Analyse IC-Markt: China verliert Marktanteile
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Der Anteil chinesischer IC-Hersteller am Halbleiter-Gesamtmarkt ist 2021 auf vier Prozent gesunken. Damit rückt die angestrebte Chipautarkie für das Riesenreich in die Ferne. Doch auch Europa muss sich strecken, um die angepeilten Ziele zu erreichen.

Glaubt man etlichen Jubelmeldungen aus China, steht das „Reich der Mitte“ kurz davor, den globalen Halbleitermarkt zu vereinnahmen – oder zumindest sich selbst mit wichtigen Hightech-Chips versorgen zu können. Schließlich wird immer wieder betont, wie erfolgreich China auf dem Weg zur Chipautarkie agiert und wie die Umsätze der heimischen Chiphersteller durch die Decke gehen. Und ausgelöst wurden diese Bestrebungen natürlich durch die vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verhängten – und von der aktuellen US-Administration weitergeführten – Sanktionen gegen das Riesenreich. Soweit das hinlänglich bekannte Narrativ.
Ein differenzierter Blick auf die Entwicklungen im Halbleitermarkt tut Not.
Fakt ist: Solange China nicht dem Beispiel Russlands folgt und versucht, sich womöglich mit militärischer Gewalt Taiwan inklusive seiner weltweit führenden Hightech-Chipindustrie einzuverleiben, wird das „Reich der Mitte“ auf absehbare Zukunft weiter abhängig bleiben von Halbleiterlieferungen aus dem Westen und von anderen asiatischen Herstellern.
US-Chiphersteller beherrschen den Markt
Das unterstreicht unter anderem die neuste Analyse von Marktbeobachter IC Insights. Wie das noch nicht veröffentlichte Quartals-Update des „McClean Report 2022“ von IC Insights bestätigt, bestimmen Halbleiterhersteller mit Hauptsitz in den USA nach wie vor das Geschehen im IC-Gesamtmarkt. Demnach hatten US-Unternehmen im Jahr 2021 einen Anteil von 54 Prozent am gesamten weltweiten IC-Markt. 47 Prozent am gesamten Umsatz machen dabei US-Firmen, die eigene Wafer-Fabriken (Fabs) betreiben (IDM, Integrated Device Manufacturer) – zum Beispiel Intel oder Micron.
Einen noch größeren Anteil, nämlich 68 Prozent, haben nach Berechnungen der Auguren sogenannte Fabless-Hersteller, also Chipentwickler wie Qualcomm, Nvidia oder AMD, die selbst keine Fabriken unterhalten und beispielsweise beim größten Auftragsfertiger TSMC oder auch Globalfoundries produzieren lassen. Nach Qualcomm ist Nvidia tatsächlich mittlerweile der zweitgrößte Fabless-IC-Hersteller weltweit, AMD belegt nach der neusten TrendForce-Analyse aktuell Platz 5.
Auf Platz 2 in der Gesamtbetrachtung nach Regionen folgen südkoreanischen Unternehmen wie Samsung mit einem Anteil von 22 Prozent. Auf taiwanesische Unternehmen entfielen aufgrund ihrer Verkäufe von Fabless-ICs 9 Prozent der weltweiten IC-Verkäufe, während der Anteil der europäischen und japanischen Anbieter bei 6 Prozent lag. Analysen anderer Experten, etwa vom ZVEI, sehen Europas Anteil 2021 eher bei 8 Prozent. Taiwanesische Unternehmen hatten die europäischen Hersteller beim Marktanteil in der IC-Branche erst im Jahr 2020 überholt.
Japan und Südkorea schwach bei Fabless-ICs
Laut IC Insights haben die südkoreanischen und japanischen Unternehmen eine äußerst schwache Präsenz im Segment der Fabless-ICs, während die taiwanesischen und chinesischen Unternehmen einen sehr geringen Anteil am IDM-Teil des IC-Marktes erreichen. Insgesamt weisen einmal mehr Unternehmen mit Hauptsitz in den USA die größte Ausgewogenheit in Bezug auf den Marktanteil der IDM-, der Fabless- und somit der gesamten IC-Branche auf.
Seit Anfang der 1990er Jahren verlieren japanische Hersteller Marktanteile am IC-Absatz. Diese Entwicklung hat sich laut IC Insights 2021 fortgesetzt. 1990 kam fast die Hälfte aller weltweit verkauften Chips aus Japan. Innerhalb von 30 Jahren ist dieser Anteil auf nur noch 6 Prozent im letzten Jahr gesunken. Auch europäische Hersteller haben über diesen Zeitraum Federn lassen müssen. Und während chinesische Halbleiterhersteller in den letzten Jahren Boden gutmachen konnten, ist ihr Marktanteil 2021 um einen Prozentpunkt auf lediglich vier Prozent gesunken.
Europa ist erwacht und startet Aufholjagd
Angesichts der Anstrengungen beispielsweise der Europäischen Union, mithilfe des EU Chips Act den Anteil von in Europa hergestellten Chips signifikant zu erhöhen, sieht sich China zudem einer erstarkenden Konkurrenz gegenüber. Dass die Bemühungen Früchte tragen, zeigt die Übereinkunft mit Chipriese Intel für den Auf- und Ausbau eines über mehrere europäische Länder verteilten Forschungs-, Entwicklungs-, Design- und Produktionsnetzwerks für Halbleiterchips, dessen Nucleus das neue Intel-Chipzentrum im deutschen Magdeburg werden wird.
Ob die EU tatsächlich das selbstgesteckte Ziel erreicht, in knapp zehn Jahren den eigenen Anteil am Chipmarkt auf 20 Prozent zu steigern, sei dahingestellt. Schließlich wären dafür überproportional hohe Wachstumsraten deutlich über dem Niveau des Gesamtmarktes erforderlich. Klar ist jedoch, dass man nicht mehr tatenlos zusehen will, wie Produktionskapazität weiterhin nach Asien abwandert.
Hinzu kommt: Bei den wichtigen Leistungshalbleitern führen europäische Hersteller wie Infineon oder Bosch das globale Feld mit Abstand an. Und sie bauen ihre Position durch hochmoderne Fabs etwa im österreichischen Villach, im malaysischen Kulim oder in Dresden aus.
Auch Toshiba baut eine neue 300-mm-Fab für Leistungshalbleiter. Diese Beispiele verdeutlichen, dass China seinen Anteil am Chipmarkt auch auf diesem Feld nicht ohne erhebliche Widerstände wird ausbauen können – zumindest nicht mit lauteren Mitteln.
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