Roboter mit 1260 künstlichen Hautzellen
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Bereits vor zehn Jahren hat ein Wissenschaftler sechseckige Hautzellen entwickelt, die aber erst jetzt als Haut für einen Roboter dienen. Der menschengroße Roboter H-1 ist mit 1260 solcher Zellen ausgestattet und kann damit seine Umgebung wahrnehmen.

Mit künstlicher Haut sollen Roboter in die Lage versetzt werden, ihre Umgebung wahrzunehmen, sogar Schmerz zu spüren. Forscher der TU München haben eine künstliche Haut entwickelt, die sich aus sechseckigen Zellen zusammensetzt, die etwa die Größe einer Zwei-Euro-Münze haben. Jede einzelne Zelle ist mit einem Mikroprozessor und Sensoren ausgestattet, um Berührung, Beschleunigung, Annäherung und Temperatur zu messen. Damit sollen Roboter ihre Umgebung detaillierter und feinfühliger wahrnehmen.
Die Geschichte der sechseckigen Hautzellen von Prof. Gordon Cheng reicht zehn Jahre zurück. Doch das volle Potenzial seiner Entwicklung entfaltet sich erst jetzt. Denn das größte Problem von Roboterhaut war bislang mangelnde Rechenkapazität. Die menschliche Haut hat rund fünf Millionen Rezeptoren. Will man die Daten aus Sensoren in künstlicher Haut permanent auswerten, werden schnell Grenzen deutlich. Bisherige Systeme waren schon mit Daten aus einigen Hundert Sensoren ausgelastet.
Weniger Rechenaufwand der Hautzellen
Um dieses Problem zu lösen, haben Gordon Cheng und sein Team einen NeuroEngineering-Ansatz gewählt. Sie überwachen Hautzellen nicht permanent, sondern nutzen ein sogenanntes ereignisbasiertes System. So lässt sich der Rechenaufwand um bis zu 90% reduzieren. Der Trick: Einzelne Zellen geben Informationen ihrer Sensoren nur weiter, wenn Messwerte sich ändern. Unser Nervensystem arbeitet ähnlich. Beispielsweise spüren wir einen Hut in dem Moment, in dem wir ihn aufsetzen, gewöhnen uns aber schnell an ihn. Da es keine Notwendigkeit gibt, den Hut permanent zu beachten, werden wir erst wieder auf ihn aufmerksam, wenn er uns vom Kopf weht. Unser Nervensystem kann sich dadurch auf neue Eindrücke konzentrieren, auf die der Körper reagieren muss.
1260 Zellen mit 13.000 Sensoren
Durch den ereignisbasierten Ansatz konnte erstmals ein menschengroßer autonomer, nicht auf externe Berechnungen angewiesener, Roboter mit künstlicher Haut ausgestattet werden. Der Roboter H-1 ist mit insgesamt 1260 Zellen und dementsprechend mehr als 13.000 Sensoren an Oberkörper, Armen, Beinen und sogar auf den Fußsohlen ausgestattet, die für ein neues „Körpergefühl“ sorgen. Beispielsweise hilft die Haut auf den Fußsohlen H-1, auf Unebenheiten im Boden zu reagieren und sogar auf einem Bein zu balancieren.
Durch die Haut ist H-1 in der Lage, einen Menschen sicher zu umarmen. Das ist weniger trivial als es klingt: Roboter können Kräfte ausüben, die Menschen schwer verletzen würden. Bei Umarmungen hat ein Roboter an vielen verschiedenen Punkten Kontakt mit einer Person und muss aus diesen komplexen Informationen sehr schnell die richtigen Bewegungen und den passenden Kraftaufwand berechnen. „In der Industrie mag das weniger wichtig sein, aber in Bereichen wie der Pflege müssen Roboter auf einen sehr engen Kontakt mit Menschen ausgerichtet sein“, erklärt Gordon Cheng.
Kleinere Hautzellen in größeren Mengen
Das Roboterhaut-System von Gordon Cheng ist zudem besonders robust und variabel. Da die Haut nicht aus einem Stück, sondern aus Zellen besteht, ist sie auch dann noch funktionstüchtig, wenn einzelne Zellen ausfallen. „Unser System ist darauf ausgerichtet, problemlos und schnell mit allen möglichen Robotertypen zu funktionieren“, sagt Gordon Cheng. „Jetzt arbeiten wir daran, kleinere Hautzellen zu entwerfen, die in Zukunft in größeren Mengen hergestellt werden können.“
Sensible Haut für den Roboter (Video)
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