7 Fakten zu Elektroschrott: Die Müllkippe als Goldmine der Zukunft?

Autor Christian Lüttmann

Elektroschrott ist mehr als nur Abfall. Gold und andere Edelmetalle sowie Seltene Erden machen ihn prinzipiell zu einem wertvollen Rohstoff. Für Nachschub ist jedenfalls gesorgt. Jede Sekunde wächst der weltweite Elektroschrottberg um 1,4 Tonnen.

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Elektroschrott birgt viele wertvolle Rohstoffe, die bisher nur unzureichend recycelt werden (können).
Elektroschrott birgt viele wertvolle Rohstoffe, die bisher nur unzureichend recycelt werden (können).
(Bild: KPixMining)

Im deutschen Durchschnittshaushalt stehen 2,2 PCs, 1,5 Fernseher, und 0,5 Spielekonsolen. Dazu haben 94% der Haushalte einen Elektroherd, 95% eine Waschmaschine und 99,7% einen oder sogar mehrere Kühlschränke. Selbst Wäschetrockner stehen bald in jedem zweiten Haushalt. Diese Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe von 2018 machen deutlich, wie elektronisch unsere Welt geworden ist. Doch mit den Vorzügen der modernen Technik stellt sich auch ein Problem ein: Elektroschrott, oder kurz E-waste (electronic and electrical waste).

Unter den Begriff E-waste fällt alles mit einem Stecker, Kabel oder einer Batterie, was das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat. Das können Toaster oder elektrische Zahnbürsten sein, ebenso wie Kühlschränke, Laptops oder Smartphones – wobei letztere mitunter auch vor Ende ihrer Lebensdauer beim Elektroschrott landen, wenn sie von einem neueren Modell ersetzt werden.

7 Fakten zu Elektroschrott
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All diese elektrischen Produkte summieren sich weltweit zu einem gewaltigen Schrottberg von fast 45 Millionen Tonnen auf, so heißt es in einem Bericht des World Economics Forums (WEF). Und das in jedem Jahr. Geht die derzeitige Entwicklung weiter, könnten im Jahr 2050 sogar über 120 Millionen Tonnen Elektroschrott anfallen. Das ist nicht nur bedenklich für die Umwelt, sondern auch eine verpasste wirtschaftliche Chance.

Gefahren und verborgene Schätze

Obwohl momentan der Elektroschrott nur 2% des festen Abfalls ausmacht, trägt er laut WEF zu 70% der gefährlichen Substanzen auf Mülldeponien bei. Der Grund sind diverse Schwermetalle wie Quecksilber aus alten LCD-Bildschirmen oder Blei und Chrom von Leiterplatten, die beim Zerfall der Geräte in die Umwelt gelangen. Dies trifft vor allem auf ältere Geräte zu, die immer noch in großer Zahl auf diversen privaten Dachböden und in Kellern zwischenlagern.

Neben den Gefahren für Umwelt und Gesundheit birgt E-waste aber auch ein enormes wirtschaftliches Potenzial. So beläuft sich der reine Materialwert des Elektroschrotts eines Jahres laut WEF-Bericht auf über 55 Milliarden Euro. Das Bruttoinlandsprodukt von zwei Dritteln aller Länder ist damit kleiner als der Materialwert von einem Jahr Elektroschrott. Vor allem für Edelmetalle wie Gold und Platin ist E-waste eine zunehmend lukrative Quelle.

So enthält eine Tonne alter Smartphones mitunter 100 Mal so viel Gold wie in eine Tonne Golderz. Wobei selbst die Goldmenge in einer Tonne Mobiltelefone mit rund 250 Gramm sehr gering ist. Die Rückgewinnung von einzelnen Rohstoffen gestaltet sich aber nicht nur aufgrund der kleinen absoluten Mengen als schwierig, sondern auch, weil bis zu 60 verschiedene chemische Elemente in einem einzigen Smartphone vereint sind. Diese Mischung wieder in Reinstoffe zu trennen, ist eine gewaltige Aufgabe.

Die Hürden und Chancen von Recycling

Langfristig wird es aber dennoch rentabel und sogar nötig sein, seltene Elemente aus alten Elektrogeräten (verstärkt) zurückzugewinnen. Schließlich ist deren Vorkommen in der Erdkruste begrenzt. Außerdem ist schon heute die Rückgewinnung zumindest ökologisch betrachtet vorteilhafter als das Schürfen nach neuen Metallquellen. So soll laut WEF-Bericht die Energieeffizienz bei Recycling von Elektroschrott zwei- bis zehnmal höher sein als das Ausschmelzen der Metalle aus Erzen.

Eine bessere Recyclingquote würde auch dem illegalen Export von Elektroschrott entgegenwirken. Derzeit werden laut WEF nur 35% des Elektroschrottes in Europa recycelt. Weltweit gesehen sollen es nur 20% sein. Der übrige Teil fällt sozusagen durch das Raster. Im besten Fall liegt er eingelagert auf privaten Dachböden und in Kellern, im schlimmsten Fall wird er auf illegalen Müllkippen entsorgt oder gesetzeswidrig in ärmere Länder wie Nigeria, Ghana oder Indien exportiert. Dort ist das pro-Kopf-Aufkommen von E-waste zwar mit unter einem Kilogramm pro Jahr sehr gering, die Umweltprobleme durch abgeladenen Elektroschrott aus anderen Ländern aber umso größer.

Die Grafik zeigt die Ströme von illegal verschifften Elektronikabfällen nach Regionen weltweit.
Die Grafik zeigt die Ströme von illegal verschifften Elektronikabfällen nach Regionen weltweit.
(Bild: Statista)

Elektroschrott richtig entsorgen

Wie lässt sich der wachsende Berg an Elektroschrott stoppen? Neben verbesserten Recyclingverfahren, längeren Lebenszyklen von Geräten und strengeren Gesetzen zu deren Entsorgung können auch die Verbraucher dazu beitragen. So hilft es, funktionierende Altgeräte weiterverkaufen oder auch zu verschenken, statt das vierte Ersatz-Smartphone in der Schublade zu lagern oder gar in den Restmüll zu werfen. Defekte Geräte sollten zudem den entsprechenden Sammelstellen zugeführt werden. Die Kommunen bieten dazu Recyclinghöfe, wo Altgeräte kostenfrei abgegeben werden können. Oft nehmen auch Händler das Altgerät beim Kauf eines entsprechenden Neugeräts entgegen. Eine Übersicht, welche Elektrogeräte sie wo fachgerecht entsorgen können, finden Sie auf den Seiten der Verbraucherzentrale.

In Zukunft könnte sich der Elektroschrott als eine der größten Wirtschaftsfaktoren der Welt etablieren. Idealerweise in einem geschlossenen Kreislaufsystem, in dem „Abfall“ stattdessen „Rohstoff“ für neue Produkte ist.

Dieser Beitrag stammt von unserem Partnerportal Laborpraxis.de.

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