Fehler korrigierende Katzen: „Katzen-Qubits“ sollen für praktikables Quantencomputing sorgen

Redakteur: Sebastian Gerstl

Forscher der Universität Yale haben ein Gerät entwickelt, mit dem sie einige der kniffligsten Fehler im Quantencomputing in den Griff bekommen wollen. Zentrales Element seien dabei „Katzen-Qubits“, die sich das Superpositions-Modell von Schrödinger's Katze zu Nutze machen.

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Das Gedankenmodell von Schrödingers Katze sagt aus, dass ein physikalisches System in zwei Zuständen gleichzeitig existieren kann. Dieses Konzept der Superposition wollen Forscher der Universität Yale nun dazu genutzt haben, um sogenannte Phasen-Flips im Quantencomputing unterbinden zu können. Die Entwickler sprechen dabei von 'cat qubits'.
Das Gedankenmodell von Schrödingers Katze sagt aus, dass ein physikalisches System in zwei Zuständen gleichzeitig existieren kann. Dieses Konzept der Superposition wollen Forscher der Universität Yale nun dazu genutzt haben, um sogenannte Phasen-Flips im Quantencomputing unterbinden zu können. Die Entwickler sprechen dabei von 'cat qubits'.
(Bild: Michael S. Helfenbein / Yale University)

Bei allen Fortschritten, die derzeit im Bereich des Quantencomputings gemacht werden, ist das Prinzip dennoch noch einige Jahre - vielleicht sogar Jahrzehnte - von einer kommerziell praktischen Anwendbarkeit entfernt. Ein Problem, dass Forschern hier noch Kopfzerbrechen bereitet, ist die Korrektur des Fehlerstroms, der bei der Ausführung einer Aufgabe zwischen zerbrechlichen Bits der Quanteninformation, den so genannten Qubits, auftritt.

Fehler entstehen durch Bit-Flips als auch durch „Phasen-Flips"

In einem herkömmlichen Computer wird eine Information entweder als 0 oder 1 kodiert. Die einzigen Fehler, die während der Berechnungen auftreten, sind sogenannte Bit-Flips. Diese treten auf, wenn ein Informationsbit versehentlich von 0 auf 1 oder umgekehrt umgedreht wird. Ein Weg, einen solchen Bit-Flip zu korrigieren, besteht darin, Redundanz einzubauen und drei „physikalische“ Informationsbits zu verwenden, um ein „effektives“ - oder genaues - Bit zu gewährleisten.

Im Gegensatz dazu unterliegen Quanteninformationsbits (Qubits) allerdings nicht nur solchen Bit-Flips. Vielmehr können darüber hinaus noch „Phasen-Flips“ auftreten, bei denen ein Qubit zufällig zwischen Quantenüberlagerungen hin- und herspringt - soll heißen, wenn zwei entgegengesetzte Zustände gleichzeitig existieren. Bisher haben Quantenforscher versucht, Fehler durch Hinzufügen größerer Redundanz zu beheben. Dies erfordert allerdings eine Fülle von zusätzlichen physikalischen Qubits für jedes effektive Qubit - deutlich mehr, als an redundanten Bits zur Korrektur eines Bitflips notwendig wären. Dies schränkt den effektiven Nutzen von Quantenprozessoren deutlich ein.

„Katzen-Qubits“: Fehler mit Hilfe der Quantenüberlagerung unterdrücken

Um eine so große Zahl an redundanten Qubits bei der Entwicklung eines praxistauglichen Quantencomputers vermeiden zu können, haben die Forscher der Yale University einen anderen Ansatz gewählt. Dieser stützt auf eine Kodierung regulärer Qubits mit Hilfe sogenannter „Katzen-Qubits“ („cat qubits“), in Anspielung auf das bekannte paradoxe Gedankenexperiment des Physikers Erwin Schrödinger zur Veranschaulichung des Konzepts der Quantenüberlagerung.

In dem hypothetischen Szenario wird eine Katze in eine versiegelte Schachtel mit einer radioaktiven Quelle und einem Gift gegeben, das ausgelöst wird, wenn ein Atom der radioaktiven Substanz zerfällt. Da man nicht in die Schachtel sehen kann ist dem Beobachter nicht klar, welchen physischen Zustand - tot oder lebendig - die Katze aktuell besitzt. Die Superpositions-Theorie der Quantenphysik besagt, dass die Katze sowohl lebendig als auch tot ist, bis jemand die Schachtel öffnet um diesen Zustand zu überprüfen. Es handelt sich also um eine Überlagerung von Zuständen. Das Öffnen der Box, um die Katze zu beobachten, bewirkt, dass sie ihren Quantenzustand nach dem Zufallsprinzip abrupt ändert und dadurch gezwungen wird, entweder lebendig oder tot zu sein.

„Unsere Arbeit entspringt einer neuen Idee“, sagt Michel Devoret, F.W. Beinecke-Professor für angewandte Physik und Physik in Yale und leitender Autor einer Arbeit über die Forschung. „Warum nicht eine clevere Methode verwenden, um Informationen in einem einzigen physikalischen System zu kodieren, so dass eine Fehlerart direkt unterdrückt wird?“

Im Gegensatz zu den mehreren physikalischen Qubits, die zur Aufrechterhaltung eines effektiven Qubits erforderlich sind, kann nach Ansicht der Yale-Forscher ein einziges Katzen-Qubit Phasenumkehrungen ganz von selbst verhindern. Das Katzen-Qubit kodiert ein effektives Qubit in Überlagerungen von zwei Zuständen innerhalb einer einzigen elektronischen Schaltung - in diesem Fall ein supraleitender Mikrowellenresonator, dessen Schwingungen den beiden Zuständen des Katzen-Qubits entsprechen.

„All dies erreichen wir, indem wir Mikrowellenfrequenzsignale auf ein Gerät anwenden, das nicht wesentlich komplizierter ist als ein herkömmliches supraleitendes Qubit,“ ergänzt Alexander Grimm, Miterstautor der Arbeit und ehemaliger Postdoktorand in Devorets Labor und aktuell Tenure-Track-Wissenschaftler am Paul Scherrer Institut in der Schweiz.

Die Forscher sagen, sie seien in der Lage, ihr Katzen-Qubit auf Kommando von jedem seiner Überlagerungszustände in jeden anderen Überlagerungszustand zu versetzen. Darüber hinaus entwickelten sie eine neue Art des Auslesens - oder Identifizierens - der im Qubit kodierten Information.

„Das macht das von uns entwickelte System zu einem vielseitigen neuen Element, das hoffentlich in vielen Aspekten der Quantenberechnung mit supraleitenden Schaltkreisen Verwendung finden wird“, sagt Devoret.

Die Ergebnisse ihrer Studie haben die Forscher unter dem Titel "Stabilization and operation of a Kerr-cat qubit“ im Fachjournal Nature veröffentlicht (DOI 10.1038/s41586-020-2587-z).

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