Strangkühlkörper effizient zur Entwärmung nutzen
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Größere Leistungsdichten bei steigenden Verlustleistungen bedeuten steigende Bauteiltemperaturen. Die Entwärmung ist ein oft vernachlässigtes Kernproblem beim Design. Das Wärmemanagement mithilfe von Lüfteraggregaten bietet hier deutliche Vorteile.

Auch durch die stetige Verbesserung und Weiterentwicklung der Wirkungsgrade von elektronischen Bauelementen wurde das Kernproblem der Entwärmung dieser Komponenten nicht vollständig gelöst. Eine Entwärmung ist nach wie vor notwendig, da sich lediglich der Einsatz von verschiedenen Entwärmungsmethoden verschoben hat. Die sichere und langlebige Funktion von elektronischen Bauelementen erfordert auch in Zukunft einen großen Aufwand für die Entwärmung und seitens der Anwender ein umfangreiches Wissen bei der Auslegung und Auswahl der geeigneten Entwärmung.
In der Literatur hinreichend beschrieben ist der Zusammenhang zwischen der Bauteiltemperatur und der daraus resultierenden Lebensdauererwartung. Grundsätzlich gilt, je höher die Bauteiltemperaturen, desto niedriger ist die Lebensdauer. Gravierende Abweichungen zu dem im Datenblatt festgelegten Temperaturbereich des Bauteils können zu Funktionsstörungen oder sogar zur Zerstörung des Bauteils führen.
Elektronische Bauteile lassen sich mittels einer natürlichen oder erzwungenen Konvektion, auch mittels Flüssigkeiten wie Wasser und Öl, entwärmen. Eine probate Möglichkeit zur leisen Entwärmung bieten der Applikation angepasste Strangkühlkörper, die die natürliche Konvektion nutzen. Strangkühlkörper, physikalisch auch Wärmesenke genannt, sind wärmeleitend mit dem zu entwärmenden Bauteil verbunden und funktionieren gemäß dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik.
Der Kühlkörper nimmt die thermische Energie des zu entwärmenden Bauteils auf und leitet diese gemäß dem Prinzip der Oberflächenvergrößerung in Richtung der kälteren Applikationsumgebung ab. Die Entwärmung mittels Strangkühlkörper unterliegt neben Beschränkungen bei der Baugröße, dem Volumen und dem dazugehörigen Gewicht auch physikalischen Grenzen.
Neben dem Kühlkörperaufbau, d.h. der Rippenstruktur im Verhältnis zum Kühlkörperboden, begrenzt auch die spezifische Wärmekapazität des Grundmaterials Aluminium den Einsatz. Demzufolge würde eine beliebige Vergrößerung der Oberfläche zu keiner wirkungsvollen Verbesserung bei der Wärmeabfuhr führen.
Wärmeabfuhr mit Hilfe der Luft verbessern
Um leistungsstarke elektronische Komponenten zu entwärmen, reicht oftmals eine Lösung, die auf der freien Konvektion basiert, nicht mehr aus. Sehr gute Ansätze bietet die laute Entwärmung, d.h. mit Hilfe von zusätzlichen Luftströmungen, die durch Lüftermotoren erzeugt werden. Aufgrund der erzwungenen Konvektion und dem damit verbundenen Luftdurchsatz kann naturgemäß eine größere Wärmemenge an die Umgebung abgeleitet werden. Je nach Kühlkörpergeometrie und erzeugtem Luftstrom ist eine Verbesserung der Wärmeableitung bis zu 40% möglich.
Die verwendeten Kühlkörperstrukturen sollten an eine zusätzliche Luftströmung angepasst sein, um den Wirkungsgrad zu verbessern. Eine aktive Entwärmung ist allerdings im Vergleich zur freien Konvektion nicht geräuschlos.
Daher stören die durch die Lüftermotoren erzeugten Schallwellen bei etlichen technischen Anwendungen, wie einer Haushaltsbeleuchtung oder der Beleuchtung von Konzertsälen und Institutsräumen, und sind oft nicht erwünscht. Demgegenüber stehen jedoch viele positive Eigenschaften einer Lüfterkühlung mit dem Hauptargument deutlich geringerer Bauteiltemperaturen.
Die erzwungene Konvektion bringt allerdings nur dann Vorteile, wenn nicht einfach vorhandene Kühlkörper, die für die freie Konvektion optimiert sind, mit Luft angeströmt werden. Sogenannte Lüfteraggregate (Bild 1) sind in ihrem Aufbau und bei der Geometrie ihrer Wärmetauschflächen auf den entsprechenden Lüftermotor und dessen Merkmale, wie dem Volumenstrom oder Staudruck, abgestimmt und optimiert.
Lüfteraggregate sind in der Leistungselektronik eine vielfach eingesetzte und erprobte Technik. Der Anwender kann damit die thermische Belastung eines elektronischen Bauteils oder einer kompletten Baugruppe relativ einfach und kostengünstig in den Griff bekommen.
Die Wärme wird aufgrund der Temperaturdifferenzen zwischen dem elektronischen Bauteil und seiner Umgebung abgeleitet. Der Wärmeaustausch erfolgt hauptsächlich konvektiv und nur zu einem sehr geringen Teil durch Wärmestrahlung. Auch Lüfteraggregate arbeiten nach dem Prinzip der Oberflächenvergrößerung und nutzen den konvektiven Wärmeübergang. Hierbei wird im Gegensatz zur natürlichen Konvektion ein mittels Ventilatoren erzeugter Luftstrom durch eine Wärmetauschstruktur geleitet.
Der thermische Widerstand als Auswahlhilfe
Aufgrund der vielen auf dem Markt verfügbaren Entwärmungskonzepte ist die Auswahl einer geeigneten und besonders einer auf die Applikation zugeschnittenen Entwärmung für den Anwender nicht ganz einfach. Die relativ einfache, überschlagsmäßige Berechnung des thermischen Widerstandes, auch Wärmewiderstand genannt, liefert eine gute Entscheidungshilfe.
Der thermische Widerstand setzt sich aus der Temperaturdifferenz der Applikationsumgebung und der maximalen zulässigen Bauteiltemperatur dividiert durch die abzuführende Verlustleistung des Bauteils zusammen. Der Wärmewiderstand wird in der Einheit Kelvin pro Watt [K/W] angegeben und ist umgekehrt proportional zur Wärmeleitfähigkeit, d.h. je besser ein Bauteil die Wärme ableitet, desto kleiner ist sein Wärmewiderstand.
Der so berechnete Widerstand liefert eine Aussage darüber, welche Art bzw. Form der Entwärmung zur Lösung des thermischen Problems eingesetzt werden muss. Anhand des errechneten Wärmewiderstands ist der Anwender mithilfe der technischen Daten und Diagramme in den Produktkatalogen in der Lage zu entscheiden, ob die in seiner Applikation entstehende Wärme passiv mittels Strangkühlkörper, aktiv mittels Lüfteraggregat oder mittels Flüssigkeiten (Flüssigkeitskühlkörper) an die Umgebung abgeführt werden kann.
Der passende Wärmewiderstand zum angegebenen Querschnitt eines Kühlkörpers wird im Schnittpunkt der Kennlinie (Bild 2) bei der dazugehörigen Kühlkörperlänge ermittelt. Analog zur Kühlkörperauswahl für die freie Konvektion lässt sich der passende Kühlkörper für bewegte Luft auf Basis der entsprechenden Wärmewiderstandsdiagramme, die von der Luftgeschwindigkeit abhängig sind, auswählen. Neben dem genannten und beschriebenen Wärmewiderstand spielen noch andere Faktoren bei der Auswahl eines geeigneten Entwärmunsgkonzeptes eine Rolle. So besitzen beispielsweise der vorhandene Platz, die Bauteilgröße, die Oberflächengüte im Bereich der Bauteilmontage und die Einbaubedingungen ebenfalls einen hohen Stellenwert.
Strangkühlkörper aus extrudiertem Aluminium
Strangkühlkörper, die im Extrusionsverfahren aus Aluminium hergestellt werden, lassen sich leider nicht ganz ohne Toleranzen umsetzen. Bei diesem Fertigungsverfahren wird ein erwärmter Aluminiumbolzen durch eine Werkzeugmatrize (Bild 3) gedrückt, welche in negativer Form ausgelegt, die eigentliche Profilgeometrie ergibt. Neben Toleranzen bzw. Unebenheiten im Bereich der Kühlkörperbodenfläche (Halbleitermontagefläche) sollten ebenfalls die auftretenden Toleranzen hinsichtlich der Winkelabweichung und Planparallelität Berücksichtigung finden.
Kühlkörper mit speziellen Toleranzvorgaben, die allerdings aufgrund des Herstellungsverfahrens nicht einzuhalten sind, müssen zusätzlich mechanisch bearbeitet werden. Mithilfe moderner CNC-Bearbeitungszentren lassen sich Halbleitermontageflächen mit besonderer Güte in Hinblick auf Eben- und Rauheit realisieren.
Die Summe aller Vorteile strangepresster Aluminiumprofile, wie die relativ geringen Stück- und Profilwerkzeugkosten, die einfache Prototypenherstellung, die gute thermische Leitfähigkeit des Grundmaterials, das relativ geringe Gewicht, der gute thermische Widerstand sowie die Vielzahl der auf dem Markt erhältlichen Varianten, machen Kühlkörper zu einem effizienten und attraktiven Entwärmungskonzept.
Was Sie bei der Auswahl des Kühlkörpers beachten sollten
Unter Berücksichtigung des ermittelten Wärmewiderstandes und der Bauteilgröße der zu kühlenden elektronischen Komponente sollten Sie bei der Auswahl des Kühlkörpers je nach Applikation und Einbaubedingung grundsätzlich auf das richtige Verhältnis zwischen Kühlkörperbreite und -länge, Bodenstärke, Rippenhöhe, -stärke, -anzahl und -abstand achten.
Das Prinzip des Kamineffektes bestimmt die Einbaulage eines Kühlkörpers bei freier Konvektion (Bodenfläche vertikal). Der Kühlkörper wird also am besten so positioniert, dass die warme Luft ungehindert durch die Konvektionsströmung (Auftrieb) nach oben steigen kann. Alle anderen Einbaupositionen bewirken Effizienzeinbußen und müssen bei der Berechnung des thermischen Widerstandes entsprechend berücksichtigt werden.
Bei einer passiven Entwärmung mittels Strangkühlkörper aus Aluminium empfiehlt es sich, die geometrischen Abmessungen des zu entwärmenden Bauteils zu berücksichtigen. Die Kühlkörpergröße sollte, wenn möglich, stets auf die Bauteilgröße abgestimmt sein. Der Wärmeeintrag in den Kühlkörperboden ist dann optimal gestaltet, wenn die Verlustwärme so homogen wie möglich über die gesamte zu Verfügung stehende Fläche verteilt wird.
Für kleine Wärmeeintragsflächen (punktuell) oder transiente (zeitabhängige) Wärmeeinträge spielt auch das Kühlkörper-Design eine entscheidende Rolle. Zur effektiven Entwärmung der elektronischen Komponenten ist es in solchen Anwendungsfällen sinnvoll, die entstehende Wärme schnell vom Bauteil aufzunehmen und diese an den Kühlkörper weiterzuleiten. Kontaktoberflächen mit hoher Wärmeleitfähigkeit zur Wärmespreizung, z.B. aus Kupfer oder Grafit, die formschlüssig mit dem Kühlkörper verbunden sind, liefern hierzu Lösungsansätze.
Bei der Kühlkörperauswahl müssen Sie neben der thermischen Leistungsfähigkeit und den mechanischen Gegebenheiten ebenfalls die Oberflächenbeschaffenheit des Kühlkörpers berücksichtigen. Anforderungen an den Korrosionsschutz oder an ein besonders dekoratives Aussehen beeinflussen durchaus die Effizienz der Wärmeableitung.
Anodisierte, also schwarz eloxierte Oberflächen, sind aus wärmetechnischer Sicht durchaus zu favorisieren. Neben der bekannten Korrosionsschutzwirkung erfolgt durch das Eloxieren eine Strukturierung der Oberfläche im Nanometerbereich. Das bewirkt eine um ca. 8 bis 10% verbesserte Wärmeableitung bei freier Konvektion.
Nun hat jedoch die Eloxalschicht einen Wärmeleitwert, der etwa zehn Mal niedriger ist als der vom Grundmaterial Aluminium. Diese Tatsache wird aufgrund der Schichtdicken oftmals vernachlässigt. Für bestimmte Anwendungsfälle ist es trotzdem sinnvoll und überlegenswert, im Montagebereich des elektronischen Bauteils, besonders bei großflächigen Halbleitertypen, die Eloxalschicht zu entfernen, um den thermischen Übergangswiderstand zu reduzieren.
Dieser Beitrag ist erschienen in der Fachzeitschrift ELEKTRONIKPRAXIS Ausgabe 9/2020 (Download PDF)
* Dipl.-Physik-Ing. Jürgen Harpain ist als Entwicklungsleiter bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid tätig.
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