EP Basics: Schwingquarze Quarzoszillatoren: Entstehung, Funktionsweise und Spezifikation
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In der Kommunikationstechnik und digitalen Schaltungen sind Quarzoszillatoren heute unverzichtbar. Dieser Grundlagenbeitrag gibt einen Überblick zu Entstehung, Funktionsweise und Spezifikation.

Oszillatoren nutzen die mechanische Resonanz eines piezoelektrischen Materials, in den meisten Fällen eines Quarzkristalls, um ein Taktsignal mit stabiler Frequenz in Form einer logikkompatiblen Rechteckschwingung zu erzeugen. Das so erzeugte Signal synchronisiert die anderen elektronischen Bauteile eines Systems und ist damit existenziell wichtig für ein einwandfrei funktionierendes Endprodukt. „Frequency Control Products“, also frequenzgebende Produkte wie Schwingquarze und Oszillatoren, werden heute für die Mehrzahl der Schaltungen benötigt und mit wachsender Technologisierung kommen nahezu täglich neue Anwendungen und Einsatzmöglichkeiten hinzu.
Der erste Quarzoszillator wurde vor 100 Jahren erfunden
Das piezoelektrische Phänomen – also die Fähigkeit eines Materials, durch angelegten Druck eine Spannung zu erzeugen – wurde erstmals 1880 von den Brüdern Jacques und Pierre Curie entdeckt. Dies legte die Grundlage für die Entwicklung des ersten Kristalloszillators, zuerst noch unter Verwendung von Kristallen des Rochellesalzes, im Jahre 1917 durch Alexander M. Nicholson in den berühmten Bell Telephone Laboratories. Der erste Quarzoszillator wurde dann im Jahr 1921 von Walter Guyton Cady erfunden.
Das Herzstück bildet hier der Schwingquarz, welcher durch den piezoelektrischen Effekt in Schwingung versetzt wird. Wird ein elektrischer Impuls über die aufgedampften Elektroden an das Quarzplättchen (Silicziumdioxid, SiO₂) gelegt, verformt sich die Kristallgitterstruktur. Dies wiederum hat eine Ladungsverschiebung zur Folge, die ihrerseits ein elektrisches Signal (Spannung) bewirkt. Verstärkt durch einen Inverter (Rückkopplung) fängt der Quarz unter bestimmten Bedingungen an, auf seiner Resonanzfrequenz zu schwingen. Die Frequenz wird dabei maßgeblich durch Größe, Dicke und Form des Quarzkristallblättchens, auch Blank genannt, sowie den Materialkonstanten bestimmt.
Quarzoszillatoren in der Radiotechnik
In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts führte die Erfindung des Radios und deren zunehmende Verwendung sowie der flächendeckende Aufbau von Radiosendern zu einer kommerziellen Nachfrage nach diesen Quarzoszillatoren. Bevor Quarze verwendet wurden, kontrollierten Radiosender ihre Frequenz mit abgestimmten Schaltkreisen, welche die Frequenz leicht um 3 bis 4 kHz absenken konnten. Sendern wurden Frequenzen zugewiesen, die aber nur 10 kHz voneinander entfernt waren, sodass es aufgrund von Frequenzdrift häufig zu Überlappungen zwischen den Sendern kam.
Quarzoszillatoren lösen das Problem des Frequenzdrifts
Dank der hervorragenden Frequenzstabilität der nun eingesetzten quarzbasierenden Oszillatoren wurde das Problem des Frequenzdrifts zwischen den Stationen gelöst und ein besseres Hörerlebnis ermöglicht. Mit dem Beginn des digitalen Zeitalters in den 1950er Jahren stieg die Nachfrage drastisch an, und ein kommerzielles Verfahren zur Züchtung synthetischer Quarze musste her. Dieses wurde schließlich ebenfalls von Bell Laboratories entwickelt und ermöglichte es, die enorme Nachfrage nach Quarzen für den Einsatz in Oszillatorschaltungen zuverlässig zu decken.
Die Entstehung des Herzstücks des Quarzoszillators
Bis heute sind die künstlich erzeugten Quarze die häufigste Basis für Oszillatoren. Mittels Hydrothermalsynthese erfolgt die Quarzzucht aus einer wässrigen Lösung in großen Autoklaven bei Temperaturen zwischen 350 und 400 °C und Druck zwischen 100 und 120 MPa. Als Nährstoff werden natürliche Quarzsteine verwendet, die sich unter diesen Bedingungen langsam auflösen.
Aufgrund des Temperaturdifferenzials, das in den Autoklaven aufrechterhalten wird, fließt die so entstandene Lösung in die Wachstumszone des Autoklavs, um dort zu reinen Quarzen heranzuwachsen. Mit dieser Methode lassen sich perfekt gezüchtete Quarzkristalle von hoher Reinheit und Qualität erzeugen, die sich auch für modernste Anwendungen eignen.
Lage der X/Y/Z-Achsen mit Röntgengerät ermitteln
Der entstandene Quarzbarren wird anschließend in Wafer geschnitten. Dafür muss zuerst die Lage der X/Y/Z-Achsen, mit Hilfe eines Röntgengerätes ermittelt werden. Da die Temperaturstabilität des Quarzes durch den Schnittwinkel beeinflusst wird, ist eine präzise Schnittführung von besonderer Bedeutung. Neunzig Prozent aller Quarze werden mit dem so genannten AT-Schnitt gefertigt. Dabei wird der Quarz in einem Winkel von 35° 15‘ zur Z-Achse des ursprünglichen Barrens geschnitten.
Schneiden der Rohquarzbarren
Zum Schneiden der Rohquarzbarren werden spezielle Mehrblattsägen verwendet, die mit einem Laser-Refraktometer in Verbindung mit einer Befestigungs- und Klebevorrichtung ausgestattet sein können. Die Quarzbarren lassen sich damit, mit gegeneinander ausgerichteten kristallografischen Winkeln, zusammenkleben und dann in Endprodukte mit Abweichungen von etwa 10 Winkelsekunden (ein 360stel Grad) schneiden.
Die Temperaturkurve von AT-Schnittquarzen entspricht in etwa y = x³. Abweichungen des Schnittwinkels wirken sich dabei auf den Verlauf der Kurve und die Frequenzstabilität des Endprodukts aus.
Produzieren, dann kontrollieren und schließlich sortieren
Um Quarze zu gewinnen, die den hohen Anforderungen in Bezug auf die Winkelgenauigkeit entsprechen, müssen größere Mengen produziert werden, die dann später kontrolliert und sortiert werden. Quarze, die dabei aus der Toleranz fallen, werden für andere Anwendungen mit breiter gefassten Spezifikationen genutzt. Quarzfabriken haben deshalb häufig eine ganze „Bibliothek“ von Quarzscheiben (sog. Blanks) vorrätig.
Einstellen der gewünschten Resonanzfrequenz
Sind die Blanks gefertigt, muss die Frequenz eingestellt werden, mit welcher der Quarz schwingen soll. Sie ist umgekehrt proportional zur Masse des Quarzes. Bei Blanks im AT-Schnitt beträgt die Schwingfrequenz der Teile etwa 1680 geteilt durch die Dicke in Millimeter. Ein 10-MHz-Quarz muss beispielsweise geschliffen, geläppt, geätzt und poliert werden, bis die Dicke bei etwa 0,168 mm liegt.
Bei jedem Verarbeitungsschritt können Absplitterungen, Risse, Kratzer oder Parallelitätsverlust auftreten, die zu Fehlfunktionen des Endprodukts führen und Störsignale oder unter bestimmten Umständen plötzliche Frequenzänderungen verursachen können. Typischerweise beträgt die höchste noch für die praktische Anwendung herstellbare Grundfrequenz etwa 40 MHz. Allerdings gibt es eine Reihe von Techniken, mit denen sich auch höhere Frequenzen erzeugen lassen.
Quarz mit höheren Frequenzen betreiben
Eine Methode ist, den Quarz mit einem Oberton seiner Grundfrequenz zu betreiben. Wie bei allen Schwingsystemen gibt es harmonische Schwingungen mit ungeraden Vielfachen des Grundmodus. Wird die Oszillatorschaltung durch einen geeigneten Filter ergänzt, der die Grundfrequenz unterdrücken kann, so lässt sich ein Betriebsmodus mit höherer Frequenz erzeugen. Hierbei muss bedacht werden, dass die Stabilität, mit jedem weiteren Obertonmodus, geringer und damit die Schaltung anfälliger wird.
Auch mittels einer Multiplikator-Schaltung lässt sich eine Hochfrequenzschaltung aus einem niederfrequenten Quarz herstellen. Das Problem dabei ist, dass solche Schaltungen einen höheren Stromverbrauch und eine deutlich längere Anschwingdauer besitzen und sich überdies ungünstig auf das Rauschverhalten auswirken. Um Frequenzen bis zu 800 MHz zu erreichen, werden bei den meisten Standard-Quarzoszillatoren optimierte Schaltungen verwendet, die beide Methoden nutzen.
Der lange Weg zum Quarzoszillator
Der Schwingquarz allein dient einzig zur Festlegung der verwendeten Frequenz. Um eine quarzbasierte Oszillatorschaltung (vereinfacht Quarzoszillator) darzustellen, muss dieser entsprechend beschaltet werden. Die Schwingung wird in einer Quarzoszillatorschaltung aufrechterhalten, indem das vom sogenannten Quarzresonator aufgenommene Spannungssignal verstärkt und per Rückkopplung an den Resonator zurückgeführt wird. Der Resonator besteht aus zwei elektrisch leitenden Platten, zwischen denen sich ein Quarz-Blank befindet.
Durch einen Steuerungsschaltkreis wird ein Feld erzeugt, das den Quarz in ein instabiles Gleichgewicht bringt und somit die Oszillation in Gang setzt. Durch die positive Rückkopplung im System wird jedes Signal verstärkt und die Oszillation erhöht. Dabei wirkt der Resonator wie ein Frequenzfilter, der nur für ein sehr schmales Frequenzband um die Eigenfrequenz des Quarzes durchlässig ist.
Umweltfaktoren beeinflussen die Resonanzfrequenz
Die Resonanzfrequenz eines Quarzes kann durch Umweltfaktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit, Druck und Vibration beeinflusst werden. Um die Wirkungen solcher Faktoren zu minimieren, haben die Hersteller in den vergangenen Jahrzehnten temperaturkompensierte und temperaturstabilisierte Quarzoszillatoren (sogenannte TCXO bzw. OCXO) entwickelt, die eine hohe Signalstabilität gewährleisten, um den heutigen technologischen aber auch kommerziellen Anforderungen des Marktes zu genügen.
MEMS-Oszillatoren werden immer beliebter
Neben den seit Jahren bewährten quarzbasierten Oszillatoren gibt es mittlerweile immer mehr MEMS-basierende Alternativen, die auf den Markt drängen und um die Gunst der Entwickler werben. Bei einem MEMS-Oszillator wird anstelle des Schwingquarzes ein MEMS-Resonator aus Polysilizium eingesetzt, das im Gegensatz zu Quarz nicht piezoelektrisch ist. Stattdessen basiert der Resonator auf einer mechanischen Struktur, die im speziellen Halbleiterprozess auf einem Silizium-Wafer hergestellt wird.
Die Seitenwände der MEMS-Resonatorstruktur bilden eine Kapazität gegenüber den äußeren feststehenden Elektroden. Durch ein elektrisches Feld wird die nur 250 µm große Resonatorstruktur zum Schwingen angeregt. MEMS-Oszillatoren arbeiten immer mit einer indirekten Frequenzerzeugung. Dazu verfügt der Oszillator-ASIC über eine programmierbare PLL, die Ausgangsfrequenzen beispielsweise im Bereich von 1 bis 150 MHz bei einer Schrittweite von typischerweise 100 Hz generiert.
MEMS-Oszillatoren eignen sich für Standardanwendungen
MEMS-Oszillatoren sind, wie die altbewährten quarzbasierten Oszillatoren, problemlos für die meisten Standardanwendungen geeignet. Jedoch ist zu beachten, dass sie ein vergleichsweise hohes Phasenrauschen und einen höheren Jitter aufweisen können. Wird die Frequenz eines Oszillators, wie bei MEMS üblich, mithilfe einer PLL erzeugt, hat das Ausgangssignal meist höhere Werte für Jitter bzw. Phasenrauschen als bei direkter, ausschließlich quarzbasierter Frequenzerzeugung. Andererseits können MEMS-Oszillatoren mit einer geringeren Anfälligkeit gegenüber elektromagnetischen Störungen und einer sehr hohen Vibrationsfestigkeit von bis zu 10.000 g und mehr überzeugen.
Diese Vibrationsbeständigkeit von MEMS-Oszillatoren ist dadurch bedingt, dass die Masse eines MEMS-Resonators ungefähr 1000- bis 3000-mal niedriger ist als die Masse eines Quarzresonators. Dies bedeutet, dass eine gegebene Beschleunigung durch Schock oder Vibration, bei einer MEMS-Struktur zu einer viel geringeren Kraft als bei einem quarzbasierten Resonator führt und daher eine viel niedrigere Frequenzverschiebung hervorgerufen wird. Die hohe mechanische Belastbarkeit ist der wesentliche Vorteil der MEMS-Oszillatoren. Durch diese Eigenschaft sind MEMS-Oszillatoren konstruktionsbedingt besser geeignet für Anwendungen in rauer Umgebung, mit hohen Schock- und Vibrationsbelastungen, als viele Quarzoszillatoren.
Herkömmliche Quarzoszillatoren mit sehr guter Kurzzeitstabilität
Im Gegensatz zu MEMS-basierten Oszillatoren, zeichnen sich herkömmliche Quarzoszillatoren durch Ihre sehr gute Kurzzeitstabilität (10 - 9 bis 10 - 11) sowie ein geringes Phasenrauschen und geringeren Jitter aus. Langjährige Erfahrungen zeigen, dass bei qualitativ hochwertigen Quarzoszillatoren in Bezug auf Langzeitstabilität, Alterungsverhalten und Zuverlässigkeit nicht mit nennenswerten Abweichungen zu rechnen ist. Sie eignen sich daher unter anderem hervorragend für viele Anwendungen in der Telekommunikation, Datenübertragung, Audio und Messtechnik.
Auf die korrekte Spezifizierung kommt es an
Sowohl der Auswahl- als auch der Beschaffungsprozess des richtigen Taktgebers gerät leider oftmals in den Hintergrund, was dazu führt, dass meist in letzter Minute, frei nach dem Motto „mit Basteln zum Erfolg“, unter Zeitdruck ein passendes Bauteil ausgewählt wird. Leider ist diese Methode nur in den seltensten Fällen tatsächlich von Erfolg gekrönt.
Wenn dann beispielsweise die benötigte Frequenz nicht in der gewünschten Bauform erhältlich ist, können meist umständliche und kostenintensive Anpassungen der Schaltung notwendig werden. Es gilt, ein zuverlässig funktionierender Taktgeber will gründlich und ausreichend spezifiziert sein, damit am Ende das optimale frequenzgebende Bauteil ausgewählt und verwendet werden kann.
Anforderungen an die Oszillatoren
Für die meisten eher preissensitiven Anwendungen werden die Anforderungen an die Oszillatoren im Wesentlichen durch die Bauform, die Frequenz, die Stabilität, den Stromverbrauch, das benötigte Ausgangssignal und den gewünschten Arbeitstemperaturbereich bestimmt. Anwendungen wie beispielsweise Messgeräte, Satellitennavigation, Avionics, Telekommunikation sowie andere höchstanspruchsvolle Anwendungen haben aber noch wesentlich höhere Anforderungen an die verbauten Oszillatoren – darunter eine sehr gute Stabilität, geringstes Phasenrauschen, gegebenenfalls eine sehr geringe Vibrationsempfindlichkeit und eine lange Lebensdauer.
Hierfür muss der im Oszillator verwendete Quarz über verbesserte Alterungseigenschaften verfügen, um so eine entsprechende Gesamtleistung erzielen zu können. Um dem anfänglichen Alterungseffekt entgegenzuwirken, durchlaufen alle Oszillatoren einen künstlichen Alterungsprozess, das sogenannte Pre-Aging. Ihre endgültige Stabilität erreichen die Oszillatoren damit erst nach einigen Tagen Betrieb.
Oszillatoren als optimale Komplettlösung
Auch für günstigere Anwendungen gelten fertige Oszillatoren inzwischen immer häufiger als bevorzugte Frequenzgeber, bieten sie dem Entwickler doch eine werksseitig optimal abgestimmte Komplettlösung. Sämtliche für eine Oszillatorschaltung benötigten Komponenten sind in einem kompakten Gehäuse vereint und optimal aufeinander abgestimmt. Die Anschwingsicherheit ist immer gewährleistet und im Vergleich zu einer Oszillatorschaltung mit Quarz und diskreten Bauteilen entfällt die aufwendige Abstimmung zur Optimierung der Schaltung. Das bedeutet für den Anwender vereinfachte und verkürzte Entwicklungszyklen und somit meist auch massive Einsparungen.
Unterstützung von Anfang an
Unterstützung bei der Auswahl der perfekten Lösung für Ihre Anwendung geben die Experten bei WDI. Sie begleiten die Entwicklung von Anfang an und führen den Anwender schon beim Design-In zielsicher zum richtigen Produkt.
* Hendrik Nielsen ist Technical Sales Specialist FCP bei der WDI AG in Wedel bei Hamburg.
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