Messtechnik-Grundlagen erklärt So funktioniert die Spektrumanalyse, Teil 1

Autor / Redakteur: Klaus Höing * / Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Was bedeutet Spektrumanalyse und welche Arten von Spektrumanalysatoren gibt es? Im ersten Teil unserer Serie zeigen wir unter anderem, wie die Spektrumanalyse im Messtechnik-Alltag hilft.

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Bild 1: Die Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen Zeit- und Frequenzbereich.
Bild 1: Die Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen Zeit- und Frequenzbereich.
(dataTec)

Im ersten Teil unserer Serie beginnen wir mit dem Thema Spektrumanalyse. Wer meint, ein Spektrumanalysator sei nur für die Hochfrequenztechniker interessant, wird in der folgenden Serie eines besseren belehrt werden.

Doch starten wir zunächst mit einer kurzen Einführung.

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Ein Spektrumanalysator ist ein frequenzselektives Spitzenvoltmeter, das unter anderen den RMS- (Root-Mean-Square-)Wert, also den Mittelwert einer Sinuskurve, anzeigt. Allerdings ist der Spektrumanalysator kein Leistungsmessgerät, sondern zeigt Spannungen an. Gleichwohl können Leistungen angezeigt werden, sobald man die Sinusspannung, also den Spitzenwert oder den Durchschnitt, über den Eingangswiderstand des Analysators in eine Leistung umgerechnet bzw. die Anzeige in Leistung angibt.

Ausgehend vom Blockschaltbild (Bild 6) eines „Swept-Tuned Superheterodyne Spektrumanalysators“ (gewobbelter Überlagerungs-Spektrumanalysator) werden die einzelnen Elemente mit ihren Funktionen beschrieben und die durch die Digitaltechnik ermöglichten zusätzlichen Messmöglichkeiten aufgezeigt.

Ergänzendes zum Thema
Die Serie Tec Dates zum Thema Oszilloskope im Überblick

Zusammen mit dem Messtechnik-Distributor dataTec aus Reutlingen präsentieren wir eine Serie über Oszilloskope, bei der messtechnische Probleme in den Vordergrund gestellt werden. Wir wollen Ihnen, liebe Leser, mit dieser Serie neben Grundlagenwissen auch Problemstellungen aufzeigen. Sie dürfen gespannt sein!

Sampling- vs. Echtzeit-Oszilloskop – worauf zu achten ist

Abtastrate und Wiedergabegenauigkeit eines Scopes

Das Amplitudenrauschen bei Oszilloskopen

Die passende Bandbreite eines Oszilloskops auswählen

Von Abtastrate, Speichertiefe und horizontaler Skalierung

Kleiner Exkurs: Der Zeit- und die Frequenzebene

Unser Alltag spielt sich auf der Zeitebene ab und alles hat einen Zeitbezug, auch die elektrischen Signalverläufe betrachten wir mit einem Oszilloskop in der Zeitebene. Warum also eine Spektrumanalyse? Seit Jean Baptiste Joseph Fourier (1768 - 1830) wissen wir um die „Parallelität“ der Zeit- und der Frequenzebene. Ein periodisches Zeit-Signal lässt sich durch eine Summe seiner Harmonischen im Frequenzbereich nachbilden. Es kann eine Rechteckpulsfolge aus einer Summe von unendlich vielen Sinusfunktionen mit ungeradzahligen Vielfachen der Grundfrequenz und dem entsprechend ungeradzahlingen Teil der Grundwellenamplitude zusammengesetzt werden (Formel):

Wie hilft die Spektrumanalyse im Messtechnik-Alltag? Will man die Qualität eines Rechtecksignals kontrollieren, so lässt sie sich sehr gut anwenden, indem auf dem Spektrumanalysator sowohl die Frequenzen als auch die zugehörige Amplituden der beteiligten Sinuswellen angezeigt werden. Sehr leicht lässt sich daraus bestimmen, ob die jeweiligen Schwingungen nebst Amplitudenwerten nach der Theorie überhaupt beteiligt sind bzw. sein dürfen.

Zu messende physikalische Größen lassen sich über einen Sensor in eine elektrische Größe wandeln. Mit dem Oszilloskop können diese Messwerte im Zeitbereich beurteilt werden. Mit einem Spektrumanalysator erhält man Aufschluss über die beteiligten Sinusfunktionen mit Frequenz und Amplitude. Über die Phasenlage der einzelnen Sinussignale zueinander kann mit einem Spektrumanalysator keine Aussage getroffen werden. Muss auch die Phasenbeziehung der Sinussignale zueinander gemessen werden, sind Vektor-Signal-Analysatoren oder Netzwerkanalysatoren notwendig. Dieser und die folgenden Beiträge beschränken sich auf Messungen mit einem Spektrumanalysator.

Vom Zeit- in den Frequenzbereich transformieren

Theoretisch muss bei der Transformation vom Zeitbereich in den Frequenzbereich das Zeitsignal über einen unendlichen Zeitraum betrachtet werden. Aus praktischen Gründen wird jedoch nur eine bestimmte Zeitperiode betrachtet, um Messungen durchzuführen. Auch die gegenteilige Transformation ist möglich, die theoretisch alle spektralen Frequenzanteile berücksichtigen muss, einschließlich der Phase der Sinussignale.

Wird ein Rechtecksignal vom Zeitbereich in den Frequenzbereich transformiert und wieder zurück, so ist auf die Phase der Frequenzanteile sehr viel Wert zu legen, denn aus den Signalanteilen mit falschem Phasenbezug und veränderten Amplitudenwerten lässt sich eine Dreiecksfunktion mit gleicher Grundfrequenz erzeugen. Praktisch wird ein bestimmter Frequenzbereich herangezogen, in dem alle relevanten Frequenzanteile vertreten sind, um eine vertretbare Genauigkeit zu erreichen. Dies ist der Unterschied zwischen der Fourier-Transformation, die den unendlichen Zeit- oder Frequenzbereich betrachtet und der FFT, die aus praktischen Gründen jeweils nur einen begrenzten Frequenzbereich betrachtet.

Definition eines Spektrums

Nach Definition ist ein Spektrum eine Sammlung von Sinuskurven unterschiedlicher Amplitude und unterschiedlicher Phase, die, wenn aufsummiert, eine periodische komplexe Funktion ergeben. Im Zeitbereich ist eine relativ komplexe Funktion (rote Kurve) sichtbar, die sich, wie in der Frequenzebene dargestellt, aus zwei Sinuskurven zusammensetzt. Das Display eines Spektrumanalysators entspricht dem grau hinterlegten Bildsegment.

Ergänzendes zum Thema
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Dieser Autorenbeitrag ist in der Printausgabe ELEKTRONIKPRAXIS 16/2015 erschienen. Diese ist auch als kostenloses ePaper oder als pdf abrufbar.

Nun könnte die Frage aufkommen, warum benötigen wir überhaupt noch Messungen im Zeitbereich? Einige Messungen lassen sich nur im Zeitbereich durchführen. Das kann beispielsweise eine Anstiegs- und Abfallzeit oder eine Augendiagrammessung sein. Und die Gegenfrage: Warum sind Messungen im Frequenzbereich notwendig? Es lässt sich der Betrag der Übertragungsfunktion, dem Dämpfungsverlauf, eines Filters in Abhängigkeit von der Frequenz sehr gut messen. Kommunikationstechniker sind daran interessiert, wie hoch Störungen innerhalb des untersuchten Übertragungsbandes sind bzw. wie hoch die Störungen in benachbarte Übertragungsbänder einstrahlen.

Das Spektrum-Monitoring bei Funknetzen

So müssen für Mobilfunknetze die Übertragungskanäle daraufhin untersucht werden, dass harmonische des Trägersignals nicht mit anderen Übertragungssystemen interferieren. Ein anderes Beispiel ist die Untersuchung des Mischprodukts (TOI) dritter Ordnung, wenn sich zwei Frequenzen komplexer Signale gegenseitig modulieren und diese Störanteile in andere Bänder fallen, in denen man diese Störkomponenten nicht herausfiltern kann. Dem Spektrum-Monitoring kommt ebenfalls eine hohe Bedeutung zu, nach dem die nationalen Aufsichtsbehörden Frequenzen mit entsprechender Bandbreite vergeben.

Diese Frequenzen für unterschiedliche Services liegen oft sehr nahe beieinander und es muss kontrolliert werden, ob die jeweiligen Sender die Mittenfrequenz und die Bandbreite einhalten. Ebenso muss sichergestellt werden, dass keine Intermodulationsprodukte in Nachbarbänder fallen. Komponenten wie Leistungsverstärker oder Sender, die in diese Übertragungssysteme integriert werden, müssen daher auf ihren spezifizierten Frequenzbereich hin untersucht werden. Ein anderes Beispiel sind EMI-Messungen, wobei nach unerwünschten Abstrahlungen eines Gerätes gesucht wird.

Eine andere Anwendung: Ist das zu analysierende Signal periodisch mit einer Signalperiode T, so erscheinen die jeweiligen Frequenzanteile im Abstand von 1/T. Damit lässt sich einfach feststellen, wie konstant die zu beobachtende Frequenz ist. Ändert sich die Sinuswelle, so ist sie nicht stabil. Durch die heute im Spektrumanalysator vorhandene digitale Technik lässt sich ein Cursor auf die maximale Amplitude einer zu beobachtenden Frequenz fixieren. Die gemessenen Frequenzwerte bzw. deren Varianz können dann in einem Histogramm oder in einer Verteilungsfunktion dargestellt werden.

Die verschiedenen Arten von Spektrumanalysatoren

Das Blockschaltbild im Bild 6 zeigt einen Swept-Tuned-Superheterodyne-Analysator, der die Frequenz und Amplitude der einzelnen Frequenzanteile bestimmt. Weil die Anwendungen in der Technik komplexer und die einzelnen Übertragungsbänder enger werden sowie die Bänder näher beieinander liegen, sind die Anforderungen an die Messeinrichtungen gestiegen.

Auf die Phasenangaben kann nicht mehr verzichtet werden. Signalanalysatoren geben genau diese Phase an. So vereint die X-Serie an Signalanalysatoren von Keysight die Eigenschaften eines Analog-, Vektor- und FFT-Analysators. Dank der kompakten IC-Technik lassen sich tragbare Spektrumanalysatoren im Feld einsetzen, um die Abstrahlung von Antennen/Antennenanlagen zu verifizieren. Bei den Geräten entfällt die Warm-up-Zeit. Im Messgenauigkeitsvergleich stehen die tragbaren Spektrum- und Signalanalysatoren den Laborgeräten um ungefähr 1/10 dB nach.

Im zweiten Teil erklären wir, wie ein Spektrumanalysator funktioniert.

* Klaus Höing ist für die Öffentlichkeitsarbeit bei dem Messtechnik-Distributor dataTec in Reutlingen zuständig.

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