Gibt es noch Prozessinnovationen für den Schaltschrankbau?

Von Dr. Andreas Schreiber *

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Die Effizienz entlang der Prozesskette im Schaltschrankbau lässt sich durch Maßnahmen steigern, die IT, Fertigungstechnik und Arbeitsorganisation gleichermaßen betreffen. Mit einem breiten Leistungsspektrum lassen sich alle drei Aspekte adressieren.

Schaltschrankbau: Die effiziente Gestaltung der Prozesskette vom Engineering bis zur Fertigung ist ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit im Schaltschrankbau.
Schaltschrankbau: Die effiziente Gestaltung der Prozesskette vom Engineering bis zur Fertigung ist ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit im Schaltschrankbau.
(Bild: Phoenix Contact)

Die Durchgängigkeit der Prozesskette ist eine wichtige Voraussetzung für Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit im Schaltschrankbau. Entlang dieser Prozesskette gibt es zahlreiche Potenziale für den Einsatz von Methoden der Digitalisierung oder Automatisierung. Durch ein umfassendes Lösungs- und Leistungsangebot hilft Phoenix Contact dabei, diese Potenziale zu heben.

In Regionen mit einem hohen Lohnkostenniveau sehen sich Unternehmen aus der Branche Schaltschrankbau mit besonderen Herausforderungen an die Wirtschaftlichkeit ihrer Prozesse konfrontiert. Das Ziel dieser Unternehmen besteht darin, ihre typische Prozesskette von der Planung und Erstellung des Schaltplans bis zur Montage und Inbetriebnahme des fertigen Schaltschranks möglichst effizient zu gestalten. Dazu muss einerseits die Effizienz der einzelnen Prozessschritte durch eine Reduzierung der Durchlaufzeit und Steigerung der Prozesssicherheit optimiert werden.

Bei der Durchführung lediglich lokaler Optimierungen besteht allerdings das große Risiko, dass durch Reibungsverluste an den Schnittstellen ein großer Teil des Effizienzgewinns verloren geht. Daher besitzt andererseits die Optimierung und nahtlose Gestaltung der Schnittstellen zwischen den einzelnen Prozessschritten entlang der gesamten Prozesskette unter Umständen eine noch größere Bedeutung.

Effizienzpotenziale im Schaltschrank-Engineering

Bei der Optimierung und Gestaltung nahtloser Prozesse kommt es darauf an, auch die Prozessschritte und Schnittstellen noch vor dem eigentlichen Engineering zu betrachten. Suche, Beschaffung, Aufbereitung, Überarbeitung und Anpassung von notwendigen Produktdaten zur Nutzung im CAE-Programm verschlingen in vielen Schaltschrankbau-Unternehmen wertvolle Ressourcen und verlängern die Durchlaufzeiten. Ein Schlüssel für die Effizienz bei Engineering-Prozessen ist daher die Verfügbarkeit vollständig ausgeprägter Produktdaten in den Datenportalen der genutzten CAE-Programme.

Während bei der Arbeit mit dem CAE-Programm der Fokus auf der Definition der elektrischen Funktionen eines Schaltschranks liegt, kommt durch herstellerspezifische Planungssoftware – beispielsweise Project complete – Produktwissen ins Spiel. Durch umfassende und komfortable Schnittstellen zwischen den gängigen CAE-Programmen und Project complete ist es möglich, die erforderlichen bestückten Tragschienen aus dem Schaltplan abzuleiten, indem die passenden Komponenten und Zubehörmaterialien automatisch ausgewählt und hinzugefügt werden (Bild 1).

Eine weitere Schnittstelle mit Potenzial zur Effizienzsteigerung betrifft die Bestellung der geplanten Schaltschrank-Baugruppen - in diesem Fall der bestückten Tragschienen. Anwender von Project complete können die vorgenommenen Klemmenleisten-Konfigurationen mit wenigen Klicks in den Online-Shop übertragen. Sie bekommen Preis und Lieferzeit unmittelbar angezeigt und können die einbaufertig bestückte Tragschiene direkt im Klemmenleisten-Service des Value Added Center bestellen.

Bild 1: Bidirektionale Schnittstellen sorgen für den einfachen Austausch von Daten zwischen CAE-Programmen und Project complete – produktrelevante Informationen können so direkt aus dem Schaltplan abgeleitet werden.
Bild 1: Bidirektionale Schnittstellen sorgen für den einfachen Austausch von Daten zwischen CAE-Programmen und Project complete – produktrelevante Informationen können so direkt aus dem Schaltplan abgeleitet werden.
(Bild: Phoenix Contact)

Manuelle Fertigung mit digitaler Unterstützung

Die in Project complete erstellte Klemmenleisten-Konfiguration ist nicht nur eine Basis für die Online-Bestellung, sie ist auch für die Effizienz der gesamten Prozesskette von großer Bedeutung. Die Informationen aus dem Engineering-Prozess werden nahtlos und ohne Medienbrüche an die Fertigung übergeben.

Die sichere Nutzung aktueller und korrekter Daten ist insbesondere bei spät auftretenden Änderungen im Projektverlauf nur dann gewährleistet, wenn die Daten – durchgängig digital verarbeitet und papierlos – stets von genau einem zentralen Speicherort bezogen werden.

Assistenzsysteme ermöglichen es, auf Basis der im Engineering erzeugten Daten die Fertigungsprozesse für den Schaltschrank und dessen Baugruppen anwenderorientiert zu unterstützen, Fehler zu minimieren und die Effizienz zu steigern.

Ein Beispiel dafür ist das ClipX-Assistenzsystem Mount assist, das unter Nutzung der Pick-by-light-Technologie schrittweise durch den Prozess der manuellen Bestückung von Tragschienen führt und Fehler minimiert, die insbesondere bei geringen Losgrößen und hoher Varianz durch hohe kognitive Belastung auftreten können.

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Bild 2: Das Assistenzsystem Wire assist besitzt einen modularen Aufbau und ermöglicht eine ergonomische, systemgestützte Vorbereitung und Konfektionierung von Leitern.
Bild 2: Das Assistenzsystem Wire assist besitzt einen modularen Aufbau und ermöglicht eine ergonomische, systemgestützte Vorbereitung und Konfektionierung von Leitern.
(Bild: Phoenix Contact)

Das ClipX-Assistenzsystem Wire assist ist ein weiteres Beispiel für die Potenziale, die im Engineering erzeugte Daten zur Vereinfachung der Fertigung besitzen (Bild 2). Auf Basis einer im Engineering-Prozess erzeugten Verdrahtungsliste, in der Informationen unter anderem zu Leitertyp, Länge und Beschriftung vorhanden sind, überträgt eine Assistenz-Software automatisch die notwendigen Parameter an die entsprechenden Geräte. Die für einen Schaltschrank benötigten Leiter werden passend abgelängt, eine manuelle Parametrierung ist nicht erforderlich. Dann wird die korrekte Leiterbeschriftung erstellt, und schließlich erfolgt die definierte Aderendbehandlung.

Anforderungen der automatisierten Fertigung

Die im Engineering-Prozess erzeugten Fertigungsinformationen dienen nicht nur als Grundlage zur Fertigung mit Hilfe von Assistenzsystemen, sondern liefern auch die Basis für die automatisierte Fertigung.

Bild 3: Die Fertigungssysteme Mount master und Mark master ermöglichen eine vollautomatische 
Bestückung von Tragschienen sowie die direkte Beschriftung vollständig bestückter Tragschienen.
Bild 3: Die Fertigungssysteme Mount master und Mark master ermöglichen eine vollautomatische 
Bestückung von Tragschienen sowie die direkte Beschriftung vollständig bestückter Tragschienen.
(Bild: Phoenix Contact)

Nimmt der Automatisierungsgrad zu, steigen allerdings die Anforderungen an die Vollständigkeit und Präzision der Daten, da die Möglichkeiten zur Kompensation fehlender oder falscher Informationen durch den Menschen sinken. Die ClipX-Systeme Mount master und Mark master ermöglichen das vollautomatische Bestücken von Tragschienen und die einfache Beschriftung der komplett bestückten Tragschiene mittels Lasertechnik (Bild 3).

Damit diese Prozesse erfolgreich durchgeführt werden können, müssen präzise Informationen über die geometrischen Merkmale der Komponenten vorliegen. So müssen etwa die Breite einer Reihenklemme sowie die exakten Positionen der Markierflächen bekannt sein.

Da sowohl Mechatronik als auch Steuerungstechnik der ClipX-Systeme aus einer Hand kommen, können die beiden Systeme ganz individuell entsprechend den spezifischen Rahmenbedingungen in der Fertigung als Stand-Alone-Lösung oder auch miteinander verkettet eingesetzt werden.

Eine partnerschaftliche Prozessberatung ist essentiell

Die Rahmenbedingungen im Schaltschrankbau sind je nach Unternehmensgröße und adressierter Kundenbranche unterschiedlich. So müssen auch die Maßnahmen zur Prozessoptimierung maßgeschneidert sein und die jeweiligen Bedürfnisse ideal berücksichtigen.

In einem partnerschaftlichen Ansatz bietet das Unternehmen aus Blomberg individuelle Beratung entlang der Prozesskette vom Engineering bis zur Fertigung – und legt dabei einen besonderen Wert auf die Anwendung bewährter Lean-Methoden. Diese bewirken häufig signifikante Einsparungen durch leicht umsetzbare Prozessveränderungen bei einem gleichzeitig geringen finanziellen Aufwand.

Darüber hinaus besitzen je nach den vorliegenden Rahmenbedingungen die Einführung von Assistenzsystemen, die manuelle Prozesse digital unterstützen, sowie die Automatisierung von Teilprozessen weitere Potenziale zur Effizienzsteigerung. Dabei spielt die nahtlose Integration aller an den Prozessen beteiligten IT-Systeme eine entscheidende Rolle für die praktische Umsetzbarkeit der hier vorgestellten Verbesserungsmaßnahmen.

Dieser Beitrag ist im Sonderheft Elektromechanik II der ELEKTRONIKPRAXIS (Download PDF) erschienen.

* Dr. Andreas Schreiber ist Vice President des Geschäftsbereichs Cabinet Solutions bei Phoenix Contact in Blomberg.

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