Industrie 4.0 5G-Lawine lostreten: Doch noch zweifelt die Industrie am Nutzen von 5G
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Der Mobilfunkstandard 5G kann der vernetzten Industrie (Industry of Things) einen großen Schub geben. Doch vor allem KMUs halten sich beim Thema 5G bedeckt. Jetzt wollen Acatech-Experten eine aus ihrer Sicht notwendige 5G-Lawine lostreten.

Egal ob große Konzerne oder kleine und mittelständige Unternehmen (KMU): Sie alle können von 5G profitieren. Sei es bei den Latenzzeiten von unter fünf Millisekunden oder Datenraten von bis zu 10 GBit (entspricht 1,25 Gigabyte) pro Sekunde. Das propagieren die 5G-Befürworter.
Doch gerade die kleinen und mittelgroßen Industrieunternehmen zögern beim Thema 5G. Von den Unternehmen angeführt werden laut einer Projektgruppe um Acatech Mitglied Jürgen Fleischer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vor allem zu hohe Kosten und ein wenig bekannter Nutzen bei den Firmen.
5G kann der Industrie 4.0 einen ordentlichen Schub geben
Kurz vor der Hannover Messe im Jahr 2011 wurde Industrie 4.0 ausgerufen. Ziel war es, die industrielle Produktion über das gesamte Unternehmen zu verzahnen. Im Jahr 2021 setzten 62 Prozent der Unternehmen in Deutschland auf Industrie 4.0. Das sagt der Branchenverband Bitkom [1].
Ein Beispiel: Ein Industrieroboter lässt sich lässt sich dank VR-Techniken aus der Ferne in Echtzeit analysieren und sogar warten. Das geht allerdings nur dann problemlos, wenn dazu 5G verwendet wird. Außerdem vereinfache der Mobilfunkstandard 5G die Vernetzung von Geräten und Maschinen. Daten aus der Produktion lassen sich einfacher erfassen und mit künstlicher Intelligenz auswerten.
Ähnlich sieht das auch Bosch auf seinem Blog [2]: „5G beschleunigt das Internet der Dinge und sorgt für einen Schub bei Industrie 4.0. Steuerungen und Sensoren, verbaut in Anlagen, Maschinen und Logistikketten, profitieren von dieser schnellen und zuverlässigen Datenübertragung in Echtzeit.“
Gerade bei #KMU ist der individuelle Nutzen von #5G-Anwendungen in Entwicklung u Produktion noch zu wenig bekannt. Zu diesem Ergebnis kommt ein @acatech_de-Impulspapier, das unter Federführung von Wissenschaftlern des KIT entstanden ist. https://t.co/1KY93ruNqv #Industrie40 pic.twitter.com/7Hm5u3WcOi— KIT Karlsruhe (@KITKarlsruhe) January 26, 2022
Einsatz von 5G nicht transparent
Doch liegen die Vorteile von 5G auf der Hand: „Mit 5G stehe eine Technik bereit, die Reaktionszeiten senkt, mehr Daten überträgt und immobile als auch mobile vernetzte Maschinen hochgenau lokalisiert“, fasst es Fleischer zusammen. Doch sind es genau diese Vorteile, die nicht transparent genug für die Unternehmen sind. Aus diesem Grund ist die Industrie heute noch nicht in der Lage, entsprechende Use Cases zu entwickeln und sie auch finanziell zu bewerten.
Damit 5G für den Erfolg von Industrie 4.0 wird, müssen Industrieunternehmen und die Anbieter der 5G-Infrastruktur zusammen arbeiten. Entstanden ist ein Papier von Acatech Impuls mit dem Namen „5G in der Industrie“ [3].
Um eine 5G-Lawine loszutreten und die breite Einführung der nutzbringenden 5G-Technik zu fördern, sollten daher zusammen mit Unternehmen sogenannte Leuchtturm-Anwendungsbeispiele entwickelt werden, um den konkreten Nutzen praxisnah aufzuzeigen, fordert die Projektgruppe.
Mehr digitale Souveränität bei 5G
5G stellt einen elementaren Teil der Kommunikationsinfrastruktur dar – nicht nur mit Blick auf die Industrie in Deutschland. Mit der drahtlosen Datenübertragung lassen sich vielfältige Geschäftsmodelle aufbauen. Das reicht von Platform-as-a-Service bis hin zur Entwicklung von Software zur Auswertung großer Datenmengen mit den Methoden des maschinellen Lernens.
Die Komponenten für die 5G-Infrastruktur stammen aktuell allerdings von nur einigen wenigen Herstellern: Die drei größten Hardwareproduzenten Huawei, Ericsson und Nokia besitzen einen Marktanteil von über 75 Prozent. Zudem kommt nach Einschätzung des Europäischen Rechnungshofs der Ausbau der 5G-Netze in der EU ins Stocken.
Digitale Datensouveränität Deutschlands
Damit sind mit der Einführung von 5G auch zwangsläufig Fragen nach der Digitalen Souveränität Deutschlands und Europas verbunden. Um nicht in zu große Abhängigkeit von einigen wenigen Anbietern zu geraten, könnte es sinnvoll sein, eine standardisierte und offene Netzarchitektur zu etablieren: Mit ihrer Hilfe wäre die vertikale Kompatibilität zwischen verschiedenen Hardwareherstellern möglich, was auch die Sicherheit der Zugangsnetze erhöht.
Vor diesem Hintergrund muss die Politik das Thema 5G höher auf die Agenda setzen. Ihre Aufgabe sei es, einen möglichst breiten Zugang zur Kommunikationstechnik mit 5G sowie einen souveränen Umgang damit zu ermöglichen, schreiben die Autoren des Papiers „5G in der Industrie“. Ein Baustein auf dem Weg zu einer europäischen Datensouveränität ist das Projekt Gaia-X [4].
Referenzen
[1] 10 Jahre Industrie 4.0 - was noch zu tun ist. Bitkom. Abgerufen am 28. Januar 2022.
[2] Industrie 4.0 - 5 Gründe für 5G. Bosch. Abgerufen am 28. Januar 2022.
[4] What is Gaia-X? Abgerufen am 28. Januar 2022.
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