Internet of Things Siebter Sinn für das vernetzte Automobil
Um die Möglichkeiten vernetzten Fahrens auszureizen, benötigen Autos eine konstante Mobilfunkverbindung. Diese muss Daten zuverlässig und in Echtzeit übertragen. Kann heutige und zukünftige Mobilfunktechnik das leisten?
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Früher waren Autos blind. Für das Sehen war nur der Fahrer zuständig. In Zukunft sollen Autos jedoch nicht nur mehr sehen als ihr Fahrer: Sie beziehen Verkehrsinformationen aus dem Internet, schalten die Heizung zuhause an und rufen bei einem Unfall Hilfe. Bis 2020, erwartet das Marktforschungsunternehmen Gartner, wird weltweit jedes fünfte Auto vernetzt sein. Vielleicht erreicht bis dahin sogar das Autonome Fahren Serienreife.
Voraussetzung dafür ist jedoch eine zuverlässige Mobilfunkverbindung. Dabei reicht es nicht aus, dass Fahrzeuge nur auf direktem Weg mit den Fahrzeugen in ihrer Nähe (Car-to-Car-Kommunikation, Car2Car) kommunizieren oder mit einer straßenseitig aufgebauten Verkehrsinfrastruktur (Car-to-Infrastructure-Kommunikation) wie beispielsweise Ampeln. Hierfür ist lediglich eine Funk-Reichweite von maximal ein paar hundert Meter notwendig – wenn kein großes Fahrzeug oder ein Haus im Weg steht. Der WLAN-basierte Standard 802.11p im Frequenzband 5,9 GHz reicht hier völlig aus.
Um aber wirklich autonom und sicher zu fahren, müssen Autos einen siebten Sinn bekommen. Sie müssen wissen, was sich hinter der nächsten Kurve oder Hügelkuppe verbirgt und wann der nächste Platzregen losgeht. Sie müssen ihren Kommunikationsradius deshalb deutlich erweitern über die WLAN-Reichweite hinaus. Dazu eignet sich der Mobilfunkstandard LTE. Eine LTE-Mobilfunkanbindung kann Fahrzeugen eine Art „virtuelle Sicht“ über weite Entfernungen verleihen.
Doch erfüllen die Mobilfunknetze die Anforderungen vernetzter Autos überhaupt? Schon heute müssen sie gewaltige Datenmengen bewältigen. Allein zwischen 2011 und 2014 hat sich das Datenvolumen in den deutschen Mobilfunknetzen laut Bundesnetzagentur vervierfacht: auf fast 400 Millionen Gigabyte im Jahr.
Infotainment als Konkurrenz für Telematik
Die Funktionen des vernetzten Autos lassen sich in zwei Bereiche aufteilen: Telematik und Infotainment. Zu den Telematik-Diensten zählen alle Dienste, die das Fahren selbst unterstützen: etwa Navigation, automatisches Bremsen und die Kommunikation mit Ampeln. Dafür versendet oder empfängt das Fahrzeug nur kleine Datenpakete, sobald ein bestimmtes Ereignis eintritt – zum Beispiel, wenn ein vorausfahrendes Fahrzeug plötzlich stark bremst.
„Die Datenvolumen heute verfügbarer Telematik-Dienste stellen kein unlösbares Problem für die Mobilfunknetze dar“, sagt Christian Wietfeld. Der Leiter des Lehrstuhls für Kommunikationsnetze an der TU Dortmund forscht seit Jahren rund um Mobilfunk und vernetztes Fahren und erklärt: „Die Herausforderung bei den Telematik-Diensten ist aber folgende: Um sicheres Fahren zu ermöglichen, müssen die entsprechenden Daten schnell und zuverlässig übertragen werden.“ Das LTE-Netz ist für eine solche Übertragung gut gerüstet: mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 300 Mbit/s und Latenzzeiten – also zeitlichen Verzögerungen – von unter 100ms.
Die Herausforderung: Infotainment-Angebote im Auto könnten der Telematik die Netzkapazität streitig machen. Für solche Angebote baut zum Beispiel eine im Fahrzeug installierte Hardware einen Hotspot auf, an dem sich Mitfahrer mit WLAN-Geräten einwählen. Über Smartphone oder Tablet streamen sie Hörspiele oder Videos. Wenn aber in dichtem Verkehr gleichzeitig Mitfahrer in vielen Fahrzeugen über denselben Mobilfunkmast Filme streamen, könnte das Netz an seine Grenzen stoßen. In der Folge würde sich die Datenübertragung für die Telematik-Dienste verzögern. Werden dann Gefahrenmeldungen über das Netz gesendet, könnte es eng werden.
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