Ventilatoren: Welche Schallquellen verursachen Lüftergeräusche?
Qualitätsmerkmale von Ventilatoren sind nicht nur Effizienz und Luftleistung, sondern auch die Geräuschentwicklung. Was bringen aeroakustische Simulationen und experimentelle Verfahren für die Geräuschoptimierung bei Ventilatoren?
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In der Ventilatorentechnik hat sich im Laufe der letzten Jahre einiges getan. Hocheffiziente, strömungstechnisch optimierte EC-Ventilatoren sind heute Stand der Technik und setzen sich in vielen Anwendungsbereichen der Kälte- und Klimatechnik durch. Dennoch gibt es immer Optimierungspotential, denn bei Ventilatoren sind nicht nur Effizienz und die aerodynamischen Daten (Luftleistung) ein wichtiges Qualitätsmerkmal, sondern auch die Geräuschentwicklung.
Diese ist bei einem Ventilator allerdings eine sehr komplexe Erscheinung, da viele Schallquellen gleichzeitig die Wahrnehmung beeinflussen und es oft schwierig ist, die einzelnen Quellen voneinander zu trennen. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Einbausituation mitberücksichtigt werden muss. Auf dem Weg zum optimalen Ventilator sind gründliche akustische Untersuchungen deshalb unerlässlich.
Simulation der Aeroakustik noch im Forschungsstadium
Den Schallquellen bei Ventilatoren auf die Spur zu kommen ist nicht einfach, denn während aerodynamische Simulationsprogramme recht weit entwickelt und auf dem Markt gut etabliert sind, ist die Simulation von Aeroakustik heute noch Gegenstand der Forschung. Die erforderliche räumliche Auflösung kleiner turbulenter Strukturen verlangt im Vergleich zur aerodynamischen Simulation wesentlich höhere Zellzahlen.
Für einen Ventilator in einer bestimmten Strömungssituation können die Zellzahlen sogar bei mehreren Millionen im zwei bis dreistelligen Bereich liegen. Zudem ist immer eine hohe zeitliche Auflösung notwendig, typische Schritte liegen hier im Bereich von 10 µs. Die benötigten Rechenressourcen und der damit verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand sind dementsprechend hoch. Deshalb werden auch beispielsweise bei Ventilatoren nur die größeren (für die Akustik relevanten) turbulenten Strukturen aufgelöst.
Trotz dieser Einschränkungen bleibt der Aufwand beachtlich und zurzeit wird an Ansätzen zur Reduktion des Rechenaufwands gearbeitet. Unterstützung bringen dabei auch experimentelle Verfahren.
Beamforming mit dem Mikrofonarray
Als experimentelles Verfahren zur Ortung von Schallquellen am rotierenden Ventilator nutzt der Motoren- und Ventilatorenspezialist ebm-papst beispielsweise das sogenannte Beamforming als Ergänzung zu der aufwändigen aeroakustischen Simulation.
Herzstück des Beamformings ist ein kreisförmiges Mikrofonarray wie es in Bild 1 dargestellt ist, bei dem 80 Mikrofone auf zwei Ebenen angeordnet sind. Das Mikrofonarray ist im Ventilatorenprüfstand auf der Saugseite eingesetzt und misst dort die Laufzeitunterschiede der Schallwellen zu den einzelnen Mikrofonen.
Ausgeklügelte Algorithmen werten dann die über 30 s bei bekannter Ventilatordrehzahl gewonnenen Daten aus. Das Ergebnis zeigt, dass man mit dem Beamforming die gleichen Trends erkennt wie mit der aeroakustischen Simulation (Bild 2). Aufgrund der experimentellen Ergebnisse lässt sich somit auch die numerische Simulation überprüfen und optimieren.
Die Auswertungen zeigen, dass es bei einem typischen Axialventilator zwei dominante Geräuschquellen gibt: die Kopfspaltströmung zwischen Schaufel und Wandring sowie die sogenannten Zuströmturbulenzen.
Geräuschquellen beim Axialventilator
Am Kopfspalt kommt es durch den Druckunterschied zwischen der Druck- und Saugseite zur Überströmung der Ventilatorschaufel an der Schaufelspitze. Die Strömung interagiert dort mit den vorhandenen Kanten, also der Schaufeloberfläche und der umgebenden Gehäusewand. Es bilden sich Wirbel, die bei der Ablösung den Schallpegel um bis zu 10 dB erhöhen können.
Zuströmturbulenzen (Bild 3) kommen vor allem dann zum Tragen, wenn der Ventilator eingebaut ist. Für den Test mit dem Mikrofonarray wurde dazu ein Kasten gewählt, wie er beispielsweise bei Wärmetauschern üblich ist. An den Gehäusewänden entstehen Rückströmgebiete mit entsprechender Zirkulation, also Luftverwirbelungen. Diese werden dann zu den Stellen mit dem engsten Abstand zwischen Ventilator und Gehäusewand gezogen. Dort verbinden sich die Verwirbelungen beider Seiten miteinander.
Diese „Wirbelzöpfe“ sorgen dann für hohe Turbulenzen (Bild 4). An der Schaufelvorderkante kommt es dadurch zu großen Druck- und Geschwindigkeitsschwankungen, was teilweise drastische Zusatzgeräusche vor allem im niederfrequenten Bereich verursacht.
Breitbandiges Rauschen und tonaler Schall
Zum einen entsteht ein breitbandiges Rauschen, zum anderen gibt es aber auch schmalbandige tonale Schallanteile, die auch als Drehklang bezeichnet werden. Die dafür typischen, unangenehm „brummenden“ Geräusche hat wohl jeder schon einmal gehört.
Sind die Geräuschquellen lokalisiert, lassen sich Maßnahmen ergreifen, um die Aeroakustik der Ventilatoren zu verbessern: Wie sich zeigte, hat der Spaltabstand zwischen Schaufelspitze und Wandring einen großen Einfluss auf das Geräuschverhalten. Zwar nimmt das Geräusch bei kleiner werdendem Spalt ab, aber das Spaltmaß kann aufgrund fertigungsbedingter Notwendigkeiten nicht beliebig verkleinert werden, ohne Berührungen der Schaufelspitze am Wandring zu riskieren.
Spaltmaß und Winglets zur Geräuschreduktion
Hier helfen Winglets weiter. Mit diesen definierten geometrischen Verformungen an der Schaufelspitze können die Kopfspaltströmung und die sich bildenden Wirbel so beeinflusst werden, dass sich eine deutliche Geräuschreduktion ergibt (Bild 5).
Die Kopfspaltströmung wird positiv beeinflusst, was die Interaktion der Strömung mit den Kanten verringert. So ergibt sich eine Schallleistungsreduktion von bis zu 10 dB. Um die Zuströmturbulenzen zu reduzieren, reichen geometrische Veränderungen am Ventilator alleine nicht aus, da sich diese aus der Einbausituation ergeben. Zusätzliche Dämmmaßnahmen am Gehäuse bringen meist auch wenig Erfolg, denn entsprechende Dämmplatten wirken in der Regel erst ab höheren Frequenzen.
Flow Grid: der Gleichrichter für die Luftzufuhr
Weiter hilft hier ein anderer Ansatz: Verbessert man die Zuströmung der Luft zum Ventilator, verringern sich die Turbulenzen und somit werden auch die durch sie verursachten, lästigen niederfrequenten Geräusche geringer.
Die Ingenieure in Mulfingen haben deshalb ein spezielles Vorleitgitter (Flow Grid) entwickelt, das praktisch wie ein Gleichrichter auf die Luftzufuhr wirkt. Es reduziert die geräuscherzeugenden Störungen in der Zuströmung drastisch und wirkt bei Axial- und Radialventilatoren gleichermaßen (Bild 6). Unabhängig von den baulichen Gegebenheiten und der Einbausituation im Gehäuse erreichen die Ventilatoren damit Geräuschwerte, die mit dem Betrieb unter Labortestbedingungen vergleichbar sind.
Fazit: Lüftergeräusche werden, abhängig von der Person, der Umgebung und dem Zeitpunkt unterschiedlich störend empfunden. Sie lassen sich nie völlig vermeiden, aber durch eine sorgfältige Auswahl der Komponenten und durch konstruktive Maßnahmen auf ein erträgliches Maß dämpfen. Die vorgestellten Untersuchungen haben bewiesen, dass eine aeroakustische Simulation erheblich zur Ventilatoren-Optimierung beitragen kann. Auf die Zukunft darf man gespannt sein, sicher werden die energieeffizienten Ventilatoren aus Mulfingen immer noch ein bisschen leiser werden.
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Wie Sie Lüftergeräusche reduzieren
Dieser Beitrag ist erschienen im Sonderheft Elektromechanik III der ELEKTRONIKPRAXIS (Download PDF)
* Dr. Marc Schneider ist Gruppenleiter Entwicklung Strömungstechnik, Vorentwicklung Akustik bei ebm-papst in Mulfingen.
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