Wärmemanagement Wie sieht der ideale Kühlkörper aus?

Autor / Redakteur: Jeannine Schmidt * / Kristin Rinortner

DEN idealen Kühlkörper für ALLE Anwendungen gibt es nicht. Hier kann nur gesagt werden, dass es, wenn überhaupt, einen idealen Kühlkörper für eine bestimmte Anwendung geben kann. Wie sieht dieser aus? Und wie findet man diesen?

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Den richtigen Kühlkörper finden: Auswahl an mechanisch bearbeiteten Strangpresskühlkörpern.
Den richtigen Kühlkörper finden: Auswahl an mechanisch bearbeiteten Strangpresskühlkörpern.
(Bilder: Fischer Elektronik)

Ein effektives Wärmemanagement, welches in den häufigsten Fällen einen Kühlkörper beinhaltet, wird benötigt, um elektronischen Bauteilen eine hohe Lebensdauer zu ermöglichen. Dies ist eins der wichtigsten Qualitätsmerkmale für elektronische Bauteile. Entscheidend für den optimalen Kühlkörper sind die Materialauswahl, die Ausrichtung des Kühlkörpers und die Position von dessen Kühlrippen.

Kühlkörper werden hauptsächlich aus Aluminium hergestellt. Die Materialauswahl wird aber von verschiedenen Faktoren gelenkt. Die Kosten, die thermische Leitfähigkeit, das Gewicht sowie die Möglichkeit der Oberflächenbehandlung und der Verarbeitbarkeit sind nur einige von ihnen.

Ein weiterer wichtiger Werkstoff in der Kühlkörperherstellung ist Kupfer (E-Cu58). Thermisch gesehen ist dieses mit einer sehr hohen Wärmeleitfähigkeit von 380 W/mK deutlich besser als Aluminium (220 W/mK, Dichte: 2700 kg/m³) geeignet, hat aber den Nachteil, dass es schwerer (Dichte: 8933 kg/m³) und wesentlich teurer ist. Ein weiterer großer Vorteil von Aluminium besteht darin, dass es sehr gut spanend bearbeitet werden kann. Daraus lassen sich viele Vorteile für die Bearbeitung und verschiedene Geome­trien ableiten.

Auch die Auswahl des Herstellverfahrens kann im Wesentlichen über die Geometrie des gewünschten Aluminiumkühlkörpers Aufschluss geben. Zwei Hauptverfahren sind zu unterscheiden: das Strangpress- und das Druckgussverfahren.

Die Herstellverfahren für Kühlkörper

Für Profile mit einer festen Kontur eignet sich das Strangpressen. Eine Aluminiumlegierung wie EN AW 6060 T66 (AlMgSi0,5) wird durch eine Matrize gepresst, anschließend auf die gewünschte Länge gesägt und ja nach Erfordernis mechanisch bearbeitet.

Für Kühlkörper mit einer vorgegebenen, komplexen Kontur kann auch das Druckgussverfahren verwendet werden. Hier findet das sogenannte Druckgussaluminium wie EN AC AlSi8Cu3 Verwendung.

Das Aluminium wird in vorgegebene Formen gegossen und härtet in diesen aus. Nachteilig ist beim Druckgussaluminium die geringere Wärmeleitfähigkeit von 110 bis 130 W/mK.

Somit ist die Entwärmung bei gleicher Größe schlechter als bei einem Strangpresskühlkörper. Bei hohen Stückzahlen können die Herstellkosten bei diesem Verfahren deutlich gesenkt werden.

Bekannt ist, dass Aluminium an der Luft sehr schnell korrodiert. Diese Tatsache macht eine Oberflächenbehandlung notwendig. Auch hier können verschiedene Behandlungen ausgewählt werden, die auch einen Einfluss auf die Oberflächenemission haben.

Die Oberflächenemission muss bei der Berechnung der Wärmestrahlung berücksichtigt werden. Die Aluminiumlegierung EN AW 6060 T66, welche beim Strangpressverfahren verwendet wird, eignet sich sehr gut zum Anodisieren. Die Eloxalschicht dient gleichzeitig als Korrosionsschutzschicht. Auch eine Lackierung oder Pulverbeschichtung kann je nach Geometrie vorgenommen werden. Der Oberflächenemissionsfaktor beim Anodisieren liegt bei etwa 0,77 (zum Vergleich: ein idealer schwarzer Kühlkörper hat einen Oberflächenemissionsfaktor von 1).

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Die drei Arten der Wärmeübertragung

In der Berechnung der Wärmeübertragung sind drei Bereiche zu berücksichtigen: Konvektion, Konduktion und Radiation. Die Übertragungsart, die in den meisten Anwendungen den höchsten Anteil an der Wärmeübertragung ausmacht, ist die Konvektion. Physikalisch gesehen ist dies der Wärmetransport eines Körpers zu einem sich bewegendem Fluid (Flüssigkeit, Luft, Gas). Berechnen lässt sich dies durch Gleichung 1:

q = h·As·∆Tconv (Gl. 1)

Hierbei bedeuten die einzelnen Variablen: q = Wärmeübertragung [W]; h = Wärmeübergangskoeffizient [W/m²K]; As = Wärmeabgebende Oberfläche [m²]; ∆Tconv = Temperaturdifferenz zwischen dem Körper und der umgebenden Luft [K].

Unter der Konduktion, auch als Wärmeleitung bezeichnet, versteht man den Wärmetransport innerhalb eines Körpers. Berechnet wird die Wärmeleitung nach Gleichung 2.

q = k·A·∆Tcond·1/l (Gl. 2)

mit den einzelnen Variablen: k = Wärmeleitwert des Materials [W/mK]; A = Querschnittsoberfläche [m²]; ∆Tcond = Temperatur­unterschied zwischen Oberfläche und Umgebungsluft [K]; l = Distanz der Wärmeübertragung innerhalb des Körpers [m].

Die Radiation oder auch Wärmestrahlung ist eine elektromagnetische Strahlung und wird mittels Gleichung 3 berechnet:

q = ε·σ·A·(TS4 –Tα4) (Gl. 3)

Hierbei bedeuten die einzelnen Variablen: ε = Oberflächenemission; σ = Stefan-Boltzmann-Konstante, 5,6704·10–8 [W/m²K4]; TS = Oberflächentemperatur [K]; Tα = Temperatur der Umgebungsluft [K].

Der Faktor der Wärmestrahlung spielt in Abhängigkeit des Temperaturbereiches in den meisten Fällen nur eine untergeordnete Rolle, da der Temperaturunterschied zwischen der umgebenden stehenden Luft und der Oberflächentemperatur sehr gering ist.

Bei Anwendungen, in denen eine passive oder eine aktive Entwärmung eingesetzt wird, ist die Temperatur der Betriebsumgebung wichtig. Als Betriebsumgebung werden die Temperatur und die Luftströmung bezeichnet, die den Kühlkörper umgeben. Die Entwärmung wird umso effektiver, je größer die Temperaturdifferenz zwischen Kühlkörper und Umgebungstemperatur ist. Es kann mehr Wärme und somit eine größere Leistung abgeführt werden.

Geschlossene Gehäuse können den Wärmeaustausch mit der Umgebung verhindern. Daher sollten bei Anwendungen innerhalb von geschlossenen Gehäusen die Kühlkörper mit dem Gehäuse verbunden oder die Gehäuse direkt als Kühlkörper verwendet werden (Bild 1). Eine Verbesserung der Entwärmung kann über den Einsatz von zusätzlichen Lüftermotoren erzielt werden.

Die richtige Ausrichtung des Kühlkörpers

Die Ausrichtung des Kühlkörpers sollte schon vor dessen Auslegung feststehen, da diese bei der Berechnung mit einfließen sollte. Die effektivste Entwärmung kann gewährleistet werden, wenn die Kühlrippen parallel zur Luftströmung, also parallel zur Gravitation, ausgerichtet werden. Dies begünstigt den sogenannten Kamineffekt. Hierbei gibt die Oberfläche des Kühlkörpers Wärme an die umgebende Luft ab, eine natürliche Konvektion entsteht.

Aufgrund des Dichteunterschieds von kalter zu warmer Luft (warme Luft ist leichter als kalte) steigt warme Luft nach oben. Bei einer nach unten geöffneten Rippenanordnung wird kalte Luft von unten angesaugt (Bild 2). Der Temperaturunterschied ist so immer möglichst groß und der Kühlkörper arbeitet am effektivsten. Bei einer Drehung des Kühlkörpers um 90° wird ebenfalls Wärme abgeleitet, aber nicht mehr so effizient. Die warme Luft wird dabei von den oben liegenden Kühlrippen blockiert und kann nicht nach oben strömen. Zusätzlich kann keine kalte Luft von unten angesaugt werden. Wenn keine Ausrichtung des Kühlkörpers im Vorfeld festgelegt werden kann, z.B. bei einer Anwendung, die in unterschiedlichen Positionen erfolgt, ist immer vom Worst Case auszugehen.

Bei einer erzwungenen Konvektion, typischerweise durch die Verwendung von Lüftermotoren, spielt die Ausrichtung des Kühlkörpers eine untergeordnete Rolle. Die induzierte Luft hat eine höhere Geschwindigkeit als die der natürlichen Konvektion. Die natürliche Konvektion wird überlagert und somit ist die Ausrichtung unwichtig.

Der Rippenabstand und die Rippenhöhe

Die Formeln für die Wärmeleitung und die Wärmestrahlung zeigen, dass eine möglichst große Oberfläche des Kühlkörpers einen positiven Einfluss auf die Wärmeübertragung hat. Dies stimmt bis zu einem gewissen Grad, aber auch die Rippenhöhe und der Rippenabstand müssen mit betrachtet werden. Eine Überlagerung der Grenzschichten (Bild 3) kann sich bei einem zu geringen Rippenabstand negativ auf die Konvektion und somit auf die Entwärmung auswirken.

Eine zu hohe Rippenhöhe ist ab einem bestimmten Punkt nicht mehr sinnvoll, da die Wärme nicht mehr in die Rippenspitzen übertragen werden kann und dieser Raum als „verschenkt“ betrachtet werden kann. Bei der Konstruktion ist es somit wichtig, das perfekte Gleichgewicht zwischen Rippenabstand, Rippenhöhe und der Kühlkörperoberfläche zu finden.

Bei der Entwicklung und Konstruktion von Kühlkörpern müssen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Faktoren berücksichtigt werden. Die verschiedenen Herstellverfahren und Werkstoffe eröffnen die Möglichkeit, für jede der zahlreichen Anwendungen in der Elektronik den passenden Kühlkörper herzustellen und zu bearbeiten.

Neben ihrer Erfahrung nutzen die Kühlkörperhersteller bei der Kühlkörperentwicklung eine computergestützte Wärmesimulation (CFD), um das effizienteste Kühlkörperdesign zu finden.

* Dipl.-Ing. (FH) Jeannine Schmidt ist als Entwicklungsingenieurin bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid tätig.

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