Wärme-Management Additiver Chip-Kühler mit konventionellem Lüfter

Von Robert Cap und Thomas Schebek *

Anbieter zum Thema

Sepa Europe und APWorks haben ihre Chip-Kühlkörper optimiert, mit dem Ergebnis einer 30 Prozent höheren Kühlleistung pro Volumen. Gerade bei spezifischen Varianten punktet die additive Fertigung.

Bild 1: Versuchsanordnung der Kühler-Lösung. Eine elektrische Heizquelle simuliert die Verlustleistung.
Bild 1: Versuchsanordnung der Kühler-Lösung. Eine elektrische Heizquelle simuliert die Verlustleistung.
(Bild: SEPA Europe)

Die Chip-Kühler der Serie HXB von Sepa Europe, eine kompakte Lüfter-Kühlkörper-Kombination, bestehen aus einem Stiftkühlkörper (dem so genannten Kühligel) und einem passenden, aufgesetzten Lüfter. Für viele Anwendungsfälle ist diese preislich attraktive Kombination ideal und liefert auch ausreichend Kühlleistung. Doch geht da vielleicht nicht noch mehr? Diese Frage stellten sich die Entwicklungsingenieure in Eschbach. Das war die Geburtsstunde der Kühlervariante 3DQler.

Zum Hintergrund: Im Tagesgeschäft häuften sich spezielle Anwendungsfälle mit kleineren oder mittleren Stückzahlen, die regelrecht ausgereizt wurden, was das Verhältnis Verlustleistung pro Bauraum angeht. Die Standardlösung zur Kühlung reichte hier nicht mehr aus. Eine verbesserte Lösung des Chip-Kühlers HXB musste gefunden werden.

Bildergalerie

Der Lüfter als aktives Bauteil wird in der Regel nicht gerne gesehen, das war das zweite Fragezeichen rund um die Produktdiskussion. Doch warum sollte man einen Lüfter in der Diskussion des Kühlkonzeptes eigentlich nicht berücksichtigen? Dazu nachfolgend einige grundsätzliche Überlegungen.

Die statistische Lebensdauererwartung moderner Lüfter liegt heute bei mindestens 40.000 Stunden (Hypro-Lager, L10) oder sogar 70.000 Stunden (Kugellager, L10) bezogen auf eine Umgebungstemperatur von 40 °C. Bei einer typischen Gebrauchsdauer eines elektronischen Gerätes von rund acht Jahren liegt die Lebensdauer eines Lüfters bei Dauerbetrieb und konstant hoher Umgebungstemperatur sogar vier Mal so hoch.

Es gibt kaum einen Grund, Lüfter bei einem modernen Kühlkonzept zu vermeiden, zumal die konstruktiven Freiheiten beim Bauraum dann bei der aktiven Kühlung enorm sind und die Kosten dadurch gesenkt werden können. Es lohnte sich also, diesen Ansatz neu zu denken.

Die Entwicklungsingenieure recherchierten die Design-technischen Möglichkeiten rund um den Kühlkörper und mögliche Werkstoffe und bauten erste Versuche mit neuen Ideen auf. Die ersten Messungen mit veränderten Kühlern der Serie HXB ergaben aber keine nennenswerten Sprünge in der Kühlleistung.

Erst ein Messebesuch brachte den entscheidenden Impuls. So begann die Zusammenarbeit von Sepa und dem 3D-Druck-Spezialist APWorks aus Taufkirchen. Durch die Möglichkeiten, die die additive Fertigung bietet, konnten die Entwickler erstmals darüber nachdenken, Kühlkörper in einer an deren Form anzufertigen und somit einen verbesserten HXB zu erhalten.

3D-gedruckte Kühlköper bieten mehr Freiheitsgrade

In den darauffolgenden Simulationen legten die Spezialisten aus Taufkirchen vier verschiedene neue Konzepte aus, die auf einem 3D gedruckten Kühlkörper basierten. Durch das Verfahren eröffneten sich völlig neue Möglichkeiten in der Gestaltung der Lösung. Die Freiheitsgrade einen Kühlkörper durch Umformtechnik zu erstellen, sind klassisch gut und preiswert – aber sie schränken die Möglichkeiten ein, die Oberfläche für die Abwärme zu vergrößern und damit zu optimieren.

Aus den vier Simulationsergebnissen wurden zwei Lösungen mit komplexen 3D-Strukturen ausgewählt und gefertigt und anschließend im Labor vermessen. APWorks optimierte im Anschluss die Anordnung der Kühlkörper auf der Fertigungsplattform, um für eine mögliche Serienfertigung im 3D-Druck den Preis in einem akzeptablen Rahmen zu halten. Der Versuchsaufbau im Labor von Sepa erfolgte nach einem eigenen standardisierten Messaufbau, um Vergleichswerte zum bisherigen Standard-Stifkühlkörperaufbau zu erhalten.

Die Versuchsanordnung ist in Bild 1 dargestellt. Eine elektrische Heizquelle simuliert die Verlustleistung. Im Heatspreader aus Kupfer befindet sich eine winzige seitliche Bohrung, in der ein Thermoelement eingebracht ist. Dort wird die sich einstellende Systemtemperatur gemessen.

Der in Bild 2 dargestellte Kühlkörper erreicht zusammen mit dem Lüfter als System einen typischen Wärmewiderstand von 1,5 K/W. Der in Bild 3 dargestellte Kühlkörper im 3D-Druckverfahren erreicht im Zusammenspiel mit dem Lüfter als System einen Wärmewiderstand von 1,07 K/W.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Kühlleistung bei gleichem Bauraum 30 Prozent besser

Damit ist der für den 3D-Druck optimierte Chip-Kühler bei gleichen Gesamtabmessungen und gleichem Lüfter etwa 30% effizienter als das bisherige Modell, das im Kaltfließpressverfahren hergestellt wurde. Das Ergebnis, das physikalisch über die enorme Oberflächenvergrößerung zu erklären ist, hat die Entwickler dennoch überrascht. Die Erwartungen zur Optimierung bei gleichem Bauraum waren deutlich zurückhaltender.

In der Folge wurde an der Befestigungstechnik des Lüfters gefeilt. Der gedruckte Kühlkörper hat deutlich härtere Strukturen als das Fließpress-Teil. Um die bisher verwendeten, speziell für das Eschbacher Unternehmen angefertigten Schrauben weiterhin zu nutzen, musste die Verankerung für die Schraube angepasst werden, um einen Materialbruch zu verhindern. Auch hier wurden vier verschiedene Befestigungsaufnahmen konstruiert, 3D gedruckt und ausprobiert, und dann die beste der Lösungen ausgewählt.

In den letzten Jahren hat Sepa das Angebot für die Entwärmung elektronischer Komponenten in Embedded Systemen vervielfältigt. Dabei wurden auch ökologische Anforderungen berücksichtigt, denn die Leistungsaufnahme bei gleicher oder verbesserter Wirkung konnte deutlich gesenkt und der Einsatz von Rohstoffen maßgeblich reduziert werden.

Es geht um die Entwärmung der Hot Spots

Bei Kleingeräten ist meist nicht die Abfuhr der gesamten von allen Bauteilen erzeugten Wärme das Problem, sondern die Entwärmung der Hot Spots. Eine passive Kühlung erfordert ein um etwa fünf Mal höheres Kühlkörpervolumen als die Kühlung mit Lüfterunterstützung. Zudem ist die passive Kühlung im begrenzten, zur Verfügung stehenden Raum kaum unterzubringen. Durch eine aktive Kühlung können die Geräte ohne Qualitätsabstriche insgesamt kleiner, leichter und billiger gefertigt werden.

Additive Fertigung kombiniert Vielfalt und Flexibilität

Möglich wurde dies durch zahlreiche neue, modifizierte Axial-, Radial- und RaAxial-Lüfter sowie durch neue, individuell gestaltete Kühlkörper und Zubehör. Zwar sind viele dieser neuen Komponenten inzwischen standardisiert und ab Lager verfügbar, aber die Praxis zeigt, dass kundenspezifische Varianten oft unvermeidbar sind.

Gerade bei den Anforderungen an kundenspezifischen Varianten zeigt die additive Fertigung der Kühlkörper ihren enormen Vorteil. Der im selektiven Laserschmelzverfahren hergestellte Kühlkörper des 3DQler (Bild 4) kann individuell angepasst und ohne weitere Aufwände in kürzester Zeit gedruckt werden. Durch diese Flexibilität in Kombination mit der Vielfalt an verfügbaren Lüftern lässt sich für jeden Anwendungsfall eine geeignete Kühllösung gestalten.

* * Robert Cap ... ist Geschäftsführer bei Sepa Europe in Eschbach.

* * Thomas Schebek ... arbeitet als Produktmanager bei APWorks in Taufkirchen.

Artikelfiles und Artikellinks

(ID:47696916)