Kompletter 1-GHz-Rechner, klein wie ein Stück Schokolade

Redakteur: Michael Eckstein

Die süßeste Versuchung seit Raspberry-Pi: Der Linux-Rechner OSD335x C-SiP von Octavo Systems misst lediglich 27 mm x 27 mm – und vereint doch ARM-A8-Prozessor, Stromversorgung, Taktgeber, RAM und Flash in einem flachen Gehäuse.

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Hochintegration: Im "System in Package" (SiP) OSD335x C-SiP von der Größe einer kleinen Lego-Bauplatte steckt ein vollständiger 1-GHz-Linux-Rechner.
Hochintegration: Im "System in Package" (SiP) OSD335x C-SiP von der Größe einer kleinen Lego-Bauplatte steckt ein vollständiger 1-GHz-Linux-Rechner.
(Bild: Octavo Systems)

Als im Milleniums-Jahr 2000 der erste PC-Prozessor – ein AMD Athlon K75 – die prestigeträchtige 1 GHz-Marke knackte, steckte er zusammen mit zwei großen L2-Cache-Chips auf einem ausladenden Slot-A-Modul von der Größe zweier übereinander gestapelter iPhones. Er wurde so heiß, dass eine Montage auf dem Mainboard nicht in Frage kam. Ein opulenter, aktiver Kühler hielt das Rechenwerk, das typischerweise in einem riesigen Tower-Gehäuse steckte, am Leben.

Welchen Fortschritt die Technik in diesen gut 18 Jahren gemacht hat, verdeutlicht der OSD335x C-SiP von Octavo Systems: Dieser extrem kompakte 1-GHz-Komplettrechner steckt in einem Ball-Grid-Array-(BGA)-Gehäuse mit einer Kantenlänge von lediglich 27 mm x 27 mm und wenigen Millimentern Bauhöhe. Neben dem ARM-Cortex-A8-Prozessor Sitara AM335x von Texas Instruments stecken in dem „System-in-Package“ (SiP) alle Komponenten, die einen Rechner ausmachen: bis zu 1GB DDR3 RAM, 4KB EEPROM, zwei Stromversorgungen, bis zu 16GB eMMC Flash-Speicher, ein MEMS-Oszillator und über 100 passiven Bauelementen. Mit der Außenwelt ist das SiP über 400 Anschlüsse verbunden.

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System in Package: „Nur Strom und ein paar Widerstände sind noch erforderlich“

„Die Integration des eMMC Flash und Oszillators zum Prozessor, RAM und den Stromversorgungen macht das OSD335x C-SiP zu einem kompletten System“, erklärt Gene Frantz, CTO bei Octavo Systems. Die Lösung würde alles enthalten, was für einen leistungsstarken Linux-Rechner erforderlich ist. „Nur Strom und ein paar Widerstände sind erforderlich. Daher nennen wir es ein komplettes System-in-Package.“

Nach Angaben von Octavo erübrigen sich durch die weitreichende Integration des OSD335x C-SiP viele wiederholende und langwierige Aufgaben beim Entwickeln von Rechnersystemen. Aufgaben wie das Design von DDR3-Speicherschnittstellen und das Einrichten des Power Sequencing sind nicht mehr erforderlich. Auch über die elektromagnetische Verträglichkeit bräuchten sich Entwickler keine Gedanken machen.

Vielfältige Konfigurationsmöglichkeiten für unterschiedliche Anwendungen

„Das OSD335x C-SiP ermöglicht Entwicklern, ein Rechnersystem in der Hälfte der Zeit bereitzustellen, die sonst für die Entwicklung einer eigenständigen Lösung erforderlich wäre“, ist Erik Welsh, Application Engineering Manager bei Octavo Systems, überzeugt. Verglichen mit einem gleichwertigen, jedoch mit Einzelkomponenten aufgebauten System sei die Octavo-Lösung nur rund halb so groß, was viele Embedded-Designs vereinfache.

Laut Octavo Systems eignet sich das OSD335x C-SiP für eine Vielzahl von Anwendungen in den Bereichen Gebäudeautomation, industrielle Steuerungen und Consumer-Anwendungen. Besonders beliebt sei es für den Einsatz in IoT-Anwendungen. „Durch die Integration der Sitara-AM335x-Prozessoren in die Octavo SiPs bietet Octavo eine große Auswahl an Leistungsfähigkeit, Kommunikationsperipherie und notwendige Systemkomponenten“, erläutert Adrian Valenzuela, Catalog Processors Marketing Director bei TI. „Da alle diese Funktionen als Lösung erhältlich ist, die auch zu anderen Sitara-AM335x-Prozessoren kompatibel ist, lassen sich Designs für eine Vielzahl von Anwendungen anpassen.“

Vereinfachte Beschaffung: „Nur eines statt über hundert Bauelemente“

Da Entwickler sich nicht mehr um eine kontinuierliche Versorgung von kritischen Bauteilen wie Kondensatoren, DDR- und EMMC-Speicher kümmern müssten, würden sich die Bauteilebeschaffung und das Verwalten der Lieferkette vereinfachen, sagt Greg Sheridan, Marketing Manager bei Octavo Systems. „Die vollständige Integration unserer SiPs bedeutet, dass sich unsere Kunden die Beschaffung und Verwaltung von über 100 Bauelementen sparen können.“ Man selbst würde eng mit Lieferanten zusammenarbeiten, um eine durchgängige Lieferung sicherzustellen.

Octavo Systems geht davon aus, dass das OSD335x C-SiP bis Ende des Jahres für den allgemeinen Markt verfügbar sein wird. Bereits jetzt stünden Datenblatt und Muster zur Verfügung. Die erste Variante wird laut Hersteller mit dem AM3358-Prozessor, 512 MB DDR3-Speicher und 4 GB eMMC ausgestattet und für den industriellen und kommerziellen Temperaturbereich erhältlich sein. Preislich soll sich das SiP an einem gleichwertigen diskreten System orientieren, sagt Sheridan: „Unser Ziel ist es, unsere Produkte aus Integrations- und Kostensicht so attraktiv zu gestalten, dass es keinen Grund mehr für ein diskretes Design gibt.“

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