Gegen den Trend: STMicroelectronics erwartet steigende Umsätze für 2020
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„Über 17% plus im dritten Quartal“: STMicroelectronics prognostiziert für 2020 insgesamt mehr Umsatz als im letzten Jahr – und baut seine Position durch Firmenübernahmen aus. Hier stehen zunächst die Funkfähigkeiten seiner STM32-Mikrocontroller im Fokus.

Nach einem Umsatzrückgang im zweiten Quartal 2020 und einem massiven Einbruch des Börsenwertes – zwischen Februar und März gaben die eigenen Papiere zeitweise um fast 50% nach – hat der französisch-italienische Chiphersteller STMicroelectronics (STM) seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr 2020 überraschend angehoben. Bereits für das dritte Quartal erwartet Jean-Marc Chery, President und CEO von STM, ein sequenzielles Umsatzwachstum von 17,4% auf 2,45 Mrd. US-Dollar.
Grund dafür seien „neu eingeführte Produkte, spezielle Kundenprogramme und verbesserte Marktbedingungen“: So erwartet STM, dass die Automobilindustrie ihre aktuelle Absatzkrise überwunden hat und besonders im asiatischen Raum die Nachfrage nach Kfz wieder anzieht.
Diese Einschätzung ist insofern erstaunlich, als das beispielsweise Marktexperten des ZVEI eine weltweit anhaltende Eintrübung dieses wichtigen Absatzmarktes erwarten. Wobei der Elektronikanteil pro Fahrzeug über die nächsten Jahre deutlich zunehmen wird. Unter diesen Vorzeichen erwartet STM nun für 2020 einen Umsatz zwischen 9,25 und 9,65 Mrd. Dollar, verglichen mit 8,8 und 9,5 Mrd. Dollar bei der letzten Prognose.
Zuverlässige Bank: Analog- und Imaging-Halbleiter sowie Mikrocontroller
STM ist ein bedeutender Hersteller von Sensoren und Chips, die unter anderem in der Telekommunikations-, Automobil- und Fertigungsbranche verwendet werden. Das Unternehmen teilte am Donnerstag mit, dass alle seine Fertigungskapazitäten weltweit wieder ausgelastet seien.
Ein Grund für den Optimismus bei STM ist auch, dass trotz des sequenziellen Umsatzrückgangs um 6,5% im zweiten Quartal – der unter der eigenen Erwartung von minus 10,4% lag – „die erste Hälfte des Jahres 2020 insgesamt ein Wachstum von 1,6% im Jahresvergleich aufweist“, sagt Chery. Besonders Analog- und Imaging-Halbleiter sowie Mikrocontroller hätten das Geschäft getragen, während es bei Automotive-Chips und diskreten Leistungshalbleitern noch Luft nach oben gab.
Asiatischer Automarkt zieht wieder an
Der Automobilsektor, der im letzten Quartal von Kurzarbeit und gestoppten Produktionen weltweit betroffen war, erholt sich laut STM besonders im wichtigen chinesischen Markt schnell – und gleicht sogar die anhaltende Schwächen in Europa und in den Vereinigten Staaten teilweise aus.
Für ein Unternehmen wie STM, das mehr als 60% seines Umsatzes im asiatisch-pazifischen Raum erwirtschaftet und zu dessen Kunden in der Region große Konzerne wie Samsung und Huawei zählen, ist dies ein wichtiger Impuls. Für das zweite Halbjahr rechnet STM mit einem Umsatz in der Größenordnung von 610 Millionen bis 1,01 Mrd. US-Dollar im Vergleich zu seiner früheren Prognose von 340 Millionen bis 1,04 Mrd. US-Dollar.
Coronakrise, Huawei-Bann: Weiterhin große Unwägbarkeiten
Die breiten Spannen in den Angaben zeugen allerdings auch von den nach wie vor vorhandenen großen Unwägbarkeiten in den Märkten. Dazu zählt nicht nur die Coronakrise, sondern auch mögliche Auswirkungen des Huawei-Banns durch die USA. Mehrere Länder, darunter Großbritannien, haben auf Druck der USA den Einsatz Huawei-Produkten in ihren Kommunikationsnetzwerken verboten.
In der Bilanzkonferenz sagte Chery, dass sich dies wahrscheinlich auch auf die Umsätze von STM im vierten Quartal auswirken werden. Das habe man in der Prognose bereits berücksichtigt.
Mit der Übernahme von UWB- und Mobilfunkexperten stellt sich STM für die nächste Rally auf
Für 2021 rechnet der STM-Chef mit einer deutlichen Wiederbelebung des Halbleitermarktes. Um davon bestmöglich profitieren zu können, optimiert STM sein Angebot: So hat das Unternehmen bekannt gegeben, insbesondere die Funkfähigkeiten und die Sicherheit seiner STM32-Mikrocontroller-Familie durch Firmenakquisitionen ausbauen zu wollen.
Zu den Zukäufen zählt der 2010 gegründete Fabless-Chipentwickler BeSpoon mit Sitz in Le Bourget du Lac, Frankreich. Das Unternehmen hat sich auf Ultrabreitband-Kommunikationstechnik (UWB) spezialisiert. Mit den eigenen Lösungen soll eine sichere Echtzeit-Ortung in Innenräumen mit zentimetergenauer Genauigkeit auch unter schwierigen Umgebungsbedingungen möglich sein.
Die Integration dieser wichtigen Technologie zur zuverlässigen und genauen Positionsbestimmung in das STM32-Produktportfolio soll es Entwicklern von IoT-, Automobil- und Mobilkommunikationsanwendungen ermöglichen, Dienste wie den sicheren Zugang und die präzise Kartierung von Innen- und Außenbereichen anzubieten. Der Chiphersteller wird BeSpoon von dessen Mehrheitsaktionär Trumpf und seinen Gründern übernehmen. Parallel zu der Transaktion wollen STM und Trumpf eine strategische Partnerschaft für die UWB-Tracking-Technologie eingehen.
Weitere Übernahmen geplant: Akquisekasse ist mit 1,2 Mrd. US-Dollar gefüllt
Darüber hinaus übernimmt STM die Firma Riot Micro mit Sitz in Vancouver, Kanada. Diese entwirft Schmalband-Mobilfunk-Lösungen für das Internet of Things (IoT) und nutzt dabei „bewährte Designtechniken von Bluetooth Low Energy (BLE) und Wi-Fi bis hin zu LTE Cat-M und NB-IoT, um Systemkosten und Leistung zu optimieren“. STM ist überzeugt, dass die Integration solcher Mobilfunkfunktionen in das STM32-Portfolio das eigene Angebot attraktiver für Entwickler von Anwendungen wie Güterortung, Smart Metering und Flottenmanagementdienste macht.
Bislang finden sich im STM-Portfolio STM32-Chips, die zum Beispiel die Kommunikationsprotokolle Bluetooth 5.0, Zigbee 3.0 und IEEE 802.15.4 beherrschen. Auch hat STM vor einigen Wochen das weltweit erste LoRa-fähige System-on-Chip vorgestellt.
Details zu Kaufpreisen und Übernahmemodalitäten hat STM bislang nicht veröffentlicht. Nur so viel: Für Investitionen will der Konzern 2020 insgesamt rund 1,2 Mrd. US-Dollar bereitstellen.
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