Quantenoptik statt tiefgekühlte Chips Finanzierungsrunde für Quantencomputing Start-up Planqc
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Das deutsche Quantencomputing-Startup Planqc gab eine Finanzierungsrunde von 4,6 Millionen Euro unter der Führung von UVC Partners und Speedinvest bekannt. Mit der Finanzierung will Planqc hochskalierbare Raumtemperatur-Quantencomputer entwickeln. Dafür geht das Start-up einen anderen Weg als Google oder IBM und setzt auf Quantenoptik, Laserstrahlen und Spiegel statt auf tiefgekühlte Chips.

Aktuelle Quantencomputer sind sowohl durch die Anzahl der verwendeten Qubits als auch durch ihre Gatter-Qualität limitiert. Während die Anzahl der Qubits die Menge an Information begrenzt, die verarbeitet werden kann, führt die begrenzte Gatter-Qualität unweigerlich zu Fehlern im Ergebnis einer Berechnung (sog. Rauschen oder „noise“). Zwar haben diese NISQ-Computer (kurz für noisy intermediate-scale quantum) in jüngster Zeit klassische Computer bei einigen abstrakten Problemen übertroffen, sie sind jedoch noch weit von einem „Quantenvorteil“ für industrierelevante Probleme entfernt. Ob und wann Menschen in der Lage sein werden, fehlerfreie Versionen von Quantencomputern zu entwickeln, steht in den Sternen. Sollte es gelingen, werden Quantencomputer die Art und Weise, wie wir als Menschheit forschen, entwickeln und zusammenleben, aber in jedem Fall revolutionieren.
Ein anderer Ansatz im Quantencomputing
Planqcs Kombination von Quantentechnologien ist der schnellste Weg auf Tausende von Qubits zu skalieren, was eine Voraussetzung für einen industrierelevanten Quantenvorteil ist. Quantencomputer von Planqc speichern Information in einzelnen Atomen – von Natur aus die besten Qubits – und ordnen sie in hochskalierbaren künstlichen Lichtkristallen an. Zur Verarbeitung von Quanteninformation kommen Quantengatter zum Einsatz, die auf präzise gesteuerten Laserpulsen basieren. Planqc profitiert dabei von der bahnbrechenden Grundlagenforschung am MPQ (Max-Planck-Institut für Quantenoptik) und der weltweit führenden Laser- und Photonikindustrie in Deutschland.
„Planqc Quantencomputer basieren auf der Präzision der weltbesten Atomuhren, den weltbesten Quantengasmikroskopen und auf extrem schnellen Rydberg-Gattern“, sagt Sebastian Blatt, CTO und Mitgründer von Planqc und Forscher bei der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).
Planqc geht also einen anderen Weg als zum Beispiel Google oder IBM, die auf supraleitfähige Chips setzen. Die Forschung ist bei Chips schon weiter als bei neutralen Atomen. Allerdings haben die Experimente von Planqc den Vorteil, dass sie bei Raumtemperatur durchgeführt werden können, wohingegen Google und IBM die Quantencomputer auf minus 273,15 Grad kühlen muss – was einen hohen Aufwand bedeutet. Die Herausforderung ist weiterhin, die Qubits gezielt zu manipulieren und in gewissen Positionen zu halten. Der quantenoptische Ansatz von Planqc gilt dabei als weniger störanfällig als der Chip-Ansatz.
In den kommenden fünf Jahren möchte das Team herausfinden, welche Ansätze und Fähigkeiten des Quantencomputing sich für welche Probleme eignen. „Für mich ist die spannendste Anwendung der ersten Quantencomputer die Simulation von Materialien. Die von Planqc verwendete Plattform auf Basis von Atomen ist dafür am besten geeignet“, sagt J. Ignacio Cirac, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ). „Sobald unsere Quantencomputer einen Quantenvorteil für ein industrierelevantes Problem zeigen, werden sie ihr enormes soziales und wirtschaftliches Potenzial entfalten“, sagt Alexander Glätzle, CEO und Mitgründer von Planqc und zuvor Forscher an der University of Oxford.
Das Team von Planqc
Das Gründungsteam von Planqc vereint jahrzehntelange internationale Forschung zu Neutralatom-Quantentechnologien an weltweit führenden Institutionen wie der Harvard University, der Oxford University, der University of California Berkeley, der University of Colorado, der Universität Innsbruck, dem CQT Singapore und dem MPQ.
„Unsere Atome sind mehr als eine Million Mal kälter als der Weltraum und über tausendmal kälter als supraleitende Qubits, wie sie beispielsweise von IBM oder Google verwendet werden. Dennoch können wir unsere Quantencomputer aufgrund der nahezu perfekten Isolierung unserer Qubits bei Raumtemperatur betreiben“, erklärt Johannes Zeiher, Mitgründer von Planqc und Forscher am MPQ. Zeiher fügt hinzu: „Wir fangen und kontrollieren bereits heute routinemäßig mehr als 2000 Atome in unseren Quantensimulatoren am MPQ.“
Komplettiert wird das Gründerteam durch die Multiaufsichtsrätin und Finanzexpertin Ann Kristin Achleitner sowie Serial Entrepreneur Markus Wagner, Gründer von i5invest. Unterstützt wird Planqc weiterhin von den wissenschaftlichen Beratern Immanuel Bloch und J. Ignacio Cirac. Beide sind Direktoren am MPQ und bekannt für ihre wegweisenden Arbeiten zur Quantensimulation und Quanteninformation. Zusätzlich konnte Quantenalgorithmus-Experte Dieter Jaksch, Professor für Physik an der Universität Oxford und der Universität Hamburg, als Berater gewonnen werden. „Dieses Weltklasse-Team vereint das technische und kommerzielle Know-how, um die leistungsstärksten Quantencomputer der Welt zu bauen“, fügt Amanda Birkenholz, Investment Manager bei UVC Partners, hinzu.
Quelle: Handelsblatt, Planqc
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