Quarze Warum ein falscher Widerstand die Anschwingsicherheit gefährdet
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Um die Funktion und Stabilität eines elektronischen Systems zu gewährleisten, sind ein sauberes Anschwingen des Quarzes und ein stabiles Schwingen auf der vorgegebenen Nennfrequenz unabdingbar.

Ein unsauberes Anschwingverhalten der Oszillatorschaltung ist der (vermeidbare) Albtraum eines jeden Entwicklers. Neben der exakten Festlegung der Werte der parallelen Kondensatoren in Abstimmung mit der Lastkapazität des Quarzes sowie der Auswahl der passenden Toleranzparameter, gibt es auch noch weitere wichtige Eigenschaften, die beim Design-In nicht vernachlässigt – und vor allem nicht verwechselt – werden dürfen.
Aufgrund seiner technischen Komplexität gilt der Quarz immer noch häufig als Problemkind, dessen korrekte Spezifizierung viele Anwender vor enorme Herausforderungen stellt. Oftmals fehlt vielen Anwendern schlichtweg das nötige Detailwissen im Bereich der Frequenzsteuerung, da dieses Thema an den Hochschulen nur unzureichend gelehrt wird und Schulungen in den seltensten Fällen angenommen werden, um sich nicht als unwissend zu outen. Ein anderer Grund sind sicherlich die teils sehr irreführenden Datenblattangaben der zahlreichen Hersteller und Händler, die es dem Anwender, ob nun mit oder ohne Vorsatz, zusätzlich erschweren, die richtige Auswahl zu treffen. Prinzipiell gilt, so wie bei den meisten anderen elektronischen Bauelementen auch, dass nur ein vollständig und richtig spezifizierter Quarz auch ein guter Quarz ist. In der Praxis erlebt man jedoch leider viel zu häufig, dass gerade hier viel Luft nach oben ist und viele Produkte nach dem Motto „mit Basteln zum Erfolg“ eingesetzt werden.
Angaben zur Spezifizierung eines Schwingquarzes
Grundsätzlich sind zur exakten Spezifizierung eines Schwingquarzes mindestens sechs Angaben notwendig. Hierzu gehören zunächst zwingend die Angabe der zum System passenden Bauform (SMD oder bedrahtet), der benötigten Ausgangsfrequenz (in kHz oder MHz), die erforderliche Frequenztoleranz bei 25 °C (in ppm) und die Frequenzstabilität (in ppm) über den Arbeitstemperaturbereich (in °C) sowie die Lastkapazität (in pF).
Eine nicht unwesentliche Eigenschaft, die es bei der Auslegung einer stabilen Oszillatorschaltung zu beachten gilt, ist der ESR-Wert (ESR = Equivalent Series Resistance), der ursprünglich auch als Lastresonanzwiderstand (= RL) angegeben wurde. Er wirkt sich maßgeblich auf die Anschwingsicherheit der Oszillatorschaltung aus und sorgt im schlimmsten Fall dafür, dass ein System nicht „anläuft“. Ebenso wie die benötigte Frequenz, wird auch der maximale ESR-Wert häufig vom eingesetzten Controller vorgegeben. Zu bedenken ist an dieser Stelle: Je kleiner die Bauform (bei gleichbleibender Frequenz), desto höher der ESR-Wert des Schwingquarzes. Der benötigte ESR-Wert in Verbindung mit der geforderten Frequenz legt damit also bereits die Baugröße des Quarzes fest.
Wie die Anschwingsicherheit berechnet wird
Die Anschwingsicherheit (Circuit Margin = Cm) einer Oszillatorschaltung lässt sich mit folgender Formel berechnen:
Cm = -R/ESR
Da der ESR-Wert (RL) direkt in die Berechnung der Anschwingsicherheit eingeht, wirkt er sich auch wesentlich auf die Circuit Margin aus. Er setzt sich aus dem dynamischen Resonanzwiderstand R1 und einem Faktor zusammen, in welchen die Werte für C0 und CL direkt einfließen.
R1 = ESR/(1+C0/CL)2
ESR = RL = R1(1+C0/CL)2
Dynamischer Widerstand anstatt des ESR-Wertes
Anstatt des eigentlich sinnvollen ESR-Wertes oder Lastresonanzwiderstand RL, findet man in neueren Datenblättern häufig den dynamischen Widerstand R1 angegeben, welcher immer kleiner als der eigentliche ESR-Wert des Schwingquarzes ist. Den meisten ist nicht bewusst, dass R1 für die Berechnung der Anschwingsicherheit überhaupt keine Bedeutung hat, weswegen diese Angabe in den Datenblättern eher als „Bauernfängerei“ zu bewerten ist. In der Praxis sieht der Anwender dann nur den erstaunlich niedrigen Ohm-Wert und tappt in die Falle. Oft wird dann sogar ein Quarz, in dessen Datenblatt der echte ESR-Wert angegeben ist, nicht freigegeben, da dieser fälschlicherweise mit dem natürlich niedrigeren Wert R1 aus dem Datenblatt des Wettbewerbers verglichen wird. Dabei können, je nachdem wie C0 und CL wertemäßig liegen, die Werte von R1 zu ESR sogar bis Faktor ~3 auseinanderliegen.
Beispiel 1: C0 = 4,5 pF, CL = 6 pF, ESR = 60 Ω → Ergebnis ESR 60 Ω;
R1 = 19,60 Ω → Faktor ~3.
Beispiel 2: C0 = 3 pF, CL = 12 pF, ESR = 60 Ω → Ergebnis ESR 60 Ω;
R1 = 48 Ω → Faktor 1,25.
Die Tabelle zeigt den Faktor zwischen R1 und ESR in Abhängigkeit von C0 und CL.
Es lässt sich also deutlich erkennen, dass R1 keineswegs dem tatsächlichen ESR-Wert (RL) entspricht. Dies muss man als Anwender unbedingt beachten, wenn es an das Vergleichen von Schwingquarzen geht, um die perfekte Lösung für seine Anwendung zu finden. Im Umkehrschluss lässt sich somit anhand des Datenblattes bereits erkennen, welcher Quarzhersteller bzw. -anbieter sein Handwerk versteht und wer nur versucht, seine Kunden mit vermeintlich niedrigen Ohm-Werten hinters Licht zu führen.
Unterstützung für den Schaltungs-Entwickler
WDI begleitet seine Kunden durch den Dschungel der unterschiedlichsten Datenblattangaben und unterstützt sie insbesondere im Entwicklungsumfeld bei der Spezifizierung und Auswahl des für sie „richtigen“ Quarzes sowie baugleicher Alternativen und „Second Sources“. Von der Erstbemusterung und eventuell notwendigen Schaltungsanalysen, über die Prototypen- und Vorserienbelieferung bis hin zur klassischen Distributionsdienstleistung während der Serienfertigung sorgen wir dafür, dass die Quarzauswahl nicht zum Albtraum wird.
* Hendrik Nielsen ist Inside Sales Specialist FCP bei der WDI AG in Wedel bei Hamburg.
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