Elektrokutsche fährt dank aktiver Balancer-Technik nun den ganzen Tag

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Die Akkuzellen in einer Batterie unterscheiden sich in ihrer Speicher­kapazität. Cell Balancing kann hier helfen. Nun lässt sich die Nutzungsdauer mit einem neuen Balancing-Ansatz um bis zu 30% erhöhen.

Feldtest des Mountain Embedded Balancers bei den Elektrokutschen in Münster: (von links nach rechts) Kutschenbetreiber Hansjürgen Steins, Entwickler Jens Hanowell und Projektkoordinator Markus Kessler.
Feldtest des Mountain Embedded Balancers bei den Elektrokutschen in Münster: (von links nach rechts) Kutschenbetreiber Hansjürgen Steins, Entwickler Jens Hanowell und Projektkoordinator Markus Kessler.
(Bild: Markus Kessler)

Ein neuer aktiver Balancer erreicht eine deutlich verlängerte Nutzungsdauer bei mehrzelligen Lithium-Akkus – je nach Nutzungsart bis zu 30% in E-Fahrzeugen. Das haben die Entwickler von Mountain Embedded durch ein neuartiges Konzept erreicht. Entgegen bestehender BMS-Konzepte braucht hierbei nicht jede einzelne Zelle aufwendig mit dem externen Balancer verkabelt zu werden.

Der Mountain-Embedded-Balancer ist eine dezentrale Lösung mit einzelnen, autark arbeitenden Modulen an jeder Zelle. Es wird außerdem auf eine extra Puffer-Zelle verzichtet, da das System Energie entlang der Kette verschieben kann. Beim Mountain-Embedded Konzept werden DC/DC-Wandler ohne Isolation und mit geringem Übersetzungsverhältnis jeweils zwischen zwei benachbarten Zellen verwendet. Das senkt die Kosten und realisiert aufgrund der sehr kurzen Leitungswege Transferströme von 5 A (typisch am Markt 2 A) zwischen den Zellen. Der erhöhte Strom und das smarte Lademanagement der untereinander vernetzten Module, bringen den entscheidenden Vorteil, dass im Falle eines Zelltausches über Nacht der Ladezustand des Gesamtsystems wieder ausgeglichen werden kann. Aktuelle Lösungen benötigen dazu teilweise Wochen.

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Einsatz in einer elektrischen Kutsche

Der Prinzipalexpress in Münster kutschiert – im wahrsten Sinne des Wortes – Touristen, Besucher und all diejenigen, die in Münster zuhause sind nun seit über sechs Jahren durch die Stadt. Das Besondere an den Kutschen: sie werden nicht von Pferden gezogen sondern elektrisch angetrieben.

Seit Herbst 2017 fahren die Kutschen mit dem aktiven Cell-Balancer von Mountain-Embedded. Und diese Balancer sorgen für eine 30% längere Nutzungsdauer – das hat der direkte Vergleich zwischen alten und neuen Systemen gezeigt: Die Batterielaufzeit hat sich von sieben auf rund 12 Stunden erhöht, was über einen Werktag der Kutscher hinausgeht. Auch wenn es mal knapp werden sollte, wird Energie zwischen den Zellen hin und her „gebalanced“ und damit vor allem in der Endphase eine Weiterfahrt ermöglicht.

Warum Cell Balancing so wichtig ist

Akkumulatorzellen weisen immer Unterschiede in der Speicherkapazität auf. Diese Differenzen entstehen durch Fertigungstoleranzen und werden im Laufe der Nutzung in der Regel größer. Eine Zelle mit geringerer Kapazität ist in der Ladephase als erste voll und erzwingt damit den Abbruch des Aufladevorgangs. Die anderen Zellen in der Kette könnten durchaus noch Energie aufnehmen, dabei würde die schwache Zelle jedoch überladen.

Bei der Energieentnahme ist die schwache Zelle als erste leer und definiert damit das Ende des Nutzungszyklus. Auch hier könnte den anderen Zellen noch Energie entnommen werden, die schwache Zelle würde dann jedoch tiefentladen und geschädigt. Die übliche Lösung für das Problem in der Ladephase ist ein passiver Balancer, der eine Fortsetzung der Ladung mit stark reduziertem Strom gestattet und dabei die Energie, die eine schwache Zelle nicht mehr aufnehmen kann einfach in Wärme umsetzt. Auf diese Weise werden alle Zellen vollständig geladen, die Endphase der Ladung dauert dabei allerdings wegen des reduzierten Stroms recht lange.

Das Problem in der Nutzungsphase wird üblicherweise nicht gelöst oder man nimmt eine leichte Schädigung der schwachen Zellen schlichtweg in Kauf. Durch so etwas eskalieren die Probleme dann leider recht schnell (Pedelec, Akkuschrauber etc.). Schon seit über 40 Jahren wird bei sehr hochwertigen Akkumulatoren ein aktives Balancing angewendet, das im Prinzip Energie zwischen einzelnen Zellen verschieben kann. Diese Lösungen sind wegen des erheblichen technischen Aufwands im Markt bisher nur selten anzutreffen. Man schöpft beim Laden in der Endphase bei den schwachen Zellen Energie ab und verteilt diese direkt oder indirekt auf die starken Zellen. Obwohl man mit dieser Hardware auch in der Endphase der Entladung die schwachen Zellen stützen könnte, wird dies kaum implementiert.

Die Vorteile der ME-Balancer:
  • Die Lösung ist dezentral angelegt,
  • jede einzelne Platine arbeitet autark,
  • keine separaten Controller nötig,
  • keine extra Kabel zu Zellverbindern,
  • Energietransfer mit sehr hohem Wirkungsgrad,
  • Energietransfer direkt von Zelle zu Zelle,
  • keine „Umwege“ über Transformatoren oder Puffer-Akku,
  • eine Zelle gibt Energie an beide Nachbarn ab,
  • eine Zelle bekommt Unterstützung von beiden Nachbarn,
  • keine Begrenzung der geschalteten Zellen,
  • jede Platine sieht nur 8 V auch bei Ketten mit 400 V,
  • jede Platine entscheidet und arbeitet autark, kommuniziert aber digital mit der gesamten Kette,
  • die letzte Platine sendet die Lade- und Zustandsinformationen aller Zellen per Funk an die Zentrale oder eine App.

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