Pre-Compliance-Test und EMI-Anforderungen Wie Sie als EMV-Quereinsteiger brauchbare Messergebnisse erzielen

Autor / Redakteur: Thomas Rottach * / Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Hat Ihr Produkt die EMV-Zulassung nicht bestanden? Wir geben einen Überblick über den Pre-Compliance-Test und zu EMI-Anforderungen, Equipment und Messungen.

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Spektrum-Analysator DSA800: Für Quereinsteiger in das Gebiet der EMV eignen sich die Einstiegsgeräte von Rigol, um brauchbare Messergebnisse zu bekommen.
Spektrum-Analysator DSA800: Für Quereinsteiger in das Gebiet der EMV eignen sich die Einstiegsgeräte von Rigol, um brauchbare Messergebnisse zu bekommen.
(Bild: Rigol)

Eine nicht bestandene EMV-Zulassung ist für ein Unternehmen aus der Entwicklung nicht nur teuer, da ein erneuter Zulassungsversuch ansteht, sondern es verzögern sich auch neue Produkte, die auf den Markt gebracht werden sollen. Der Zeitverlust ist zum einen bedingt durch das Re-Design und zum anderen dadurch, dass EMV-Labore oft über Wochen ausgebucht sind.

Mit einem ordentlich ausgestatteten Spektrum-Analysator mit integrierter EMI-Test-Option (DAS815) bietet Rigol eine günstige Lösung an. Denn die günstigen Kosten bei der Anschaffung amortisieren sich, wenn man gleich den Zulassungstest besteht. Um eine konkrete Zahl zu nennen: Das Pre-Compliance-Test-Setup kostet, abhängig von der Ausführung, zwischen 3000 und 5000 Euro.

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Entwicklungslabore suchen aus der Not heraus nach einem nichtbestandenen Test nach einem geeigneten Testequipment. Die Vertriebskanäle beraten entsprechend auf Grundlage des durchgefallenen Test und schlagen eine entsprechende Konfiguration vor. Allerdings müssen entsprechende Messungen ausgeführt werden und da oft kein EMV-Spezialist im Team ist, muss der Hardwareentwickler selbst ran. Also wird das Setup aufgebaut, alles verkabelt und drauflosgemessen. Dementsprechend sehen die Ergebnisse aus: Sie sind nicht exakt wie in einem EMV-Labor und das Ergebnis für die erneute EMV-Zulassung ist bereits bekannt. Im Folgenden Text geben wir Ihnen einen Überblick über EMI-Anforderungen, Equipment und Messungen, damit Sie auch als EMV-Quereinsteiger brauchbare Messergebnisse erhalten.

Ein Überblick über das Themengebiet EMV

Das Themengebiet der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) teilt sich auf in:

  • Abgabe von elektromagnetischen Störungen und
  • Störfestigkeit gegen elektromagnetische Störungen.

Jeder der beiden Teilbereiche ist wieder aufgeteilt in zwei Kopplungspfade wie Luft und Leitung. So entstehen vier verschiedene Testszenarien (Bild 1). Am häufigsten treten Probleme bei der Messung von abgegebenen Störungen auf. Zugekaufte, günstige Schaltnetzteile, welche in Systeme verbaut werden, sind oft der Grund für Probleme mit leitungsgebundenen Störungen. Unvorsichtig verlegte Leiterbahnen, auf denen Taktsignale anliegen, wirken wie Antennen und strahlen entsprechend Leistung ab, welche bei Messungen der Abstrahlung zu Tage treten.

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Flexibles und bezahlbares Testsystem für einen Pre-Compliance-Test

Mit dem Einsatz von Standard-Komponenten mit der entsprechenden Messtechnik ist es möglich, ein flexibles und bezahlbares Testsystem für die EMV-Prüfung zu konfigurieren, um damit einen Pre-Compliance-Test auch in einem überschaubaren finanziellen Rahmen zu halten. Man kann hier von einem monetären Einsatz von weniger als 3300 Euro rechnen. Verwendet man die Nah-Feld-Sonden von Rigol sowie der erweiterten und einfach zu bedienenden EMI-PC-Software, wird sich diese kompakte Lösung schnell rentieren. Interessant ist das gerade für kleine und mittlere Unternehmen und Entwicklungsbüros.

Im Mittelpunkt der Messungen steht das Messgerät. EMV-Testlabore verwenden für Zulassungsmessungen ausschließlich EMV-Messempfänger. Diese Geräte sind alle zu CISPR 16 (EMC Messequipment-Normung) konform. Ein Testreceiver zeichnet sich dadurch aus, dass er eine hohe Empfindlichkeit, Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Messungen bietet. Mit den Spezifikationen steigt allerdings auch der Anschaffungspreis.

Um empfindliche und genaue EMV-Messungen ausführen zu können, muss eine entsprechende Umgebung wie ein reflektionsfreier Raum vorhanden sein bzw. weiteres normkonformes Equipment (Netznachbildung – LISN) zur Verfügung stehen. Da man letztendlich nicht um eine Abnahmemessung im zertifizierten Labor herumkommt, ist eine Investition in Messempfänger, Kammer oder LISN für viele Anwendungen nicht zu empfehlen. Allerdings sollte man sich vorab Gedanken um sogenannte Abschätzungsmessungen machen und nicht blind zur EMV-Prüfung zu gehen.

Der Spektrum-Analysator und was er bieten sollte

Eine gute und günstige Möglichkeit bietet ein Spektrum-Analysator mit integrierten EMI-Filtern und dem Quasi-Peak-Detektor. So eine Lösung ist beispielsweise die Serie DSA800er von Rigol. Kombiniert man diesen mit einer, an CISPR16 angelehnten Netznachbildung, lassen sich bereits gute Ergebnisse für leitungsgebundene Störungen erzielen. Um diese Ergebnisse absolut bewertbar machen zu können, müssen Korrelationsmessungen erfolgen.

Im Idealfall hat man zwischen zwei bis drei Berichte von zertifizierten Zulassungsmessungen (bestanden oder durchgefallen) und kann exakt diese getesteten EUTs (Equipment Under Test) mit dem Pre-Compliance-Testsystem im eigenen Labor nachmessen. So erhält man eine Aussage, wie weit das eigene Messergebnis von der echten Messung im EMV-Labor entfernt ist und kann das bei zukünftigen Messungen mit einplanen. Auch für relative Messungen können Spektrum-Analysatoren gut verwendet werden. Ein Beispiel hierfür ist die Echtzeit-Überprüfung von Entstörungsmaßnahmen. Dabei lassen sich leitungsgebundene Störungen relativ einfach und gut selber vormessen.

Wesentlich schwieriger wird es, wann man die Abstrahlung messen möchte. Anstatt einer Netznachbildung, welche die leitungsgebundenen, hochfrequenten Störungen auskoppelt, wird eine Antenne verwendet, um die Abstrahlung zu erfassen. In einem Raum ohne Unterdrückung der Reflexionen wird die abgestrahlten Frequenzen mehrfach empfangen (Reflexionen an den Wänden). Zudem misst man ohne Abschirmung des Raumes gegen Fremdeinstrahlung von außen jegliche Signale der Umgebung mit wie Mobilfunk oder FM-Radio.

Messungen mit der TEM-Zelle

Ohne entsprechende Vorkehrungen kann man kaum aussagekräftige Ergebnisse erzielen. Zumal noch hinzukommt, dass ein Spektrum-Analysator das ganze Spektrum auf einmal empfängt. Das ist einer der kritischsten Unterschiede zum Messempfänger. Der Empfänger hat einen schmalbandigen, abstimmbaren Bandpass vorgeschaltet, so dass nur kleine Teile des Frequenzbandes den Empfänger erreichen und selektiv gemessen werden kann.

Im schlimmsten Fall wird der Eingang eines Spektrum-Analysators von einem starken Störer der Umgebung, außerhalb des gemessenen Frequenzbandes, das beispielsweise FM-Radio-Sender umfasst, übersteuert und der Eingangsverstärker generiert selbst Störungen, welche dargestellt werden. Diese stammen allerdings nicht vom EUT.

Es gibt trotzdem Möglichkeiten, qualitativ eine Aussage über die Performance seines Messobjektes zu bekommen. Dazu gehören beispielsweise Freifeldmessungen mit EMV-Zelten. Eine weitere Möglichkeit bei kleinen DUTs ist der Einsatz von TEM-Zellen. Ein Beispiel ist die im Bild 3 zusammen mit dem Rigol DSA815 dargestellte TEM-Zelle. Nahfeldsonden wie das NFP-3-Set von Rigol sind ein weiterer Teil eines Pre-Compliance-Paketes. Die Sonden werden verwendet, um aufgespürte Probleme aus Messungen mit der TEM-Zelle einzugrenzen und punktgenau die Quelle der unerwünschten Abstrahlung zu finden.

Maßnahmen zum Entstören einleiten

Anschließend lassen sich auf Basis dieser Messungen dort Entstörmaßnahmen einbringen. Bei einer normgerechten Messung ist der Frequenzbereich mit Start- und Stoppfrequenz, die Auflösung (Frequenzabstand zwischen den Messpunkten), die Messzeit pro Punkt, der Detektor und die zu verwendende Auflösebandbreite definiert. Des Weiteren sind in den verschiedenen Normen auch die einzuhaltenden Grenzwerte definiert.

Ein Messempfänger ist dazu optimiert und entsprechend können diese Einstellungen direkt vorgenommen werden oder sogar fertig integrierte Standards geladen werden. Auch hier muss bei Messungen mit dem Spektrum-Analysator besonders Rücksicht genommen werden. Durch die Definition Start- / Stoppfrequenz und dem Abstand zwischen den Messpunkten ergibt sich eine Anzahl von geforderten Messpunkten. Die Anzahl von Messpunkte kann leicht Werte von 10.000 und mehr erreichen. Einfache Spektrum-Analysatoren bieten nur zwischen 601 bis 3001 Messpunkte pro Scan an und es wird hier auch keine Messdauer pro Punkt eingegeben, sondern nur die Zeit eines gesamten Sweeps.

Um keine Lücken in der Messung zu haben oder zu kurz zu messen, muss der Anwender auf den Taschenrechner zurückgreifen und den gesamten Scan in kleinere Bereiche aufteilen und auch auf Basis der Punkte und der Messzeit pro Punkt die richtige Sweepzeit berechnen. Als ein Beispiel nehmen wir eine Messung der leitungsgebundenen Störungen. Die Vorgaben: Startfrequenz = 150 kHz, Stoppfrequenz = 30 MHz, Auflösebandbreite (RBW) = 9 kHz (EMI-Filter), Messzeit pro Punkt = 10 ms, nach CISPR empfohlener Abstand der Punkte = RBW/2 (4,5 kHz).

Daraus ergibt sich eine Anzahl von Messpunkten von 6334. Der verwendete Spektrum-Analysator DSA815 bietet 601 Punkte pro Scan. Dazu muss man den Gesamtsweep in 6634/601 = 11,04 Sub-Sweeps aufteilen. Daraus folgt: Sub-Sweep 1: 150 kHz bis 2,8545 MHz; SweepTime = 6,01 s; Sub-Sweep 2: 2,8545 MHz bis 5,559 MHz; SweepTime = 6,01 s und so weiter.

Alle Werte händisch eingestellt ist sehr fehleranfällig und zeitintensiv. Zusätzlich muss man nach jedem Sweep die Daten separat speichern und hinterher manuell wieder zu einem Gesamtsweep zusammenkopieren. Um dem Anwender die Arbeit abzunehmen, hat Rigol eine EMI-Software für seine Spektrum-Analysatoren entwickelt, welche die Zerlegung des Gesamtbereichs in kleinere Frequenzbereiche, die Berechnung der Einzelscandauer und das Datenhandling übernimmt.

Ferner können die aufgezeichneten Daten direkt im Graph gegen Standardlimits aufgetragen werden und einzelne Spitzen automatisch gesucht und selektiert werden. Das Bild 5 zeigt eine entsprechende Beispielmessung, bei der die EMI-Software den Anwender unterstützt.

* Thomas Rottach ist Application Engineer bei Rigol Technologies in der europäischen Niederlassung Puchheim bei München.

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