2D-Materialien Licht sticht Strom: Informationen 1.000-mal schneller übertragen
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Anstatt auf Elektronen setzen zwei Physiker auf monokristalline 2D-Materialien und Laserlicht, um Information bis zu 1.000-mal schneller zu übertragen. Dabei machen sie sich erstaunliche Eigenschaften der nur eine Atomlage dünnen Materialien zunutze.

In der Welt der Elektronik und Nachrichtentechnik werden Informationen durch Bits, also 0 und 1, dargestellt. Mit diesem Zustand, ob Strom fließt oder nicht, dem Binärsystem, lassen sich Informationen bereits sehr schnell transportieren. Doch es geht noch schneller: Zwei Physiker an der Universität Jena forschen mit so genannten einkristallinen 2D-Materialien und Laserlicht. Diese 2D-Materialien zerlegen sie in atomare Schichten, um sie dann mit „Valleytronik“ zu manipulieren. Als Werkzeug dient Licht.
Materialien aus einer Atomlage
„Diese Materialien, die aus nur einer Atomlage bestehen, haben außergewöhnliche optische Eigenschaften, die sie für die Forschung so interessant machen“, erklärt Paul Herrmann. Er und sein Kollege Sebastian Klimmer sind Physiker am Institut für Festkörperphysik der Universität Jena in der Arbeitsgruppe „Ultraschnelle optische Spektroskopie“.
„2004 gelang es den Nobelpreisträgern Geim und Novoselov erstmals, zweidimensionale Lagen aus Kohlenstoffatomen, das Graphen, herzustellen. Seitdem wurden von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt viele weitere 2D-Materialien entdeckt“, ergänzt Klimmer. „Theoretische Modelle sagen zudem voraus, dass es ungefähr 1.800 von ihnen geben soll. Aus diesem Baukasten lassen sich wiederum unendliche Kombinationen bauen.“
Spezielles Halbleitermaterial
Die beiden Physiker haben sich aus diesem Baukasten das Wolframdiselenid ausgesucht, das zur Gruppe der Übergangsmetalldichalkogenide gehört. „Dieses spezielle Halbleitermaterial hat lokale Extrema in seiner elektronischen Bandstruktur, sogenannte Valleys, welche wir mit Licht manipulieren können“, erklärt Paul Herrmann die Wahl.
Mit diesen Materialien arbeiten die Forscher im Labor erfolgreich. „Wir beschießen das Material mit einem zirkular polarisierten Laser. Das kann in zwei unterschiedlichen Richtungen geschehen, so dass wir damit bestimmen können, in welchem Valley wir Elektronen anregen“, erklärt Herrmann. „Dieses Phänomen der Valleypolarisation – also der Zustand, in dem ein Valley mehr angeregt wird als das andere – kann man wiederum ausnutzen, um darin Informationen zu codieren, zu manipulieren und wieder auszulesen“, führt Klimmer aus.
Infrarotlaser mit 1.500 Nanometer
Gleichzeitig machen sich die Forscher den seit den 1960er Jahren bekannten Effekt der „Second-harmonic Generation“, also der Frequenzverdopplung von Licht, zunutze. „Wir verwenden einen Infrarotlaser bei einer Wellenlänge von 1.500 Nanometern. Damit können wir die Frequenzverdopplung in Wolframdiselenid mit zwei Photonen resonant betreiben und somit die induzierte Valleypolarisation noch verstärken“, beschreibt Herrmann den komplizierten Prozess.
„Weiterhin erlaubt uns die Verwendung der Frequenzverdopplung eine deutlich einfachere Trennung des Anregungslichtes und dem für uns interessanten Signal, welches sich entsprechend bei 750 Nanometern, der halben Wellenlänge beziehungsweise der doppelten Frequenz befindet“, ergänzt Klimmer.
Informationen 1.000-mal schneller übertragen
„Bisher wird in der Elektronik das Binärsystem genutzt, zur Informationsübertragung wird Strom an- oder abgeschaltet. Ein Transistor schafft so etwa eine Milliarde Berechnungen pro Sekunde. Indem wir die Elektronik mit Licht statt Strom schalten, lässt sich das auf eine Billion Berechnungen pro Sekunde steigern. Das heißt, wir sind mit unserem System 1.000-mal schneller als die herkömmliche Elektronik“, fasst Paul Herrmann die Jenaer Forschungsergebnisse zusammen. Das mache die Lösung perspektivisch interessant für viele Bereiche der Optoelektronik und Technik.
Bis die neuen Erkenntnisse über die 2D-Materialien und die technischen Lösungen der Jenaer in größerem Maßstab eingesetzt werden können, werden noch einige Jahre vergehen, schätzen Sebastian Klimmer und Paul Herrmann. Schließlich befinde man sich in der Grundlagenforschung.
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