Hochmoderne Halbleiter-ICs Fab statt Golfplatz: TSMC sucht Standort für Ångström-Chipfabrik
Wassermangel, wachsende Kriegsgefahr, massiver Konkurrenzdruck: In schwieriger Situation sucht der weltgrößte IC-Auftragsfertiger TSMC einen passenden Standort für seine erste hochmoderne Chipfabrik der „Ångström-Ära“.

Die Herstellung von Halbleiter-ICs ist eine Milliardenindustrie. Für die Akteure ist die Standortwahl für die Fabriken eine Frage von strategischer Bedeutung. Und wenn der weltweit größte IC-Produzent TSMC einen Standort für neue hochmoderne Chip-Fabs sucht, in denen ICs mit Strukturgrößen von wenigen Ångström entstehen sollen, heizt das Spekulationen an.
Während die Baugenehmigung für eine 2-Nanometer-Fab in Hsinchu südwestlich der Hauptstadt Taipeh bereits als so gut wie sicher gilt, kreisen die Mutmaßungen jetzt schon um die nächste Chip-Generation, also um den ersten Standort der „Ångström-Ära“ der Halbleiterindustrie in Taiwan. Wird es Taichung?
Halbleiter: „Schlüsselindustrie für Taiwans wirtschaftliches Wachstum“
Noch ist keine Entscheidung gefallen. Selbst TSMC, der weltweit größte Chip-Auftragshersteller und wichtige Stütze der taiwanesischen Volkswirtschaft, muss Genehmigungen der Umweltbehörden einholen. Nach mehreren Dürren war es in Taiwan örtlich zu Engpässen bei der Wasserversorgung gekommen, die auch die IC-Produktion gefährdete. Taiwans „Environmental Review Committee“ prüft gerade, ob es in Hsinchu noch genug Wasser gibt für die Produktion der nächsten Generation von Halbleitern.
Die Regierung hat jedoch erste Signale ausgesandt, dass sie TSMC keinen Stein in den Weg legen will. „Halbleiter ist eine der wichtigsten Schlüsselindustrien für Taiwans wirtschaftliches Wachstum,“ sagte Vize-Wirtschaftsminister Lin Chuan-neng kürzlich während einer Sitzung des Umweltkomitees. „Die Regierung wird TSMC helfen, seine Umweltziele zu erreichen und gleichzeitig weiterhin fortschrittliche Technologien zu bauen.“
Ångström-Fab statt Golfplatz
Da es immer schwerer wird, in der Inselrepublik geeignete Bauplätze für die wasserhungrigen Fabs zu finden, bemüht sich TSMC momentan Medienberichten zufolge um einen Golfplatz in Taichung als Standort für seine erste Fabrik der „Ångström-Ära“, also der Ära für Halbleiter, deren Strukturen nicht mehr in Nanometern gemessen werden, sondern in Ångström, dem Äquivalent von 0,1 Nanometern.
Der Xingnong-Golfplatz grenzt an die existierende „Zhongke Fab 15“ des Konzerns. Für diesen Golfplatz und ein angrenzendes Militärgelände soll TSMC Berichten zufolge nun Genehmigungsanträge gestellt haben. „Falls TSMC das Land bekommt, wird es zum Bau eines extra-großen Fab-Geländes für fortschrittliche Prozesse unterhalb von 2-Nanometern genutzt werden,“ schreibt die taiwanesische Handelszeitung Gongshang Shibao. Es sind aber weiterhin auch andere Standorte im Gespräch, darunter auch Hsinchu und Kaohsiung.
Massenproduktion von Ångström-ICs wohl ab 2026
Gleichzeitig nimmt die Roadmap von TSMC für die Ångström-Ära Schritt für Schritt Gestalt an. Industrie-Insider in Taiwan wollen erfahren haben, dass der erste TSMC-Chip jenseits von 2-nm ein 18-Ångström-Chip (also 1,8 nm) sein wird, dessen Massenproduktion zwischen 2026 und 2027 beginnen könnte. Erst Mitte des Jahres hatte TSMC gemeinsam mit Partnern einen „signifikanten Durchbruch“ bei der Entwicklung des 1-nm-Prozessknotens gemeldet.
Solche Vorhersagen sind vor allem für Investoren wichtig, die versuchen, den intensiven Wettbewerb zwischen TSMC und dem koreanischen Unternehmen Samsung abzuschätzen. Dies sind momentan die einzigen beiden Hersteller weltweit, die wirklich in dieser Liga spielen.
Trotz Verzögerung: Fertigung von 3-nm-Chips ab 2022
Momentan ist der fortschrittlichste Chip, der weltweit produziert wird, ein 5-nm-Chip. TSMC hatte kürzlich in einem „Earnings Call“ mit Investoren einräumen müssen, dass es in seiner Roadmap für den nächsten Schritt eine Verzögerung von „drei bis vier Monaten“ geben werde. Noch immer werde man mit der Serienproduktion von 3-nm-Chips im kommenden Jahr beginnen, doch die Auslieferung an die Kunden könnte drei bis vier Monate später als geplant im Frühjahr 2023 erfolgen, hieß es bei TSMC.
Das würde bedeuten, dass Samsung leicht die Nase vorne haben könnte, denn die Koreaner wollen ihren ersten 3-nm-Chip bereits 2022 ausliefern. Zusätzlich gibt es viele Stimmen, die die von Samsung dafür benutzte GAAFET-Transistor-Technologie für fortschrittlicher halten als die von TSMC benutzte, ältere FinFET-Technologie.
Intel will wieder Technologieführer werden
TSMC steht noch von einer weiteren Seite aus unter Druck. Halbleitergigant Intel drängt zurück in sein früheres Foundry-Geschäft und will bis spätestens 2023 ebenfalls 3-nm-Chips auf den Markt bringen. Das ist zwar noch eine Aufholjagd, doch unter CEO Pat Gelsinger fährt auch Intel eine sehr offensive Kommunikations-Strategie. Im Sommer diesen Jahres hat Intel den ersten Schuss im Kampf um die neue Halbleiter-Terminologie jenseits von Nanometern abgefeuert und zuerst von der „Ångström-Ära der Halbleiter-Industrie“ gesprochen hatte.
Darüber hinaus werden die Amerikaner auch nicht müde zu betonen, dass die Transistordichte ihrer Chips denen von TSMC überlegen sei, dass also ein 10-nm-Node von Intel eigentlich von der Leistung her mit einem 7-nm-Node von TSMC zu vergleichen sei.
Dermaßen von Südkorea und den USA aus gleichzeitig unter Druck gesetzt, bleibt TSMC vermutlich gar nichts anderes übrig, also frühzeitig und viel von seinen 18-Ångström-Plänen zu reden.
* Henrik Bork ist Analyst bei Asia Waypoint, einem auf den chinesischen Markt fokussierten Beratungsunternehmen in Peking.
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