Zeit dauern, „aber am Ende werden sie es schaffen“. (me)
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