3,3-kV-Full-SiC-MOSFETs für Traktions-Wechselrichter

Autor / Redakteur: Nils Soltau, Eugen Wiesner * / Gerd Kucera

Der Artikel skizziert ein Bauteil für 3,3 kV und 750 A und erläutert die Vorteile in einer Traktionsanwendung. Es hat das LV100-Gehäuse und ist für Traktionsanwendungen und modulare Umrichter ausgelegt.

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Bild 1: Das neue 3,3-kV-Full-SiC-Modul ist für einen Nennstrom von 750 A ausgelegt und hat ein LV100-Gehäuse.
Bild 1: Das neue 3,3-kV-Full-SiC-Modul ist für einen Nennstrom von 750 A ausgelegt und hat ein LV100-Gehäuse.
(Bild: Mitsubishi Electric)

Leistungshalbleiter aus Siliziumkarbid (SiC) werden als größte Innovation der modernen Leistungselektronik angesehen. Verglichen mit klassischen Bauelementen aus Silizium (Si) ermöglicht SiC effizientere und kompaktere Umrichter, die Energie und wertvolle Rohstoffe einsparen.

Im Verlauf der letzten 20 Jahre hat Mitsubishi Electric SiC-Bauteile unterschiedlicher Spannungsklassen und für diverse Anwendungsfelder entwickelt und kommerzialisiert. Nach vielen Jahren praktischer Erfahrung mit SiC-Modulen in Traktionsanwendungen, macht Mitsubishi Electric heute den nächsten großen Schritt: Mit einer Nennspannung von 3,3 kV und einem Nennstrom von 750 A wurde das neue Full-SiC-Dualmodul vor allem für Hochleistungs-Traktionsumrichter und flexible Umrichtersysteme entwickelt. Die Typenbezeichnung dieses neuen Bauelements lautet FMF750DC-66A.

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Aufgrund der schnellen Schaltflanken benötigen Full-SiC-Bauteile ein entsprechendes Gehäuse-Design mit geringer Streuinduktivität. Aus diesem Grund besitzt der in Bild 1 gezeigte FMF750DC-66A das modernste Gehäuse für diese Spannungs- und Stromklasse: das LV100.

Dieses Gehäuse bietet eine Streuinduktivität von weniger als 10 nH und ermöglicht zudem eine einfachere Parallelschaltbarkeit von mehreren Modulen. Darüber hinaus gewährleistet das interne Gehäuse-Design eine optimale Stromaufteilung zwischen den Halbleiterchips im Inneren des Moduls.

Vergleich Full-SiC-Modul mit Silizium-Bauteil

Der kommende Abschnitt vergleicht das Full-SiC-Dualmodul FMF750DC-66A mit zwei ebenfalls im gleichen LV100-Gehäuse erhältlichen Silizium-Bauelementen. Diese beiden Bauelemente der gleichen Spannungsklasse sind für Ströme von 450 A bzw. 600 A spezifiziert und tragen entsprechend die Produktbezeichnungen CM450DA-66X bzw. CM600DA-66X. Bild 2 zeigt die statischen Kennlinien aller Module und veranschaulicht dadurch auch den prinzipiellen Unterschied zwischen bipolaren IGBTs und unipolaren MOSFETs. Wichtig ist dabei, dass alle Kenndaten für die entsprechende maximale Sperrschichttemperatur angegeben wurden, die beträgt 150 °C für die Silizium-Bauelemente und 175 °C für den FMF750DC-66A. Aufgrund der linearen Abhängigkeit zwischen Strom und Spannung bei MOSFETs ist der Spannungsabfall bei niedrigen Strömen erheblich geringer als bei bipolaren IGBTs (Bild 2 links).

Bild 2 rechts zeigt auch, dass der Spannungsabfall des FMF750DC-66A in Rückwärtsrichtung wesentlich kleiner ist als bei den Silizium-Freilaufdioden, da sowohl die Schottky-Diode (SBD) als auch der MOSFET den Strom in Rückwärtsrichtung tragen. Entsprechend ermöglicht der Einsatz unipolarer Bauelemente vor allem im Teillastbetrieb einen erheblich besseren Umrichter-Wirkungsgrad. Dies wird im folgenden Abschnitt für einen beispielhaften Traktionsumrichter genauer quantifiziert.

Bis zu 90% weniger Verluste gegenüber Silizium

Ein weiterer wichtiger Vorteil von Full-SiC-Bauelementen sind die geringeren Schaltverluste. Auch dieser Effekt folgt aus der unipolaren Natur des Bauteils. Da es keine Sperrverzögerungsladung und keinen Schweifstrom gibt, sind die Schaltverluste wesentlich geringer und ermöglicht höhere Schaltfrequenzen als bei Silizium-Bauelementen. Bild 3 zeigt die Summe der Schaltverluste. Im Vergleich zu Silizium-basierten IGBTs fallen die Schaltverluste beim Full-SiC-Modul um 80 bis 90% geringer aus. Die Vorteile in der Umrichterentwicklung, in Bezug auf die Zielanwendung, werden im nächsten Abschnitt quantifiziert und erläutert. Dazu zwei Beispiele.

Das erste Beispiel ist ein Bahn-Traktionsumrichter mit einer Schaltfrequenz von 750 Hz und einer DC-Link-Spannung von 1500 V. Es sollen die Verluste verglichen werden, die im Silizium-basierten Bauelement CM600DA-66X und im SiC-basierten Bauelement FMF750DC-66A anfallen. Bild 4 links zeigt die Energieeinsparungen beim Einsatz eines FMF750DC-66A anstelle eines CM600DA-66X. Besonders im Teillastbetrieb des Fahrzeugs ist das Einsparpotenzial ganz erheblich: Bei Ausgangsströmen kleiner 400 A sind die Halbleiter-Energieverluste im Full-SiC Bauelement (bei gleichen Bauelementabmessungen) 50 bis 80% geringer. Dadurch lassen sich die Energiekosten im laufenden Betrieb, besonders bei Teillast, verringern. Zudem erlaubt der FMF750DC-66A, dank größeren Wirkungsgrads und höherer maximaler Sperrschichttemperatur, eine höhere Ausgangsleistung im Gleichrichterbetrieb.

Bild 4 rechts zeigt, dass sich die maximale Ausgangsleistung, bei der im Beispiel genutzten Schaltfrequenz von 750 Hz, um 60% erhöht. Da beim Bremsen des Fahrzeugs eine Energie-Rückgewinnung in der Gleichrichter-Betriebsart erfolgt, lässt sich mehr Energie regenerieren und in das Stromnetz zurück speisen. Damit verringert sich außerdem die Belastung des herkömmlichen Bremssystems.

Schaltfrequenz in Abhängigkeit des Ausgangsstroms

Im zweiten Beispiel wird ein mit dem Stromnetz verbundener und bei Lastfaktor 0,9 arbeitender Wandler betrachtet und dessen maximale Schaltfrequenz in Abhängigkeit des Ausgangsstroms berechnet. Bild 5 zeigt die Ergebnisse unter Berücksichtigung einer Kühlwassertemperatur von 40 °C. Folglich steigt die maximale Schaltfrequenz beim FMF750DC-66A auf das Fünf- bis Neunfache gegenüber einem CM600DA-66X bei gleichem Stromniveau.

Dank der höheren Schaltfrequenz können Umrichter-Hersteller Netzfilter mit höheren Resonanzfrequenzen nutzen, und damit geringere Induktivitäts- und Kapazitätswerte in ihren LCL-Filtern einsetzen. Das reduziert die Größe des Filters und die damit verbundenen Kosten und Verluste. Weiterhin ermöglicht die hohe Schaltfrequenz bei Antriebsumrichtern und DC/DC-Wandlern die Verwendung von Hochdrehzahl-Antrieben und Mittelfrequenz-Transformatoren höherer Leistungsdichte.

Neben der Steigerung der Schaltfrequenz ist in Bild 4 rechts zu sehen, dass der Wandler bei gleicher Schaltfrequenz eine deutlich höhere Ausgangsleistung erreicht. Da der FMF750DC-66A das gleiche Gehäuse verwendet wie die Bauelemente CM450DA-66X und CM600DA-66X, ergeben sich enorme Flexibilität in der Umrichter-Entwicklung und eine kürzere Entwicklungszeit.

Neben den erwähnten Vorteilen in Antriebs- und Netzanwendungen eröffnet FMF750DC-66A weitere Vorteile. Bild 6 zeigt Potenziale des FMF750DC-66A auf verschiedenen Systemebenen: auf Modulebene, auf Umrichterebene und auf Anwendungsebene. Der Einsatz des FMF750DC-66A in solchen Anwendungen ist sinnvoll, da Vorteile und Potenziale die höheren Kosten heutiger SiC-Module überwiegen.

* Dr. Nils Soltau und Eugen Wiesner arbeiten bei Mitsubishi Electric in Ratingen.

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