Gastkommentar Deutsche Unternehmen könnten schneller auf E-Mobilität umstellen
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Warum scheint es, dass deutsche Unternehmen beim Umstieg auf E-Mobilität noch zögern? Ist es Skepsis, oder fehlen Informationen, was möglich wäre? Fehlen noch stärkere finanzielle Anreize?

Noch immer sind viele deutsche Unternehmen beim Umstieg ihrer betrieblichen Fahrzeuge auf E-Mobilität zögerlich. Dass es auch wesentlich schneller ginge und dass gängige Argumente nicht standhalten, zeigt der Vergleich mit dem Vereinigten Königreich.
Will man wissen, wieso Menschen und Unternehmen mit dem Umstieg auf E-Autos zögern, zählen Bedenken hinsichtlich Reichweite und Lademöglichkeiten immer zu den ersten Antworten. In einer Umfrage, die Vimcar unter Fuhrpark-Managern durchgeführt hat, führen 87 Prozent die Reichweite aktueller Modelle als Hindernis für einen Umstieg an und 54 Prozent die zu geringe Dichte der öffentlichen Ladeinfrastruktur. Doch sind diese Punkte auch in der Praxis tatsächlich unüberwindbare Hürden?
An dieser Stelle überrascht ein Blick ins Vereinigte Königreich
Das Vereinigte Königreich belegt im „EV Country Readiness Index“ von EY Rang vier – hinter Deutschland. Auf der Insel gibt es aktuell etwa 20.000 weniger öffentliche Ladepunkte als hierzulande. Wäre die Infrastruktur tatsächlich der Haupttreiber für den Umstieg auf E-Mobilität, müsste selbiger im Vereinigten Königreich im Vergleich auch langsamer vorangehen. Ein Blick auf die Zahlen zeigt aber, dass dort im zweiten Quartal 2021 stolze 229 Prozent mehr reine Elektroautos registriert wurden als im selben Quartal des Vorjahres. Bei Hybriden sind es über 400 Prozent Zuwachs. Beide Zahlen sprechen für ein hohes Tempo beim Umstieg.
Interessanterweise ist es im Vereinigten Königreich die gewerbliche Mobilität, die dabei federführend ist. Britische Unternehmen steigen nicht erst seit das Benzin knapp wird noch schneller auf Elektromobilität um als Privathaushalte: 8,7 Prozent der britischen Unternehmen legten sich 2020 ein batteriebetriebenes Fahrzeug zu, bei den Privathaushalten sind es 4,6 Prozent. In Deutschland dagegen verfügen 2021 bei gewerblichen Neuzulassungen 39,2 Prozent der Fahrzeuge über einen alternativen Antrieb, bei Privatzulassungen sind es 43,6 Prozent. Hier sind die privaten Verbraucher schneller.
Die Zahlen zeigen: Es liegt in Deutschland nicht nur an Infrastruktur und Reichweite
Unzureichende Infrastruktur ist also keine ausreichende Erklärung dafür, warum bei deutschen Unternehmen das Umrüsten ihrer Fahrzeuge auf Elektroantrieb zäh vorangeht. Und dass auch die Reichweite der Fahrzeuge in der Realität kein Hindernis ist, zeigen unsere eigenen Daten:
Die durchschnittlich zurückgelegte Strecke einer Fahrt beiträgt bei Vimcar-Kunden 26,76 Kilometer. In unserer Elektrifizierungsanalyse werten wir alle Fahrzeuge als problemlos elektrifizierbar, deren tägliche Gesamtdistanz an 90 Prozent aller Tage weniger als 300 Kilometer beträgt. Bei diesem Wert stellen Reichweite und Nachladen kein Problem dar. Für 90 Prozent der Fahrzeuge wäre es problemlos möglich, auf Elektroantrieb umzustellen.
Im Vereinigten Königreich existieren darüber hinaus auch für Unternehmen deutliche finanzielle Anreize, auf Elektromobilität umzusteigen. So liegt der Benefit-in-Kind-Steuersatz (BiK) für vollelektrische Dienstwagen 2021/22 lediglich bei einem Prozent. Und immer mehr Städte richten Clean Air Zones oder wie London sogar Ultra-Low-Emission-Zones ein, in denen das Fahren mit Verbrennern teils sehr teuer ist.
Warum scheint es also, dass deutsche Unternehmen noch zögern? Ist es Skepsis, oder fehlen Informationen, was bereits möglich wäre? Fehlen noch stärkere finanzielle Anreize? Der Umstieg zur Elektromobilität könnte auch beim deutschen Mittelstand noch schneller vorangehen – denn unüberwindbare Hürden gibt es nicht.
* Andreas Schneider ist Geschäftsführer des Connected-Car-Spezialisten Vimcar
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