Gesponsert
Power Design Leistungselektronik: Den Nennströmen auf der Spur
Der „Nennstrom“ ist in Leistungselektronik-Anwendungen ein umstrittener Punkt. Der Artikel geht der Frage nach, was Hersteller angeben sollten und was Entwickler anwenden können.
Gesponsert von

Trotz der Bemühungen einiger Hersteller von passiven magnetischen Komponenten ist der Begriff „Nennstrom“ in der Leistungselektronik weiterhin ein umstrittener Punkt. Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, wie Hersteller ihn angeben sollen und wie Entwickler ihn anwenden können. Ist der „Nennstrom“ ein absoluter Parameter? Sind Nennstromwerte von verschiedenen Herstellern direkt vergleichbar? Die Antwort auf diese Fragen ist nein. Einige Hersteller ziehen sogar Nutzen aus diesen Missverständnissen und bleiben absichtlich vage bei der Angabe ihrer Messmethode zur Ermittlung der Nennstromwerte, um vermeintlich günstige Ergebnisse zu erzielen.
Wie wird der Nennstrom gemessen?
Vereinfacht gesagt, wird Gleichstrom durch das Bauteil geleitet und der wärmste Teil der Induktivität gemessen. Die Messung erfolgt, nachdem sich die Temperatur des Bauteils stabilisiert hat, danach wird die Temperaturdifferenz zur Umgebungstemperatur erfasst. Die Messung beginnt mit einem kleinen Gleichstromwert, der schrittweise erhöht wird, wenn die Temperatur des Bauteiles sich stabilisiert hat. Das führt letztendlich zu einem Temperatur-Strom-Diagramm.
Jedoch können die Details der Messmethode das Ergebnis der Messung stark beeinflussen: Betrachten wir den Fall eines zusätzlichen Luftstroms, eine Konvektion über dem Bauteil. Dies würde den Wärmewiderstand des Bauteils zur Umgebung reduzieren und damit die Verlustenergie erhöhen, welche über die Oberfläche abgeführt werden kann. Die Maßnahme würde den Nennstrom des Bauteils erhöhen. Ob während der Messung eine zusätzliche Konvektion verwendet wurde, wird meist in den Datenblättern nicht angegeben, was Zweifel daran aufkommen lässt, ob die oftmals erhöhten Nennstromwerte der Bauteile verschiedener Hersteller vergleichbar sind.
Ein weiterer Faktor, der einen Einfluss auf den Temperaturanstieg der Induktivität hat, sind die Abmessungen der Leiterbahnen, auf denen die Prüflinge aufgelötet sind. Eine größere Querschnittsfläche der Leiterbahnen spiegelt sich in einem geringeren thermischen Widerstand wider. Breitere und höhere Leiterbahnen reduzieren zum einen den thermischen Wärmewiderstand zum Prüfling, zum anderen wird die Wärmeabführung durch Konvektion über die Leiterbahnoberfläche bei größeren Abmessungen erhöht. Alle diese Informationen sind in den Datenblättern oftmals nicht spezifiziert und lassen Raum für Interpretationen durch den Entwickler.
Was bedeutet das für den Nennstrom?
Mit den aufgezeigten Maßnahmen können die Nennstromwerte so „erfasst" werden, dass sich potenziell bemerkenswerte thermische Eigenschaften und erstaunliche Leistungsfähigkeiten der Bauelemente ergeben. Es bedeutet aber auch, dass der Elektronikentwickler Bauteile anhand nicht vergleichbarer Daten auswählt.
Mit diesem Dilemma sah sich die Halbleiterindustrie schon vor einigen Jahrzehnten konfrontiert, als es für die Entwickler immer schwieriger wurde, ICs direkt zu vergleichen. Aus diesem Grund begannen Verbände wie JEDEC, Messverfahren und die Darstellung der thermischen Leistung zu standardisieren. Was die Standardisierung brachte, war Transparenz und Vergleichbarkeit.
Thermische Eigenschaften konnten nicht mehr manipuliert werden, um sie zu Marketingzwecken zu missbrauchen. Aufgrund der vielfältigen Formen von Leistungshalbleitern dauerte es jedoch einige Jahre, bis sich ein Bedarf für die Standardisierung des Nennstroms abzeichnete.
Wie misst WE den Nennstrom von Leistungsinduktivitäten?
Als einer der ersten Hersteller implementierte Würth Elektronik eiSos die Norm IEC 62024-2:2020 und bringt so ein neues Maß an Vertrauen und Transparenz in die Nennstromwerte von Leistungsinduktivitäten und zeigt, dass es keine Form der Manipulation oder Fehlinterpretation bei der Messung oder Berichterstattung gibt.
Das verwendete Verfahren basiert auf Abschnitt 6 der Norm IEC 62024-2:2020. Die Testleiterplatte befindet sich in einem Kasten mit einer Seitenlänge von etwa 200 mm und hat keinen direkten Kontakt mit den Seitenwänden. Es findet nur natürliche Konvektion statt, es wird keine zusätzliche Konvektion auf die Testleiterplatte angewendet. Im Unterschied zur Norm wird bei Würth Elektronik während der Messung anstelle des Temperaturfühlers eine hochpräzise Infrarotkamera verwendet, um Messfehler zu eliminieren.
So wird der heißeste Außenbereich des Kerns gemessen. Die Schrittweite der Stromerhöhung durch das Bauteil erfolgt, wenn sich die Temperatur im Prüfling auf jeweils weniger als 1°C pro Minute stabilisiert hat.
Aufgrund der unterschiedlichen Größen und Bauformen des Bauelemente-Portfolios werden verschiedene Leiterplatten verwendet, die jedoch in erster Linie den Vorgaben des Abschnitts 6.3 der Norm (Bild 1) folgen. Bei Leiterplatten der IEC IClass A ist die Leiterbahnbreite in Abhängigkeit vom Nennstrom unterschiedlich (Tabelle 1).
Unabhängig von der verwendeten Leiterplatte sollte beachtet werden, was die Nennstromwerte auf den Datenblättern tatsächlich darstellen. Die Werte sollen einen groben Anhaltspunkt für den verwendbaren Strombereich geben und als Parameter für den Vergleich mit anderen Leistungsinduktivitäten dienen. Die thermischen Eigenschaften einer Leistungsinduktivität werden von vielen Faktoren beeinflusst, sodass es unmöglich ist, das Verhalten in der Zielanwendung zu charakterisieren.
Was es mit dem Performance Rated Current auf sich hat
Bei einigen Leistungsinduktivitäten kann im Datenblatt ein zusätzlicher Nennstrom angegeben sein, der als Performance Rated Current (IRP) bezeichnet wird.
Dies ist der Nennstrom des Bauteils, der auf einer IClass C- oder IClass D-Leiterplatte gemessen wurde. Warum werden hier IClass C- und IClass D-Leiterplatten für den Test des Nennstroms verwendet?
Wie bereits erwähnt, erhöhen ein größerer Leiterbahnquerschnitt und eine größere Leiterbahnfläche die Wärmeableitung, was zu höheren Nennstromwerten führt. Im Wesentlichen sollen damit hier die Effekte der Verwendung von Multilayer-Leiterplatten, Kühlkörpern und zusätzlicher Konvektion nachbilden, die zunehmend von Elektroingenieuren genutzt werden. Dies macht sich besonders bei Anwendungen im Bereich Automotive und E-Mobility bemerkbar.
Die Messergebnisse kurz zusammengefasst
Betrachten wir das Bauteil WE-LHMI (744 373 460 68), das einen Nennstrom von 3,4 A und einen Perfromance Rated Current von 4,45 A (Bild 2) hat, gemessen auf einem WE Legacy-System bzw. nach IClass C. Die Verwendung des Bauteils auf einer 5 mm breiten Leiterbahn mit dem Nennstrom führt zu einem Temperaturanstieg von 49 K (Bilder 2 und 3b), was deutlich innerhalb der Betriebstemperatur des Bauteils liegt.
Wenn die Anwendung aus Gründen des Wärmemanagements eine zusätzliche Konvektion beinhaltet, führt das nur zu einem Temperaturanstieg von 19,5 K (Bilder 2 und 3c).
Obwohl dies in einigen Anwendungen erstrebenswert sein kann, gibt es offensichtlich einen weiten Bereich an thermischen „Spielraum“. Wenn der Leistungsnennstrom von 4,45 A durch das Bauteil über eine 5 mm breite Leiterbahn mit zusätzlicher Konvektion geleitet wird, beträgt der Temperaturanstieg bereits 34 K (Bild 3e)!
Dieser Vergleich zeigt, wie der Parameter Leistungsnennstrom (IRP) die Anwendungsbedingungen nachahmt, bei denen „Wärmemanagement-Methoden“ eingesetzt werden. In der Tat könnte die Induktivität in diesem Szenario mit noch höheren Strömen betrieben werden, solange der Strom unter dem für die jeweilige Anwendung zulässigen Induktivitätsabfall (ISAT) liegt.
Es zeigt auch, dass IR und IRP Kennparameter sind, die bei der Auswahl von Induktivitäten vor dem Prototyping verglichen werden können und als Richtwerte dienen. Es ist zu beachten, dass dies Basisparameter sind, die nur bei Gleichstrom und ohne zusätzliche wärmeerzeugende, benachbarte Komponenten auf der Leiterplatte, gelten.
Unter realen Bedingungen müssten auch AC-Verluste und die thermischen Auswirkungen der umgebenden Komponenten berücksichtigt werden. Die tatsächlichen Temperaturerhöhungen in den Endanwendungen werden je nach den Bedingungen erheblich variieren.
(ID:47431292)