Industriekameras in der Medizintechnik IBV hilft bei der Wirbelsäulen- & Haltungsanalyse

Von Gerd Kucera

Anbieter zum Thema

Nachfolgend beschrieben ist die Patienten-individuelle Analyse der Wirbelsäule mit Hilfe der industriellen Bildverarbeitung. Das Messsystem sorgt für die schnelle und hochauflösende optische Vermessung des menschlichen Rückens, der Wirbelsäule und des Beckens, um Erkrankungen oder Fehlstellungen zu diagnostizieren.

Bild 1: Ein Rückenscan mit dem DIERS formetric 4D (von links: Wirbelsäulenoberfläche, Höhenkarte, Wirbelsäulenkrümmung und Streifenprojektion).
Bild 1: Ein Rückenscan mit dem DIERS formetric 4D (von links: Wirbelsäulenoberfläche, Höhenkarte, Wirbelsäulenkrümmung und Streifenprojektion).
(Bild: DIERS International)

Rückenschmerzen zählen zu den Hauptursachen für Krankschreibungen in Deutschland. Ursächlich sind häufig Bewegungsmangel, einseitige Belastungen am Arbeitsplatz und Übergewicht. Dies geht einher mit strapazierten Muskeln und Bändern bis hin zum Verschleiß von Wirbelsäule und Bandscheiben. Ursachen können aber auch Osteoporose, chronisch-entzündliche Erkrankungen oder auch Fehlstellungen der Wirbelsäule wie Skoliosen sein. Zur exakten Diagnose können innovative Systeme zur 4D-Vermessung der Körperstatik hinzugezogen werden.

Das Unternehmen DIERS International in Schlangenbad ist Spezialist für biomechanische Mess-Systeme und ermöglicht mit dem System formetric 4D eine schnelle und hochauflösende optische Vermessung des menschlichen Rückens, der Wirbelsäule und des Beckens, und das berührungslos und strahlungsfrei. Eine dynamische Variante sowie Zusatzmodule zur Bestimmung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule oder Ganganalyse bzw. Beinachsenvermessung machen das System zu einem kompakten Bewegungsanalyse-Labor. Integriert sind bis zu fünf Industriekameraeinheiten vom Typ uEye des Herstellers IDS Imaging Development Systems.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 5 Bildern

Die Medizintechnik ist ein spannendes Umfeld für Forschung und Entwicklung, schafft sie doch mit neuen Produkten häufig auch neue Hoffnung und Perspektiven für Patienten. Die Bildverarbeitung findet darin vielfältige Einsatzbereiche und kann das Potenzial für ganz neue Analyse- und Diagnoseverfahren bergen – absolut ber­ührungslos, strahlungsfrei und damit schonend und schmerzfrei für die Behandelten.

Der Medizintechnikmarkt ist stark reguliert, sodass Veränderungen und Neuentwicklungen von Produkten durch aufwendige Zertifizierungs- und Zulassungsverfahren gut überlegt sein müssen. Gleichzeitig nimmt der Preisdruck zu.

Basis ist das bekannte Prinzip der Triangulation

Die Produktfamilie DIERS formetric liefert Antworten auf vielfältige klinische Fragestellungen der objektiven und quantitativen Analyse der Körperstatik und -haltung. Fehlstellungen, wie Skoliosen und alle Formen von Wirbelsäulendeformitäten lassen sich darstellen und die unterschiedlichen Verlaufskontrollen durchführen. Die Anwender, beispielsweise Orthopäden, können auf diese Weise ein Ungleichgewicht im Muskelapparat oder vorhandene Haltungsschäden erkennen. Die Vermessungen werden hierzu statisch durchgeführt, der Patient steht dazu vor dem System.

Die Vermessungstechnologie DIERS formetric basiert physikalisch auf dem Prinzip der Triangulation. Ein Licht-Projektor wirft ein Linienraster auf den Rücken des Patienten, das von einer Kameraeinheit aufgezeichnet wird. Eine Computer-Software analysiert die Linienkrümmungen und generiert daraus mittels der Methode der Photogrammetrie (Bildmessung) ein dreidimensionales Abbild der Oberfläche, ähnlich einem virtuellen Gipsabdruck. Die Untersuchung geht schnell und ist für den Patienten absolut strahlenfrei und berührungslos. Dies und der geringe Platzbedarf von lediglich 1,5 m x 3 m sorgen für eine hohe Wirtschaftlichkeit.

Im Vergleich zu anderen Systemen liefert DIERS formetric neben einem Oberflächenmodell des Rückens auch ein 3D-Modell der Wirbelsäule, und zwar ohne die Verwendung von reflektierenden Markern. Es rekonstruiert den räumlichen Verlauf der Wirbelsäule und die Stellung des Beckens selbständig. Die 4D-Technologie (3D plus zeitliche Komponente) ermöglicht zusätzlich eine sehr hohe Genauigkeit und steigert die klinische Aussagefähigkeit im Vergleich zu 3D-Methoden deutlich. Durch Mittelwertbildung (so genanntes Averaging) einer Messreihe kann der Einfluss von geringen Bewegungen des Körpers während der Untersuchung auf das Ergebnis minimiert werden. Außerdem sind Mess-Sequenzen zwecks Haltungsanalysen und Funktionsstudien möglich.

Systemoptionen für die Bewegungsanalyse

Um auch Untersuchungen in Bewegung durchführen zu können, hat das Unternehmen mit DIERS 4D motion auch eine dynamische Variante des Systems im Programm. Der Patient läuft hier auf einem Laufband. Mittels modernster Projektions- und Kameratechnik (60 Bilder pro Sekunde) sowie eigens entwickelter Software kann das komplexe Zusammenwirken von Wirbelsäule und Becken während des Gehens gemessen und in bewegten Bildern dargestellt werden. Dies ermöglicht eine Analyse der Wirbelkörper-Rotation sowie die Erstellung von Bewegungsmodellen der Wirbelsäule. Korrekturen wie eine Wirbelsäulenbegradigung oder ein Beinlängenausgleich, z.B. durch den Einsatz von Schuheinlagen, lassen sich simulieren.

Messdaten und Asymmetrien werden grafisch dargestellt

Zusatzmodule erhöhen das Einsatzspektrum bis hin zum kompakten Bewegungsanalyse-Labor. Mit den optionalen Kameramodulen DIERS leg axis posterior und lateral zur videobasierten Analyse der Beinachsengeometrie lassen sich beispielsweise Asymmetrien im Stand sowie im Bewegungsablauf ermitteln und dokumentieren. Hierbei erfasst die System-Software am Patienten aufgebrachte reflektierende Marker und berechnet Bewegungsmuster (dynamisch) sowie Bewegungswinkel (statisch und dynamisch). Bei Fuß- und Haltungskorrekturen können so die Auswirkungen auf die Beinachsen unmittelbar dargestellt und geprüft werden.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Mit dem Zusatzmodul Cervical Spine ist es außerdem möglich, die Beweglichkeit der Halswirbelsäule dreidimensional zu erfassen. Die Messdaten und Asymmetrien werden grafisch dargestellt und sind analysierbar. Der Messvorgang findet unter Verwendung einer speziellen Kopfhaube statt. Das DIERS formetric 4D-System benötigt für das Cervical-Spine-Modul ein zusätzliches Kamerasystem.

Als Highend-Lösung zur ganzheitlichen Bewegungsanalyse bei einer Laufgeschwindigkeit von bis zu 30 km/h gibt es das DIERS 4D high performance Lab. Kerntechnologie ist auch hier das Rücken- und Wirbelsäulenmessgerät formetric 4D, kombiniert mit vier schnellen, leistungsstarken IDS-Bildverarbeitungskameras zur Videoganganalyse der Beine von allen Seiten und einem Laufband mit integrierter Fußdruckmessplatte. Alle Geräte sind für die simultane Messung des gesamten Körpers des Patienten miteinander kombiniert.

Bis zu fünf Kameras sind pro Gerät im Einsatz

Mit der Integration dieser und weiterer Messsysteme, ist es erstmals möglich das komplexe biomechanische Zusammenwirken im menschlichen Bewegungsapparat ganzheitlich zu betrachten. Das Einsatzspektrum reicht von der medizinischen Diagnose über die Trainingstherapie bis hin zur Sportwissenschaft. Es ermöglicht die Erkennung von Skoliosen, Beckenschiefständen und -rotationen, Osteoporose, Arthrose, außerdem neurologische Untersuchungen (z.B. Romberg-Test), Haltungstests (Matthiaß-Test, Flamingo-Test) und vieles mehr. Bis zu fünf der IDS-Kameras uEye CP kommen dabei pro Gerät zum Einsatz.

In der Kamerabezeichnung uEye CP steht CP für Compact Power. Dies soll den hohen Funktionsumfangs mit umfassender Pixel-Vorverarbeitung bei Kameramaßen von nur 29 mm x 29 mm x 29 mm verdeutlichen. Der interne 120 MByte große Bildspeichers zum Zwischenspeichern von Bildsequenzen qualifiziert sie auch für Multikamerasysteme. Diese USB-3.0-Kameras ermöglichen eine Datenrate von 420 MByte/s. Bei den CMOS-Bildsensoren steht eine große Anzahl von Herstellern wie Sony, CMOSIS, e2v und ON Semiconductor mit unterschiedlichsten Auflösungen zur Verfügung.

Das Modell UI-3040CP-M-GL Rev. 2 liefert hohe Bildqualität auch bei wenig Licht oder bei Aufnahmen von sich schnell bewegenden Objekten. Der Global-Shutter-CMOS-Sensor IMX273 aus der Pregius-Reihe von Sony punktet auch durch seine hohe Empfindlichkeit und den großen Dynamikbereich. Mit einer Auflösung von 1,57 MPixel (1448 x 1086 Pixel mit 3,45 µm Pixel-Größe erreicht er 243 fps. Damit ist die Kamera für klassische Industrieanwendungen wie die Oberflächeninspektion ebenso geeignet wie für detaillierte Bildauswertungen in der Medizintechnik.  (ku)

Artikelfiles und Artikellinks

(ID:48711998)