gesponsertAnpassungsfähige Elektronik Dehnbare Leiterplatten: Der nächste Schritt in der Elektronik

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Mit der zunehmenden Miniaturisierung wird die Leiterplatte immer mehr zu einem multifunktionalen Bauteil und trägt nicht mehr nur zum System bei. Der neueste Trend in der Elektronikbranche sind dehnbare Leiterplatten, die hochflexible und anpassbare Schaltungen ermöglichen.

Dehnbare Leiterplatten: Conformable Electronics, also anpassungsfähige Elektronik, sind die Grundlage für dynamisch verformbare, dehnbare, strukturelle und 3-dimensionale Elektronik.
Dehnbare Leiterplatten: Conformable Electronics, also anpassungsfähige Elektronik, sind die Grundlage für dynamisch verformbare, dehnbare, strukturelle und 3-dimensionale Elektronik.
(Bild: contag)

Neben der zunehmenden Miniaturisierung wandelt sich die Leiterplatte zunehmend vom simplen Bestückungsträger zum Systemträger bzw. Multifunktionsbauteil.

„Conformable Electronics“, also anpassungsfähige Elektronik, ist das aktuelle Schlagwort, wenn es um dynamisch verformbare, dehnbare, strukturelle und 3-dimensionale Elektronik geht. Hiermit kann ein breites und zunehmend wachsendes Anwendungsfeld von Medizintechnik, Smart Textiles, IoT, Industrie 4.0, Automotive, und Luftfahrt bis hin zu Consumerelectronic bedient werden. Technologisch gibt es dabei breite Schnittmengen mit den Begrifflichkeiten „Printed Electronics“, „Wearable Electronics“, „Smart Textiles“ und „3-D-Electronics“.

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Während bei der geformten Elektronik der starre 3-D-Aspekt im Vordergrund steht, ist die dehnbare Elektronik Synonym für reversible und höchste dynamische Flexibilität und Dehnbarkeit einer Schaltung.

Durch den Einsatz von elastischen bzw. dehnbaren Leiterplatten als eine Untergruppe der Conformable Electronics erschließen sich völlig neue Anwendungsbereiche und Lösungsmöglichkeiten für elektronische Systeme und Baugruppen. Typische Applikationen sind daher u.a. intelligente Pflaster/Bandagen, Smart Textiles und Wear­ables.

Es entstehen hochflexible, dehnbare und anpassbare Schaltungen auf der Basis elastischer Materialien, die u.a. hochdynamische Verformungen, angepasste Komponentenmontagen und -Verkapselungen sowie eine Lamination auf textile Materialien mit nachfolgender textiler Weiterverarbeitung ermöglichen.

Basismaterial und Eigenschaften

Im Gegensatz zum aus der Flex/Starrflex-Technologie bekannten und etablierten Polyimid verwendet conformable electronics eine extrudierte, hochelastische thermoplastische Polyurethan-Folie (TPU), auf die die Kupferfolien laminiert werden.

Das ohne Einsatz von Weichmachern hergestellte und damit biologisch abbaubare thermoplastische Polyurethan ist in verschiedenen Modifikationen von hart über weich bis hin zu elastisch verfügbar und kommt in vielen Bereichen zum Einsatz: in Matratzen, Schuhsohlen, in Schläuchen und Dichtungen, als Baustoff oder auch als Lederimitat für Möbel, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

Für die Anwendung als dehnbares Leiterplattensubstrat wird eine hochelastische Folie aus einem Multiblock-Copolymer mit harten und weichen Segmenten eingesetzt. Die verarbeitete Standarddicke beträgt 0,10 mm; andere Dicken zwischen 0,05 und 1,00 mm werden auf Anfrage angeboten.

Weitere allgemeine Eigenschaften sind:

  • Chemisch stabil gegenüber Ölen, Ozon, Teer, viele Lösemittel und verdünnte Säuren;
  • Hohe Dichtheit gegen flüssige Medien bei gleichzeitig hoher Dampfdurchlässigkeit;
  • Biokompatibel;
  • Hydrolyse- und mikrobenbeständig;
  • Hohe UV- und Witterungsbeständigkeit;
  • Sehr gute Schweißbarkeit und Thermoformbarkeit und
  • Verkleb-, bedruck-, hinterspritz- und hinter­schäumbar.

Um eine leitfähige Leiterbildstruktur zu erzeugen, bieten sich grundsätzlich zwei Verfahren an: eine dehnbare Leitpaste (Inkjet oder Siebdruck) wird appliziert oder es wird eine strukturierte, konventionelle PCB-typische Kupferfolie verwendet. Beide Verfahren weisen Vor- und Nachteile auf. Derzeit ist die Nutzung von Kupferstrukturen das etabliertere Verfahren. Bei dieser Methode können die Spezialisten bei contag vollständig auf angepasste PCB-Verfahren zurückgreifen.

Die finale Kupferdicke der laminierten und strukturierten Kupferfolie liegt zwischen 5 und 70 µm. Die Haftfestigkeit bzw. Abzugskraft der aufgebrachten Kupferfolie betragen etwa 3 N/mm und sind damit deutlich höher als in der relevanten IPC-Leiterplattennorm gefordert (>1 N/mm). Da Kupfer eine Bruchdehnung von etwa 40 % aufweist, beeinflusst das aufgebrachte elektrische Layout in Form der Kupferstrukturen die mechanischen Eigenschaften der finalen Schaltung erheblich.

Insbesondere die hohe Bruchdehnung eines reinen TPU-Materials (580 %) wird nicht mehr erreicht. Je nach Design der Leiterzüge im gedehnten Bereich, die als Mäander oder sogenannten Horseshoes ausgeführt werden, sind jedoch einmalige Dehnungen bis zu 50 % und wiederholbare Dehnungen bis zu 30 % möglich.

Herstellungsverfahren

Bild 3: 
Fertigungsschritte 
bei einer dehnbaren Leiterplatte, einseitig.
Bild 3: 
Fertigungsschritte 
bei einer dehnbaren Leiterplatte, einseitig.
(Bild: contag)

Ausgangsbasis für die verschiedenen Aufbau- und Ausführungsvarianten ist eine ein- oder doppelseitig mit Kupfer beschichtete TPU-Folie, die mit den bekannten Grundprozessen der Leiterplattenfertigung wie Fotodruck, Ätzen, etc. weiter verarbeitet wird (Bild 3). Dabei müssen die Parameter bei den Einzelprozessen auf die spezifischen Besonderheiten des Materials angepasst werden.

Technologische Besonderheiten ergeben sich insbesondere aufgrund des hohen thermischen Ausdehnungskoeffizienten und der mechanischen Beschaffenheit des Materials. Je nach Ausführung und Anwendungsfall können sich optional diverse Folgeprozesse anschließen, u.a.:

  • Ausschneiden der Nutzen bzw. Einzelleiterplatten;
  • Aufbringen partieller Verstärkungen;
  • Bestücken der Bauelemente, ggf. verkapseln;
  • Laminieren auf andere Träger (Textilien, Polycarbonat, o.ä.);
  • Tiefziehen.

Ausführungsvarianten

Bild 4: 
Ausführungsvarianten dehnbarer Leiterplatten.
Bild 4: 
Ausführungsvarianten dehnbarer Leiterplatten.
(Bild: contag)

Auf der Basis strukturierter TPU-Lagen lassen sich neben dem Standard, einseitigen dehnbaren Schaltungen, auch zwei- und höherlagige durchkontaktierte Schaltungen realisieren (Bild 4). Dabei ist zu beachten, dass die Dehnbarkeit mit steigender Dicke deutlich abnimmt. Auch starr-dehnbare Aufbauten in Anlehnung an die bekannten starr-flexiblen Leiterplatten sind möglich, wobei das bekannte Polyimid dann durch eine TPU-Lage ersetzt wird. Rein dehnbare Schaltungen müssen u.U. partiell verstärkt werden, z.B. in den Stecker- oder Bestückungsbereichen. Hierzu können Folien aus Polyimid oder Polyester, aber auch FR4-Teile verwendet werden (Bild 2).

Als Endoberflächen können alle gängigen chemischen Oberflächenbeschichtungen wie Nickel/Gold (ENIG), Nickel/Palladium/Gold (ENEPIG), Zinn (ISn), Silber (IAg), Silber/Gold (ISIG) oder Palladium/Gold (EPIG) genutzt werden, partiell oder vollflächig. Oberflächen mit Nickelschichten dürfen aufgrund der Sprödigkeit von Nickel nach dem Aufbringen einer strukturierten Lötstopplack/TPU-Coverlayer-Lage nur partiell abgeschieden werden.

Design

Grundsätzlich gelten für das elektrische Design vergleichbare Vorgaben wie bei flexiblen Schaltungen. Darüber hinaus müssen die Leiterzüge im dehnbaren Bereich als Mäander ausgeführt werden, um die Längenänderung einer möglichen Dehnung im Leiterzug abzufangen.

Tabelle 1: Designempfehlungen.
Tabelle 1: Designempfehlungen.
(Bild: contag)

Hier haben sich Horseshoes-/Wellengeometrien bewährt, deren Dehnbarkeit u.a. über die Parameter Radius, Öffnungswinkel (Öffnungswinkel 0° = Halbkreis) sowie Leiterbahnbreite beschrieben wird. Je nach konkretem Anwendungsfall sind die Belastungen auf das Leiterbild sehr unterschiedlich; häufig handelt es sich nicht ausschließlich um gleichmäßige Zugbelastungen in Leiterbahnrichtung.

Um dies bereits in der Designphase zumindest qualitativ abzuschätzen, mögliche Schwachstellen zu erkennen und das Design zu optimieren, unterstützen wir unsere Kunden beratend mit eigenen FEM-Simulationen auf Basis der Software Multiphysics von Comsol.

Bestückung und Weiterverarbeitung

Bild 2: Rein dehnbare Schaltungen müssen u.U. an den Übergängen zum FR4-Material partiell verstärkt werden. Diese Variante lässt sich problemlos zusammenfalten.
Bild 2: Rein dehnbare Schaltungen müssen u.U. an den Übergängen zum FR4-Material partiell verstärkt werden. Diese Variante lässt sich problemlos zusammenfalten.
(Bild: contag)

Aufgrund der Erweichungstemperatur des TPU-Materials, beginnend bei ca. 155°C, muss ein niedrig schmelzendes Lot auf Basis einer Wismut-Legierung (SnBi- bzw. SnBiAg) verwendet werden. Dafür bietet sich beispielsweise das Lot Indalloy 282 an, welches einen Schmelzpunkt von ca. 140°C aufweist. Der Lotauftrag erfolgt über Siebdruck. Aber auch Leitkleben (insbesondere ICA-Kleben) und Crimpen sind erprobte und bewährte Verbindungstechniken. Für das Crimpen von Steckverbinderkontakten müssen die Crimpkontaktflächen verstärkt werden, z.B, durch partiell aufgebrachte Polyimid- oder FR4-Bereiche (Bild 2).

Die bestückten Bauelemente lassen sich bei Bedarf verkapseln und dadurch schützen. Hierfür kann ein Einkomponenten- oder wasserlösliches Polyurethan verwendet werden, das in Spritzgießtechnik oder mit einer Glob-Top-Pistole aufgebracht wird. Auch der Einsatz von PU-Ringen (Dam & Fill Glob-Top) und das Aufsetzen von vorgeformten PU-Kappen mit anschließender thermischer Verklebung haben sich bewährt.

Für den Anwendungsbereich Textil/Wearables bietet sich vor dem Bestücken die Lamination auf baumwollbasierte Textilien an. Genutzt wird eine hydraulische Presse, auf der unter Temperatur und Druck das Material erweicht und in die Gewebestruktur eingearbeitet wird.

Für dauerhaft verformte Anwendungen wie Bedienkonsolen etc. kann die dehnbare TPU-Schaltung auf eine relativ starre Trägerfolie wie beispielsweise Polycarbonat (Dicke 200 bis 300 µm) auflaminiert werden, die nach dem Bestücken im Tiefziehverfahren verformt wird.

Zusammenfassung und Ausblick

Ein dehnbares Substrat auf Basis von thermoplastischen PU-Folien (TPU) ermöglicht völlig neuartige Applikationen bei Conformable und Wearable Electronics. Damit lassen sich elektronische Schaltungsträger herstellen, die dauerhaft verformt oder dynamisch belastet und gedehnt werden können.

Die Leiterbildstrukturen werden vorzugsweise als Kupferstrukturen ausgeführt. Im gedehnten Bereich ermöglichen mäanderförmige Leiterbahnstrukturen die Längenänderung des Substrates, die je nach Design und Aufbau bis zu 30 % betragen kann. Alternativ sind auch gedruckte dehnbare Leitpasten möglich.

Das elek­trische Layout ist standardmäßig einlagig, aber auch doppelseitige durchkontaktierte Schaltungen und starr-dehnbare Ausführungen können realisiert werden. (mbf)

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