Internet of Things Industrie 4.0 und Cyber Physical Systems – ganz oder gar nicht?

Autor / Redakteur: Prof. Dr.-Ing. Birgit Vogel-Heuser * / Johann Wiesböck

Industrie 4.0 ist kein Allheilmittel, sondern muss mit den verschiedenen Facetten auf die Passfähigkeit auf die eigenen Zielsetzungen, den Markt und den Mitbewerb betrachtet werden. Eine Analyse für Maschinen- und Anlagenbauer.

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Bild 5: Augmented Reality: Überblendung des Kamerabildes mit Prozessdaten
Bild 5: Augmented Reality: Überblendung des Kamerabildes mit Prozessdaten
(Bild: Mayer & Pantförder 2014)

Der disruptive Charakter des technischen Wandels im Rahmen von Industrie 4.0 wird aufgrund der Verfügbarkeit vieler Daten und damit auch des Wissens über das Internet auch für die produzierende Industrie prognostiziert. Die digitale Verfügbarkeit vieler Daten im persönlichen Bereich erlebt jeder, ob nun bei der Navigation zu einem neuen Ziel, mit der nahezu permanenten persönlichen Erreichbarkeit, der Suche im Internet anstatt im Lexikon oder der Kommunikation über soziale Netzwerke.

Wie sich diese Technologien für die Industrie im Besonderen den Maschinen- und Anlagenbau darstellen, wird am Anwendungsfall einer standortübergreifenden Joghurtproduktion und eines Roboternetzwerks erläutert und die verschiedenen in diesem Zusammenhang verwendeten Begriffe wie Internet of Things, Cyber Physical Systems, Cyber Physical Production Systems und Industrie 4.0 zu einander in Beziehung gesetzt. An die produzierende Industrie in Deutschland werden unter Industrie 4.0 folgende Anforderungen gestellt:

  • Immer höherer Variantenreichtum erfordert Mechanismen diesen zu beherrschen. Vorhandenes ist – soweit effizient machbar – zu nutzen und Mehrfachentwicklungen zu vermeiden (Re-invent the wheel).
  • Reduzierung Time-to-market: Kunden akzeptieren immer seltener lange Wartezeiten, so dass eine effektive Entwicklung und Produktion in Wertschöpfungsketten zwischen Unternehmen notwendig wird.
  • „[Die] Lebenszyklen der Produkte werden durch steigende Innovationsgeschwindigkeit immer kürzer, so dass effizientes und flexibles Umrüsten von Produktionsmitteln und Produktionsanlagen auf neue Produktvarianten ebenso wie die Anpassung der Intralogistik im Unternehmen und der Logistik zwischen den Unternehmen erfolgskritisch wird“ (Vogel-Heuser et al. 2012).

„Notwendig sind Lösungsansätze, die einen großen Spielraum für Produktvarianten und Produktionsvarianten schaffen. Der weltweite Zugriff auf Ressourcen und bisher unbekannte Produktionseinheiten ermöglicht eine weitere Flexibilisierung der Wertschöpfungsketten auch über Unternehmensgrenzen hinweg […] “ (Vogel-Heuser et al. 2012).

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Veranstaltungstipp

Zu diesem Themenkomplex spricht Frau Prof. Dr.-Ing. Birgit Vogel-Heuser, Lehrstuhlleitung an der Technische Universität München, auf dem Kongress ‚Best Practice in Internet of Things‘ am 7. Oktober 2014 in München, Garching. Das komplette Programm und die Anmeldung finden Sie unter www.iot-kongress.de

Vom Internet of Things zu Cyber-Physical Systems und Industrie 4.0

Das Internet der Dinge ist ein in Deutschland insbesondere von der Logistik aufgegriffener Ansatz der Logistikketten und Produktionsketten weiter informationstechnisch auf Basis des Internets integriert. Cyber Physical Systems (CPS) wurden insbesondere aus den USA proklamiert und in Deutschland durch die Agenda CPS grundlegend erforscht.

Als letzte dieser Begriffe entstand Industrie 4.0 für den Bereich der Produktion. CPS werden unter anderem als Technologie zur Ertüchtigung der Produktion für Industrie 4.0 angesehen. (Forschungsunion 2013, acatech 2011), d.h. aufgrund der informationstechnischen Vernetzung aller Informationsquellen und Senken miteinander entsteht zusätzliches Wissen.

Industrie 4.0 wird häufig als „angekündigte“ revolutionäre Entwicklung betrachtet, die disruptiv erfolgt. Diese Ansicht ist jedoch umstritten. Teilweise wird stattdessen eher ein evolutionärer technischer Wandel prognostiziert. Der disruptive Charakter des technischen Wandels wird aufgrund der plötzlich verfügbaren Zugänglichkeit aller Daten prognostiziert. Aufgrund der hohen Anzahl laufender Produktionsanlagen und deren Langlebigkeit von häufig über 15 Jahren, wird sich dieser Wandel für neue Anlagen sehr schnell zeigen, aber für die Vielzahl der Anlagen mit einer entsprechenden zeitlichen Verzögerung.

Einige Unternehmen und auch Forscher setzten als Voraussetzung zur Erreichung von Industrie 4.0 die Notwendigkeit neuen modularen und intelligenten Industrie 4.0-Komponenten aufbauen zu müssen (Hoos 2014), während andere Unternehmen und Forscher Migrationskonzepten entwickeln, um auch bereits existierende Maschinen und Anlagen für Industrie 4.0 zu ertüchtigen und schrittweise die volle Funktionalität eines CPS bereitzustellen (Vogel-Heuser 2014).

Smart Factory: Technische Merkmale von CPS als Enabler für Industrie 4.0 basierte Produktionsanlagen bzw. CPPS
Smart Factory: Technische Merkmale von CPS als Enabler für Industrie 4.0 basierte Produktionsanlagen bzw. CPPS
(Bild: Vogel-Heuser 2014)

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