Dehnungsmessstreifen (DMS) Neuartige Silikon-Sensoren zur Dehnungsmessung
Die Schweizer Sateco hat Sensoren aus Silikon (nicht Silizium!) entwickelt, die ein optisches (Veränderung der Lichtintensität) und ein kapazitives (Verschiebung leitfähiger Schichten) Wirkprinzip zur Dehnungsmessung nutzen.
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Der Dehnungsmessstreifen (DMS) hat nach seiner Erfindung vor gut 90 Jahren das Rentenalter längst erreicht, doch seine allgegenwärtige Präsenz zeigt, dass er noch immer unverzichtbar ist. Aber mit steigenden Ansprüchen an die einfache Applizierbarkeit, die Reproduzierbarkeit der Messwerte und ihrer digitalen Verarbeitung werden in den Branchen schon seit geraumer Zeit Alternativen zum konventionellen Klebesensor gesucht.
Die übliche Methode zur Dehnungsmessung
Ein gängiger Weg zur Bestimmung von Dehnungen führt über die Messung einer Veränderung des elektrischen Widerstands eines elektrischen Leiters, der die zu bestimmende Dehnung oder Stauchung erfährt. Insbesondere beim metallischen Dehnungsmessstreifen basiert diese Änderung des Widerstands auf einer Veränderung des Längen- und Querschnitts.
Wird ein Dehnungsmessstreifen gestreckt, dann nimmt sein Widerstand zu. Bei Stauchung nimmt sein Widerstand ab. Dieses Konzept kann nicht direkt auf nichtleitende Materialien wie Silikon übertragen werden. Zu diesem Zweck müssen Elastomere zuerst elektrisch leitfähig gemacht werden, indem man ihnen zum Beispiel metallische oder kohlenstoffbasierte Partikel beimischt.
„Versuche mit leitfähigen Elastomersensoren haben jedoch gezeigt, dass die Widerstandsänderungen durch Dehnung nicht stabil wiederholbar ist und geringe Reproduzierbarkeit aufweisen“, konstatiert Dr. Daniel Häfliger, CEO der Sateco AG, „die Hauptursache liegt darin, dass das leitfähige Material beim elastomerbasierten Sensor aus einem Komposit besteht, während beim metallischen Dehnungsmessstreifen der elektrische Leiter eben aus Metall ist.“
Jetzt kommt neues Material ins Spiel
Für die Verwendung von Elastomeren zur Messung einer Dehnung müssen somit auch andere Messmethoden entwickelt werden. Ein bereits weit entwickeltes Konzept basiert auf einer kapazitiven Messmethode. Der kapazitive Silikonsensor SXTSC von Sateco besteht aus Silikon, welches durch Beimischung von Kohlenstoffpartikel elektrisch leitfähig gemacht wird. Im Gegensatz zum zuvor beschriebenen widerstandsbasierten Konzept spielt beim kapazitiven Messprinzip das Widerstandsverhalten des Materials eine untergeordnete Rolle, wodurch eine viel höhere Reproduzierbarkeit des Sensors erzielbar ist.
Ein noch junges Konzept besteht aus einem elastischen optischen Lichtleiter. Der optische Silikonsensor SXTSO besteht aus hochtransparentem Silikonmaterial, welches im Zusammenspiel mit einer LED und einem Lichtintensitätssensor als dehnbarer Lichtleiter wirkt. Dieses Konzept umgeht den Bedarf an elektrischer Leitfähigkeit komplett und nutzt den Vorteil von Silikon aus, dass das Elastomer im Gegensatz zu anderen Elastomeren eine hohe Transparenz aufweisen kann.
SXTSC – der elastische kapazitive Sensor
Der Silikonsensor SXTSC besteht aus drei elastischen, gegeneinander gelagerten leitfähigen Schichten, welche als Messkapazität wirken und durch eine Elektronik für kapazitive Sensoren ausgewertet werden können. Durch Verschiebung einer oder mehreren leitfähigen Schichten zueinander wird die Distanz zwischen den Schichten verändert. Dies bewirkt eine Veränderung der elektrischen Kapazität des Silikonsensors, welche durch die Elektronik gemessen werden kann.
Beim Auseinanderbewegen der Schichten reduziert sich die Kapazität, beim Stauchen der Schichten wird die Kapazität erhöht. Indem die Messelektronik zum Beispiel als Wechselstrom-Spannungsteiler ausgelegt wird, kann diese das Sensorsignal selbst bei hochohmigem Elastomermaterial genau auswerten. Der Sensor weist typischerweise eine Grundfläche von mehr als 10 mm Durchmesser und eine Dicke von über 3 mm auf. Damit kann er Dehnungen im Bereich von mehr als einem Millimeter messen. Die Auflösung hängt vom Gesamtsystem ab, befindet sich in der Regel im Bereich von hundertstel bis Zehntel Millimeter.
Aufgrund der guten elastischen Eigenschaften des Silikons kann eine Belastung über eine Million Mal wiederholt werden. Bei Sateco wurden Dauerläufe mit über 500.000 Bewegungszyklen unter mechanischer Last sowohl bei Raumtemperatur als auch bei -40 °C und +85 °C durchgeführt, jeweils auch in Kombination mit hoher relativer Feuchte von bis zu 90 %rF.
„Grundsätzlich behält Silikon seine elastische Eigenschaft über einen sehr großen Temperaturbereich von typischerweise -40 °C bis +200 °C bei und eignet sich deshalb auch für den Einsatz unter anspruchsvollen Umweltbedingungen“, berichtet Häfliger, „je nach Umweltbedingungen wird eine Alterung in Form eines Drifts beobachtet, der jedoch durch beispielsweise einen Referenzsensor mittels der zuvor beschriebenen Messelektronik kompensiert werden kann. Über den Referenzsensor lassen sich außerdem Umwelteinflüsse während der Messung ausgleichen, indem dieser Sensor den gleichen Bedingungen wie der Messsensor ausgesetzt wird, jedoch die mechanische Belastung nicht erfährt.“
SXTSO – der elastische optische Sensor
Der Silikonsensor SXTSO besteht im Wesentlichen aus einem hochtransparenten, dehnbaren Lichtleiter, welcher mit Licht im visuellen oder nahen Infrarotbereich durchleuchtet wird. Hierzu wird an einem Ende eine LED ins Material eingefügt. Am anderen Ende des Lichtleiters ist eine Photodiode ins Material eingelassen. Durch Dehnung und Stauchung des elastischen Lichtleiters wird die Intensität des Lichts, welches durch den Wellenleiter transportiert wird, verändert. Es sind ausführliche Prüfungen zur Charakterisierung des Messverhaltens unter verschiedenen Einwirkungsarten, Umgebungsbedingungen und Einbausituationen durchgeführt worden. Obwohl das Konzept noch in einer frühen Phase der Entwicklung ist, besteht bereits ein hohes Mass an Erfahrung und Datenbasis. Dies ermöglicht die effiziente kundenseitige Mitwirkung auf dem Weg zu einem anwendungsspezifischen Produkt.
Der Nutzen optischer und kapazitiver Silikonsensoren
Der Herstellprozess der Silikonsensoren ermöglicht die freie Gestaltung sowohl der Grundfläche als auch weiteren Dimensionen wie Querschnitt und Länge. Dadurch kann einerseits der Messbereich auf die Anwendung hin optimiert werden. Als weiteren großn Vorteil bietet dies Flexibilität bei der Integration des Sensors in das kundenseitige System.
Häfliger: „Der Sensor kann so gestaltet werden, dass er sich gekrümmten Oberflächen beliebig anpassbar und nahtlos zwischen Trägermaterial und Oberfläche integrierbar ist. Aufgrund seiner hohen elastischen Verformbarkeit lässt sich der Silikonsensor auch problemlos in weiche Materialien wie Textilien und Schaumstoffen integrieren. Das ermöglicht die ergonomische Gestaltung von Eingabegeräten, Prothesen und Exoskeletten sowohl auf kleinen als auch großen Flächen. Neben dem Ausgleich von Einbautoleranzen kann er gleichzeitig eine gewisse Vorspannung des Systems sicherstellen. Damit wird die Montage besonders in gekrümmten und komplexen Aufbauten stark vereinfacht.“
Als Vorteil des kapazitiven Silikonsensors SXTSC kann insbesondere die Möglichkeit genannt werden, zwei Messfunktionen mit demselben Bauteil zu erfüllen. Aufgrund des kapazitiven Wirkprinzips kann der Sensor die Näherung eines Körperteils auf kurze Distanz detektieren und auch dessen mechanische Einwirkung präzise messen. Das hält das kundenseitige System kompakt und ermögliche prädiktive Bedien und Messsysteme.
Häfliger: „Silikon ist grundsätzlich angenehm auf der Haut. Durch optionale Texturierung der Oberfläche kann der Tragekomfortweiter gesteigert werden. In Hinblick auf Lebensmittel ist Silikon chemikalienresistent und temperaturbeständig. Der Sensor als Messzelle mit elektrischen Anschlüssen kann ohne großen Aufwand außerhalb einer Leiterplatte direkt in die Oberfläche integriert werden. Sein Elastomermaterial erspart zusätzliche Elemente zur mechanischen Dämpfung, Vorspannung und Toleranzkompensation. Das vereinfacht die Konstruktion und reduziert die Herstellkosten. Und: Durch Elastomermaterial sind Silikonsensoren robust, stoß- und schlagresistent und haben auch in rauen Umgebungen bei hohen (+85 °C) und tiefen Temperaturen (40 °C) eine lange Lebensdauer.“
Anwendungsbeispiele der Silikonsensoren
Die Silikonsensoren SXTS eignen sich laut Sateco zum Beispiel für den Einsatz in automatisierten Prozessen. Als Kraft-Weg-Sensor an Greifsystemen verursacht die Silikonkomponente nur sehr geringes Zusatzgewicht, wodurch Prozesse präziser werden und beschleunigt werden können. Insbesondere bei mobilen Robotern und tragbaren Exoskeletten ist der Faktor geringes Gewicht von großer Wichtigkeit.
Sensoren an Greifern können die automatische Erkennung von Gegenständen unterstützen. So haben laut Häfliger entsprechende Studien gezeigt, dass Roboter, die ihnen unbekannte Gegenstände erkennen sollen, für deren Identifikation neben der Bilderkennung auch taktile Merkmale benötigen, etwa Steifigkeit der Gegenstände. Zur Bestimmung der Steifigkeit ist ein weicher, verformbarer Sensor von großem Vorteil.
Die dehnbaren optischen Silikonsensoren SXTSO könnten im Weiteren zur Bestimmung von Biegewinkel und Position von Greifern verwendet werden. Die Wirkungsweise des Dehnungssensors ermöglicht die Positionsmessung in neuartigen Greifern, welche keine fixen Gelenke aufweisen, wie zum Beispiel pneumatisch angetriebene Systeme.
In der Medizintechnik stoßen die Sensoren auf Interesse bei der Steuerung von Prothesen und Messung von Druckstellen in Fußsohlen und Druckverbänden. Im Automobilbau bestehen bereits Machbarkeitsprojekte für Bedienelemente im Lenkrad. Durch das Einbringen von mehreren Sensoren im zentralen Bereich des Lenkrads können mit denselben Bauelementen kraft- und weggesteuerte Hup-Funktionen und Gestik-Steuerung umgesetzt werden. Durch seine hohe Flexibilität in alle Richtungen kann der Sensor Toleranzen in der Montage und der Belederung effizient ausgleichen und eine gute mechanische Kopplung an die Bedienoberfläche sicherstellen.
Der Start in die Anwendung der Technologie
Für den kapazitiven Silikonsensor SXTSC steht dem potentiellen Anwender als Starthilfe ein sogenanntes Starter-Kit zur Verfügung. Das Starter-Kit besteht aus vier Sensoren, einer speziellen Auswerteelektronik und einer grafischen Benutzerschnittstelle. Mit der eigens entwickelten Software können die Messsignale der Silikonsensoren erfassen und auf einem Bildschirm darstellt werden. Die Messdaten können für weitere Verwendungszwecke gespeichert oder optional per USB-Schnittstelle weiterverarbeitet werden.
Das Set eignet sich für erste Versuche und den Bau von Prototypen. Auf Wunsch sind projektspezifische Anpassungen des Messbereichs durch konstruktive Optimierungen des Sensors möglich. Im Weiteren können sowohl die Elektronik als auch die Software auf Wunsch erweitert und als Grundlage für die Produktentwicklung verwendet werden. Die Industrialisierung des Silikonsensors SXTSC erfolgt über bestehende und bewährte Produktionsprozesse und -mittel der Sateco Gruppe.
Für den optischen Silikonsensor SXTSO steht ein leistungsfähiges Team mit Erfahrung im Bereich Anwendung, Konstruktion, Produktion und Kompetenz in Elektronik und Software für die kundenspezifische Entwicklung von Sensorlösungen zur Verfügung.
Das ist die Sateco AG
Die Sateco Gruppe ist ein nach eigenen Angaben weltweit führender Hersteller für Schaltmatten und Sensoren aus Silikon. Sateco verbindet langjähriges Wissen und innovative Technik zu kundenspezifischen Lösungen und setzt Standards bei der Wahrnehmung von Bedienelementen und Schaltern. Das Familienunternehmen mit etwa 800 Mitarbeitern hat seinen Hauptsitz in Schwerzenbach (Schweiz) und unterhält Niederlassungen in Europa, USA und Asien.
Artikelfiles und Artikellinks
Link: Die Kompetenz von Sateco
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