Echtzeit-MRT in der Medizin Präzise und schonende Bilder vom schlagenden Herzen

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Bilder vom schlagenden Herzen waren bisher schwierig zu erstellen. Mit einer MRT-Aufnahme sowie einem selbstlernenden Algorithmus sind 30 bis 50 Bilder in der Sekunde möglich.

Die am Fraunhofer MEVIS entwickelte Software erkennt in den Echtzeit-MRT-Daten automatisch die Atem- und Kontraktionsphasen des Herzens, ohne auf EKG-Informationen angewiesen zu sein. Mediziner können so Herzpatienten schneller und einfacher untersuchen.
Die am Fraunhofer MEVIS entwickelte Software erkennt in den Echtzeit-MRT-Daten automatisch die Atem- und Kontraktionsphasen des Herzens, ohne auf EKG-Informationen angewiesen zu sein. Mediziner können so Herzpatienten schneller und einfacher untersuchen.
(Bild: Klinghammer/ Fraunhofer MEVIS)

Eine Herzerkrankung lässt sich schonend und präzise mit der Magnetresonanz-Tomographie diagnostizieren. Doch die Methode hat Grenzen: Bei Kindern sowie Patienten mit Herzrhythmusstörungen geht das nur sehr eingeschränkt. Abhilfe verspricht ein Gemeinschaftsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Bildgestützte Medizin MEVIS und des Max-Planck-Instituts für Biophysikalische Chemie. Den Experten ist es gelungen, die Bildaufnahmen erheblich zu beschleunigen und damit das Einsatzfeld der Methode zu erweitern.

Der Patient wird weniger belastet

Für die Diagnose von Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) eine entscheidende Rolle. Die Gründe: Sie belastet die Patienten nicht mit Röntgenstrahlung, und anders als ein Herzkatheter ist sie nichtinvasiv, also mit keinem Eingriff verbunden. Außerdem liefert ein MR-Scanner Informationen, die kein anderes bildgebendes Verfahren zu geben vermag. So kann er den Zustand des Herzmuskelgewebes klassifizieren. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt den verstärkten Einsatz von MRT-Bildgebung zur Herzdiagnostik.

Bislang lässt sich die Methode nur mit Einschränkungen nutzen. Der Grund: Die Bildaufnahme erfolgt nicht schnell genug, um die Bewegungen des Herzens, verursacht durch Atmung und Herzschlag, direkt nachzuverfolgen. Um die Atembewegung zu verhindern, müssen die Patienten deshalb während der Untersuchung die Luft anhalten. Gleichzeitig müssen sie an ein EKG angeschlossen sein, das ihren Herzschlag erfasst. Nur so lässt sich bei der Bildrekonstruktion nachträglich feststellen, zu welcher Phase des Herzschlags eine bestimmte Aufnahme gehört.

30 bis 50 Bilder in der Sekunde

Mit der Cardiac Function in Realtime können die Wissenschaftler eine MRT-Aufnahme in Echtzeit anfertigen. Der Göttinger Experte Prof. Jens Frahm erklärt: „Bilder mit extrem verkürzten Messzeiten gestatten es, Filme vom schlagenden Herzen aufzunehmen: mit 30 bis 50 Bildern pro Sekunde, bei freier Atmung und ohne EKG. Damit wird es erstmals möglich, direkt die Reaktionen des Herzmuskels oder des Blutflusses bei körperlicher Belastung zu beobachten“ erklärt Prof. Frahm.

Die dafür notwendigen Bildanalysemethoden haben die Experten des Fraunhofer MEVIS entwickelt – insbesondere einen Algorithmus, der in den Daten automatisch die Atem- und Kontraktionsphasen des Herzens identifiziert, ohne dabei auf EKG-Informationen angewiesen zu sein. Allerdings fällte eine große Anzahl an Daten an. Dazu MEVIS-Projektleiterin Dr.-Ing. Anja Hennemuth. „Bei einer Untersuchung fallen bis zu 8 GByte an Bilddaten an, die vom Arzt nicht mehr manuell ausgewertet werden können.“

Selbstlerndene Algorithmen verbessern Kontrast

Ein weiteres Problem: Die in schneller Folge aufgenommenen Bilder weisen weniger klare Kontraste als herkömmliche MRT-Aufnahmen auf. So können die Intensitätsunterschiede zwischen Blut und Gewebe wechseln, was es schwierig macht, beide verlässlich zu unterscheiden. „Mit den klassischen Methoden kommt man da nicht weiter“, betont Hennemuth. „Wir mussten neue, selbstlernende Algorithmen entwickeln, die auch bei wechselnden Kontrasten den Herzmuskel zuverlässig finden.“

Kinderkardiologen nutzen Cardiac Function in Realtime bereits in der Forschung. Dank der neuen Methode können die Kinder nun wach im MR-Scanner liegen und in die Pedale eines Liegerad-Hometrainers treten. Damit lässt sich ihr Herz nun auch unter definierter Belastung untersuchen. Da kein EKG mehr angeschlossen werden muss, verringert sich die Zeit für die Bildaufnahme um bis zu 50 Prozent.

Am Universitätsklinikum Göttingen hat die klinische Erprobung bereits begonnen, bald sollen weitere Zentren folgen. „Eine neue Hardware ist nicht nötig, es genügt eine Software-Erweiterung für die bestehenden MRT-Geräte“, sagt Anja Hennemuth. „Wir hoffen, dass die Methode schon im kommenden Jahr einsatzbereit ist.“

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