Wie sich Roboter gefühlvoll herantasten
Monotone Aufgaben sind vielfach teilautomatisiert. Doch stoßen die Anwendungen bislang an ihre Grenzen. Optoforce möchte das ändern. Sechsachsige, haptische Sensoren verleihen Industrierobotern einen Tastsinn und erweitern so die Möglichkeiten.
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Es ist kein Geheimnis: Ein großer Teil der Unternehmen hat den Wettbewerbsvorteil längst erkannt, der sich mit der Automatisierung erzielen lässt. Mit einer Dichte von 301 installierten Industrierobotern pro 10.000 Arbeitskräfte ist Deutschland laut internationalem Roboterverband IFR das am viertstärksten automatisierte Land der Welt – nur übertroffen von Südkorea, Singapur und Japan. Vor allem Leichtbauroboter haben zu dieser Quote in den vergangenen Jahren einen gehörigen Beitrag geleistet. Diese sogenannten Cobots arbeiten ohne Schutzumhausung direkt neben oder in Kollaboration mit Menschen.
Doch damit eine Aufgabe allein mit der herkömmlichen Kombination aus Roboterarm und Endeffektor automatisiert werden kann, muss sie eine ganze Reihe an Kriterien erfüllen. So muss es sich bei den Werkstücken zum Beispiel um Objekte mit standardisierten Maßen handeln, die außerdem aus schwer verformbaren Materialien bestehen. Weiterhin ist es notwendig, dass sich die Objekte immer exakt an den im Roboter vorprogrammierten Positionen befinden. Deshalb werden heute in erster Linie monotone und repetitive Aufgaben, die geringe Ansprüche stellen, automatisiert.
Übersteigt die Komplexität eines Prozesses dieses Schema F, geriet die Automation bisher schnell an ihre Grenzen – und steckt deswegen in weiten Teilen der Industrie auch heute noch in den Kinderschuhen. Unstrukturierte Produktionsumgebungen und empfindliche Materialien sind nämlich keineswegs ein Ausnahmefall. Sie erfordern von einem Roboter Fingerspitzengefühl und die Anpassung der Wegpunkte in Echtzeit, um das gewünschte Resultat zu erzielen. Optoforce hat sich als Hersteller von sechsachsigen Kraft-Momente-Sensoren genau dieses Problems angenommen und verleiht Leichtbaurobotern einen Tastsinn. Die Sensoren des jungen ungarischen Unternehmens aus Budapest bieten eine ganze Reihe neuer Anwendungsmöglichkeiten – und der Automatisierung damit neue Perspektiven.
Fingerspitzengefühl für anspruchsvollere Prozesse
Wirft man einen Blick in industrielle Produktionshallen im deutschen Sprachraum, werden viele – auch sehr monotone – Arbeitsschritte von Menschen getätigt: von Händen, die vorsichtig mit empfindlichen Materialien umgehen, die spüren, ob Teil A richtig mit Teil B verbunden wurde, von Menschen, die entgegenkommenden Kollegen ausweichen, statt sie umzurempeln und sich in einem unstrukturierten Arbeitsumfeld die richtigen Teile zusammensuchen. Viele Konzerne verlegen deshalb einfache Produktionsschritte in Niedriglohnländer, der Mittelstand muss hier jedoch oftmals eine teure und nur bedingt effiziente regionale Lösung finden.
Prozesse automatisieren mit Kraft-Momenten-Sensoren
Optoforce bietet nun mit Kraft-Momenten-Sensoren eine breitentaugliche Möglichkeit, neue Prozesse zu automatisieren und somit die Effizienz einer Produktion zu steigern. Sie lassen sich vielfältig einsetzen, etwa auch als Monitoring-Tool zur Verbesserung der Arbeitssicherheit oder innerhalb einer Smart Factory. Die gerade mal 200 g leichten haptischen Sensoren werden zwischen Roboterarm und Endeffektor geschaltet. Eine robuste Schicht aus elastischem Kunststoff misst dann die wirkenden Kräfte entlang der XYZ-Achse, sogar bei bis zu 500 Prozent Überlastung. Bis zu 600 Prozent Überlastung vertragen sie ohne bleibende Schäden. Die Sensoren messen rund 1.000 Prozessdaten pro Sekunde – und geben dem Roboter unmittelbar Rückmeldung, ob er seinen Kurs zum gewünschten Ziel anpassen muss. Dieser Datenfluss bietet mehrfache Vorteile gegenüber visuellen Sensoren oder Kameras, denn diese fangen quasi „Stillleben“ ein und handeln auf Basis dieses starren Inputs. Die Lieferung beziehungsweise Auswertung von und Reaktion auf Prozessdaten in Echtzeit ist nur in wenigen Fällen möglich und mit erheblichem Aufwand verbunden. In unstrukturierten Produktionsprozessen – im Sinne von Werkstücken, die sich nicht immer exakt am selben definierten Ort befinden – bieten haptische Sensoren somit einen signifikanten Vorteil. Auch bei vielen strukturierten Prozessen schlägt die „Hand“ das „Auge“, beispielsweise bei der Feinmontage von Bolzen in eine vorgesehene Öffnung ohne Spielraum oder im Umgang mit glänzenden Oberflächen. In solchen Anwendungen lässt sich die Fehleranfälligkeit von Robotersystemen durch die Implementierung der Sensoren erheblich reduzieren.
Roboterarme verschiedener Hersteller ertüchtigen
Als ein Alleinstellungsmerkmal sieht Optoforce das Angebot eines integrierten Komplettpakets: Die Sensoren sind mit standardisierten Schnittstellen leicht zu integrieren und dank mitgelieferter Software-Applikationen innerhalb weniger Minuten einsatzbereit. Es beinhaltet eine Vielzahl industrieller Standard-Applikationen wie Palettieren, Polieren, Stapeln oder Handführung und wird stetig um neue Anwendungen erweitert. Die Software ist kompatibel mit den Roboterarmen großer Hersteller wie Universal Robots und Kuka. Mit ABB-Robotern ist die Hardware bereits kompatibel, Software-Pakete sollen folgen.
Aus Sicht von Optoforce haben Kraft-Momenten-Sensoren das Potenzial, ein echter sogenannter Game Changer in der industriellen Robotik zu werden, also eine Lösung, die von der Prozessgestaltung über Personalentwicklung bis hin zur Planungssicherheit eine ganze Dominoreihe an Veränderungen umstoßen kann – in der Evolution der Leichtbauroboter die Basis für den logischen nächsten Schritt.
Dieser Beitrag stammt von unserem Partnerportal Elektrotechnik.de.
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* Ákos Dömötör ist CEO von Optoforce
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