Sicherheit von Lithium-Ionen-Akkus BAM eröffnet Batterie-Testzentrum
Energiespeicher auf Basis der Lithium-Ionen-Technik sind eine Schlüsseltechnologie für die E-Mobilität und die Energiewende. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung hat in Berlin ein neues Batterietestzentrum eröffnet. Im Fokus stehen Untersuchungen zur Sicherheit sowie nachhaltige Batterie-Materialien.
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Elektrische Energiespeicher sind bereits heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: Sie versorgen E-Autos, Elektroräder und Smartphones mit Strom. Bei der Transformation zu einer klimaneutralen Gesellschaft, die Deutschland und die EU anstreben, kommt ihnen ebenfalls eine zentrale Bedeutung zu: Große stationäre Batteriespeicher sollen künftig die überschüssige Energie aus Solar- und Windenergieanlagen zwischenspeichern und jederzeit verfügbar machen.
An der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) bilden die Forschungen zu elektrischen Energiespeichern einen Schwerpunkt. Dabei stehen Sicherheitsaspekte im Fokus, vor allem der so genannte Thermal Runaway, eine Kettenreaktion, die zu extrem hohen Temperaturen und Bränden führen kann. Die Untersuchungen der BAM dazu fließen auf nationaler und internationaler Ebene in Regelwerke und die Normung ein.
Lithium-Ionen-Batterien: State of Safety
Jetzt hat die BAM in Berlin ein neues Batterietestzentrum eröffnet. Es bietet der BAM und kooperierenden Einrichtungen aus Wissenschaft und Industrie erweiterte Testeinrichtungen auf neuestem Stand.
„Im neuen Batterietestzentrum werden wir vor allem zum State of Safety, dem Sicherheitszustand von Batterien und Zellen, forschen“, so die Leiterin Dr. Anita Schmidt. „Wir setzen einzelne Zellen, ganze Batterien oder batteriebetriebene Geräte gezielt mechanischen, thermischen oder elektrischen Belastungen aus. Aus den multisensorisch und mit bildgebenden Verfahren erfassten Daten leiten wir Schlussfolgerungen für die Sicherheitsbewertung und den State of Safety ab.“
Second Life: Zweitverwendung von Lithium-Ionen-Akkus
Die Testeinrichtungen erlauben es etwa, Akkus mit hohen Laderaten zyklisch zu laden und damit ihre beschleunigte Alterung zu simulieren. Die Erkenntnisse aus den Versuchen sind wichtig für Second-Life-Anwendungen: In Zukunft sollen vermehrt ausgediente Batterien aus E-Autos zweitverwendet werden, zum Beispiel als Speicher für Photovoltaikanlagen in Privathaushalten oder als stationäre Großspeicher, die die Stromnetze stabilisieren können. Solche Zweitanwendungen können einen wichtigen Beitrag zur Ökobilanz der Batterietechnologie leisten.
Der Aspekt der Nachhaltigkeit steht auch im Fokus eines neuen Speziallabors für Energiematerialien: „Hier forschen wir an innovativen und ressourcenschonenden Materialien für einzelne Batteriekomponenten. So könnten Natrium-Ionen-Batterien eines Tages den Rohstoff Lithium und Bestandteile wie Kupfer oder Kobalt ersetzen“, erklärt Dr. Tim Fellinger.
Batterie-Großprüfstand in Brandenburg
Ergänzt werden die Einrichtungen durch einen Batterie-Großprüfstand auf dem Testgelände Technische Sicherheit der BAM in Brandenburg. Hier prüft die BAM in einem vom Bundesforschungsministerium getragenen Projekt Großspeicheranlagen im Realmaßstab auf ihre Sicherheit.
„Insgesamt deckt die BAM damit ein in Deutschland einzigartiges Spektrum im Bereich Batterien ab, das von der Erforschung des State of Safety von elektrischen Energiespeichern von der Material- über die Zellebene bis zur Großbatterie reicht, und dazu die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben sowie die Mitwirkung an Gesetzen und Regelwerken umfasst. Damit wollen wir einen Beitrag leisten zur gesellschaftlichen und politischen Akzeptanz der für die Energiewende so zentralen Batterietechnologie und zugleich die Forschung an zukünftigen Generationen elektrischer Speicher vorantreiben“, so BAM-Präsident Prof. Dr. Ulrich Panne.
Lithium-Ionen-Akkus: Nicht grundsätzlich gefährlich…
Der Einsatz von Lithium-Batterien ist unbedenklich – vorausgesetzt, sie werden sachgerecht verwendet. Geraten Elektroautos in Brand, konzentriert sich der Verdacht allerdings schnell auf die Batterie. „Meistens ist dem Brand eine mechanische Schädigung der Lithium-Batterie vorausgegangen, zum Beispiel durch einen Unfall. Der Brand muss dann nicht sofort ausbrechen, das kann auch einige Zeit später passieren“, erklärt die Chemikerin Schmidt.
Solch ein „thermisches Durchgehen“ der Batterie nach mechanischer Schädigung oder Erhitzung kann unterschiedliche Ursachen haben. Neben mechanischen Einflüssen, Feuer und Hitze kommen beispielsweise auch ein Kurzschluss, eine Tiefenentladung oder eine Überladung infrage. „Ist die Temperatur – abhängig vom Batterietyp – bei etwa 150 °C angelangt, wird ein ‚point of no return‘ überschritten“, erläutert Schmidt.
Lithium-Ionen-Akkus: Thermisches Durchgehen
„Dann startet der Prozess des thermischen Durchgehens und die Batterie kann sich entzünden.“ Allerdings, so betont Schmidt, sind im Brandfall Elektroautos mit Lithium-Ionen-Antriebsbatterien auf vergleichbarem Sicherheitsniveau wie Fahrzeuge mit Benzin- oder Diesel-Verbrennungsmotor. Denn auch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor können bei Unfällen im Extremfall in Flammen aufgehen.
Neben einem thermischen Durchgehen, der von Lithium-Batterien ausgehenden Hauptgefahr, birgt auch die hohe elektrische Spannung ein Risiko, denn Batterien für den Elektroantrieb von Autos haben mindestens 300 bis 400 V – Tendenz steigend.
Lithium-Batterien: Sicherheit im Fokus
Somit ist klar, dass so stark beschädigte Lithium-Batterien, die zu einer gefährlichen Reaktion, Flammbildung oder zum Ausstoß giftiger oder entzündbarer Gase neigen können, nur unter ganz speziellen Sicherheitsanforderungen transportiert werden dürfen.
Diese Bedingungen werden auf Basis wissenschaftlich fundierter Kenntnisse festgelegt. Derzeit untersucht beispielsweise ein interdisziplinäres Wissenschaftsteam der BAM, welche Stoffe in welchen Mengen tatsächlich im Schadensfall austreten können. Die BAM hat dafür auf ihrem Testgelände Technische Sicherheit (TTS) eigens einen Teststand für Brandversuche errichtet.
„Uns geht es vor allem um die Sicherheit der Lithium-Ionen-Batterien, weniger um die Entwicklung neuer Batterietypen“, erläutert Anita Schmidt. „Das unterscheidet uns von anderen Forschungseinrichtungen, die sich mit Lithium-Batterien befassen.“
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