Smart Home: Kunden wollen einfachere Produkte und mehr Emotionen

Autor / Redakteur: David B. Hofmann* / Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Die Branche redet viel über Smart Home, doch die Zielgruppe hält sich bedeckt. Entweder fehlt es an ausreichender Sicherheit oder die Anwendung ist zu kompliziert. Ein Trend ist allerdings eindeutig: Sprachassistenten übernehmen die Regie.

Anbieter zum Thema

Wer im Markt für Smart Home erfolgreich sein will, der setzt auf Sprachassistenten.
Wer im Markt für Smart Home erfolgreich sein will, der setzt auf Sprachassistenten.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Seit Jahren wird prognostiziert, der Massenmarkt sei bereit für Smart Home. Aktuelle Studien zeigen allerdings ein anderes Bild. Trotz steigendem Verbraucherinteresse und zunehmender Verbreitung von Anwendungen für Smart Home kann man weiterhin nicht von einem Boom sprechen. Es gibt derzeit eine Kluft zwischen frühen Anwendern und der Mehrheit der Konsumenten. Um diese Kluft zu überwinden und letztlich erfolgreich zu sein, müssen Anbieter von Smart Home in der aktuellen Marktphase Preise reduzieren, Produkte einfacher und die Kundenkommunikation emotionaler gestalten. So gelingt es bereits einigen gut positionierten Marktteilnehmern in attraktiven Segmenten enormen Wert zu schaffen.

Nach Aussage einer repräsentativen Deloitte-Studie vom April 2018 zur Marktentwicklung in Deutschland nutzen im altersübergreifenden Durchschnitt mittlerweile 16% der Deutschen Smart-Home-Angebote. Dabei setzten sich die mittleren Alterssegmente mit 23% und Eigentümer von Häusern und Wohnungen mit 22% von anderen Kundengruppen ab. Besonders ausgeprägt ist die Affinität für Smart Home allerdings bei besonders einkommensstarken Konsumenten. In den hohen Einkommensklassen von über 4000 Euro monatliches Netto-Haushaltseinkommen liegt der Anteil der Smart Home Nutzer bereits bei 27% und ist damit dreimal höher als in den übrigen Einkommensklassen. Das zeigt: Der Smart Home Markt nimmt in Deutschland Fahrt auf.

Sorgen um Sicherheit bei Smart Home

Aus Sicht vieler Anbieter bleibt dabei der Markt für Smart-Home-Anwendungen, die alles abdecken, die sogenannten All-in-One-Lösungen hinter den Erwartungen zurück. Trotz stark gestiegenem Verbraucherinteresse, besserem Informationsstand zum Thema und großer Zufriedenheit unter den Nutzern solcher Angebote, dominiert hier weiterhin Kaufzurückhaltung beim Endkunden. Stattdessen sind einfache Point Solutions erfolgreich. Dazu gehören Steckdosen, Thermostate, Alarmsystem oder Leuchten. Wie lässt sich diese Divergenz erklären?

Gründe für die Ablehnung von Angeboten für Smart Home sind in erster Linie die Kosten, mangelnde Kenntnisse, sowie Sorgen um die Datensicherheit. Im Gegensatz dazu wünschen sich Kunden vor allen anderen Dingen zusätzlichen Komfort und zusätzliche Sicherheit beim Thema Smart Home. Anbieter mit entsprechend spitzen Lösungen können besser überzeugen, während Angebote komplexer Smart-Home-Anwendungen die Konsumenten keinen Mehrwert erkennen. IKEA Kunden wissen seit April 2017: Smart Home muss weder komplex noch kompliziert sein. Die vernetzten Lampen mit dem Produktnahmen ‚Trådfri‘ kosten 9,99 Euro – das sind Kampfpreise im Vergleich zu den Wettbewerbern Philips Hue und Osram Lightify mit jeweils je 19,99 Euro in diesem Segment. Außerdem: Sie lassen sich sofort nach dem Auspacken in Betrieb nehmen und funktionieren ohne App und ohne Gateway.

Erfolgreichen Anbietern gelingt es daher zunächst einzelne Marktsegmente mit einfachen Produkten zu erobern, um anschließend ihre Produktportfolien sukzessive zu erweitern, Bestandskunden weiter auszuschöpfen und neue Segmente zu erschließen. Der französische Anbieter für Smart Home, Netatmo, hat sich beispielsweise mit dieser Strategie seit Markteinführung einer Wetterstation 2011 von der One Product Company zu einem der führenden Wettbewerber für das vernetzte Zuhause mit breitem Produktportfolio für zahlreiche Anwendungsbereiche, unter anderem für Sicherheit und Raumklima, entwickelt.

Kampfpreise und Sprachassistenten bestimmen den Markt

Aufgrund des Markterfolgs einfacher Point Solutions, die sich auf klar abgrenzbare Aufgaben fokussieren wie Licht an/aus und stetig sinkender Kosten für die Herstellung von Endgeräten, drängen immer mehr Anbieter in den Smart-Home-Markt. Günstige Verkaufspreise, attraktive Nutzererlebnisse und die Integration von Geräten anderer Anbieter werden daher zu kritischen Erfolgsfaktoren des Smart Home der nächsten Jahre.

Darüber hinaus wird die rasante Adaptionsrate von sogenannten Smart Speaker und Sprachassistenten auch im Jahr 2018 den Markt antreiben. Deutsche Konsumenten sind gegenüber der Sprachsteuerung bereits sehr aufgeschlossen. Besonders bei den mittleren Altersgruppen von 25 bis 44 Jahre ist das Interesse beachtlich. Über die Hälfte bewerten die Bedienung des Smart Home über Sprachassistenten als sehr wichtig oder wichtig. Während Smartphone, Tablet und PC/Laptop weiterhin die bevorzugten Steuergeräte für darstellen, sind die Sprachassistenten von Apple, Google und Amazon derzeit in aller Munde. Neben den großangelegten Produktoffensiven der beiden Hauptakteure Amazon und Google auf der CES am Jahresanfang, hat auch die Deutsche Telekom auf der IFA 2018 einen eigenen Smart Speaker inklusive Sprachassistent vorgestellt. Zusätzlich dazu nimmt die Anzahl der von Sprachassistenten unterstützten Produkte rapide zu. Damit wird sich der Kampf ums vernetzte Zuhause weiter verschärfen.

Smart Home ist schon seit einiger Zeit möglich, aber aus Sicht der meisten Konsumenten gibt weiterhin zwei große Hürden: Es ist zu kompliziert und zu teuer. Wer als Anbieter in der aktuellen Marktphase erfolgreich sein will muss dafür Lösungen finden und sich an vier Erfolgsfaktoren im Smart Home Markt orientieren:

  • Komplexität verringern – Konsumenten wollen vor allen Komfort, klare Mehrwerte und einfache Produkte, die diesen Nutzen klar adressieren (Mähroboter).
  • Preise reduzieren – das kaufentscheidende Kriterium für die Mehrheit der interessierten Kunden, deren Zahlungsbereitschaft in den nächsten Jahren weiter zurückgehen wird (vgl. Ikea).
  • Kommunikation beleben – weniger Technik, mehr Emotionen und Lifestyle in den Fokus der Marketingkommunikation rücken und hierbei auf Social Media setzen (siehe #HowHiveHelps bei Twitter).
  • Positionierung schärfen – Angesichts der Produktoffensive von Amazon und Google müssen Anbieter ihre Alleinstellungsmerkmale stärker herausstellen und ihre Angebote klar abgrenzbaren Marktsegmenten zuordnen (Thermostate, Lautsprecher oder Leuchten).

* David B. Hofmann ist geschäftsführender Partner bei mm1 und Leiter der Consumer IoT Practice in Stuttgart.

(ID:45534031)