Sensoren: Drehzahl, Geschwindigkeit und Beschleunigung messen
Die Parameter Drehzahl, Geschwindigkeit und Beschleunigung lassen sich mit verschiedenen Sensoren messen. Doch welche Messprinzipien gibt es und worauf sollte ein Messtechniker achten? Ein Überblick.
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Im Bild 1 sind die beiden vorherrschenden Sensorprinzipien dargestellt, um die Drehzahl n zu ermitteln ermitteln. Die Größe n ist die Anzahl der Umdrehungen pro Zeiteinheit, wird also beispielsweise in min-1 angegeben oder häufiger auch in der Form U/min. Wird beispielsweise ein Tachogenerator verwendet, handelt es sich meist um einen als kleinen Wechselspannungsgenerator ausgeführten Sensor. Solche Anordnungen bestehen im einfachsten Fall aus einem umlaufenden Dauermagneten (Rotor), der in einer außenseitig angebrachten Spule (Stator) bei jedem Umlauf eine sinusförmige Welle erzeugt. Oftmals werden mehrere Dauermagnete mit entsprechenden Spulen kombiniert.
Insbesondere die vom Tachogenerator bei niedrigeren Drehzahlen erzeugten Wechselsignale lassen sich dann leichter weiterverarbeiten. Das Ausgangssignal u(t) eines Tachogenerators entspricht näherungsweise einem Sinussignal gemäß u(t) = û × sin ωt (1). Die Amplitude ist dabei umso größer, je schneller rotiert wird. Sie wächst proportional mit der Drehzahl n: û = kT × n (2).
Rechts in Bild 1 ist die Drehzahlmessung über Impulsgeber dargestellt. Hier werden an der Oberfläche des rotierenden Teils befindliche Strukturen abgetastet und als Impulssignal ausgegeben. Das kann durch eine Art Zahnradstruktur passieren. Beim Vorbeilauf eines Zahns am Sensor wird ein vom Sensor erzeugtes magnetisches oder elektrisches Feld verändert, was entsprechend detektiert werden kann. Eine Möglichkeit ist, einen Hall-Sensor zu verwenden, der über einen Dauermagnet vorgespannt wird. Beim Durchlaufen des aus einem magnetischen Material bestehenden Zahns ändert sich das Magnetfeld am Ort des Hall-Sensors, was bei konstantem Stromfluss eine Änderung der erzeugten Spannung zur Folge hat.
Alternativen zu einem Hall-Sensor
Statt des Hall-Sensors wird in einer anderen Variante eine Spule verbaut, in der das durch den Zahn aus magnetischem Material veränderte Dauermagnetfeld eine elektrische Spannung induziert (aktiver induktiver Sensor). Lässt man hierbei den Dauermagneten weg, so kann man weiterhin rein durch Messung der Spuleninduktivität den Durchgang des Zahns erkennen (passiver induktiver Sensor). Das funktioniert selbst bei elektrisch leitenden, aber nicht magnetischen Zahnmaterialien durch den das Spulenmagnetfeld schwächenden Wirbelstromeffekt.
Weitere bei derartigen Sensoren angewandte Varianten basieren auf dem kapazitiven Effekt, wobei die Zahnoberfläche die erste Kondensatorplatte darstellt, die zweite ist stationär verbaut als Sensorkopf. Auch eine optische Abtastung ist verbreitet. Die hierzu benötigten optischen Marker können je nach Sensorausführung aufgeklebt oder es können bereits vorhandene optische Strukturen – wie obiger Zahn – hierzu genutzt werden. Bei allen Impulsgebern müssen die Impulse extern lediglich über eine gewisse Messzeit gezählt werden. Die Messmethode ist deshalb relativ robust und hängt bezüglich der erreichbaren Auflösung nur von der mechanischen bzw. optischen Strukturierung der abgetasteten Oberfläche ab.
Sensoren für die Geschwindigkeit
Die Messung der Geschwindigkeit erfolgt im einfachsten Fall durch Ermitteln der Zeit t, die das Messobjekt zwischen zwei definierten Punkten zurücklegt, die einen Abstand s aufweisen. Die Geschwindigkeit v lässt sich ermitteln gemäß (3)
Das Verfahren wird häufig so implementiert, dass an den zwei definierten Punkten entsprechende Geber wie Lichtschranken das Passieren des Messobjekts anzeigen. Messanordnungen nach diesem Prinzip sind relativ einfach zu implementieren, die Messung benötigt jedoch prinzipbedingt eine gewisse Messdauer t, kann also keine echte Momentangeschwindigkeit liefern. Ähnliche Vor- und Nachteile weist das Verfahren auf, das auf der Bestimmung der Drehzahl n eines rotierenden Körpers basiert, woraus dann spezifisch zur Anordnung passend auf eine Lineargeschwindigkeit geschlossen werden kann: v = k × n (4).
Am bekanntesten ist der Einsatz des Verfahrens beim Automobil, wo über den Reifenumfang auf die Fahrgeschwindigkeit geschlossen wird. Einen Impuls pro Radumdrehung angenommen gilt für k hierbei: k = d × π (5) mit d als Raddurchmesser. Der Wert k stellt also den Radumfang dar, weshalb Reifenabnutzungen oder der Übergang zu einer neuen Reifengröße ohne Nachkalibrierung zu entsprechenden Messabweichungen führen. Nimmt man einen 16-Zoll-Reifen an mit d = 40,64 cm, so führt eine abnutzungsbedingte Verkleinerung des Durchmessers um 1 mm zu einem um ungefähr 0,25% zu großen Geschwindigkeitsmesswert (was für die Fahrpraxis selbst kein Problem darstellt).
Momentangeschwindigkeit nach dem Radarprinzip
Die Momentangeschwindigkeit selbst kann nach dem Radarprinzip bestimmt werden, wie es auch bei der Radarpistole zur Anwendung kommt (Bild 2): Hierbei erfolgt das Aussenden eines Radarsignals vom Fahrbahnrand aus in Richtung des Fahrzeugs unter einem gewissen kleineren Winkel φ zur Fahrtrichtung des Fahrzeugs. Aufgrund der nie ganz ebenen Frontstruktur eines Fahrzeugs wird stets ein gewisser Signalanteil genau zum Radarsensor wieder zurück reflektiert, wo er dann empfangen wird.
Das Radarsignal besteht aus einem kontinuierlichen Sinussignal konstanter Frequenz (bei aktuellen Radarpistolen bei 24,125 GHz), einem sogenannten. CW- (Continous Wave-) oder auch Dauerstrichsignal. Bei bewegtem Fahrzeug erfährt das Radarsignal eine Frequenzverschiebung fD nach dem Dopplereffekt und zwar zweimal in Sende- wie auch in Empfangsrichtung. Mit der Wellenlänge λ ist diese nach (6)
vr ist die radiale Geschwindigkeitskomponente des Fahrzeugs in Richtung Radarsensor. Sie berechnet sich aus der Fahrzeuggeschwindigkeit v gemäß (7)
Aufgrund der Abhängigkeit von φ wird ein solches Messsystem vor Ort auf einen gewissen Abstrahlwinkel justiert. Kleinere Änderungen dieses Winkels führen nur zu Messabweichungen deutlich unter der üblicherweise einkalkulierten Messtoleranz, da der Graph des Cosinus in Abhängigkeit von φ an dieser Stelle noch relativ flach verläuft.
Der Dopplereffekt mit einem Laser
Ein ebenfalls den Dopplereffekt ausnutzendes Verfahren arbeitet mit Laser wie in Bild 3. Zwei gegenüber der Mittelachse jeweils um einen kleinen Winkel φ versetzte Laserstrahlen werden auf einen Punkt an der Messoberfläche geleitet. Die Laserstrahlen sind in ihrer Lichtintensität sinusförmig mit einer Frequenz f moduliert (die bei praktischen Realisierungen meist erfolgende Anhebung einer der beiden Frequenzen um einen konstanten Betrag, was eine zusätzliche Detektion der Bewegungsrichtung erlaubt, soll hier nicht erörtert werden).
Im Projektionspunkt entsteht durch die Überlagerung ein Interferenzmuster. Bei Bewegung der Messoberfläche, die hierzu eine gewisse Struktur aufweisen muss, erfährt das zurück gestreute Laserlicht eine Frequenzverschiebung, die proportional der Messobjektgeschwindigkeit v ist. Im Streulicht sind auch andere Frequenzanteile noch vorhanden, die jedoch in der nachgeschalteten Messelektronik nicht weiter ausgewertet werden.
Laser Surface Velocimeter
Für die im Gegensatz zu (6) einfache Frequenzverschiebung gilt (8):
Der Wert d ist hierbei der für eine Messanordnung feste Abstand der Interferenzlinien, der sich wie folgt berechnen lässt, wie man zeigen kann (9):
Die Wellenlänge λ ist abhängig vom verbauten Lasersystem. Dieses Verfahren erlaubt mit die höchsten Auflösungen und Genauigkeiten unter den industriell eingesetzten Standardverfahren, ist jedoch auch entsprechend teurer. Die Sensoren nennen sich im Englischen Laser Surface Velocimeter.
Sensoren für die Beschleunigung
Die Messung einer Beschleunigung funktioniert heute bei fast allen diesbezüglichen Sensoren nach dem Trägheitsgesetz (10): F = m × a. Die Masse m wird als kleiner Massekörper realisiert, der an einer Federstruktur über das Sensorgehäuse am Messobjekt befestigt ist. Das Bild 4 zeigt das Grundprinzip. Das Fahrzeug dient hier nur als anschauliches Messobjekt. Die in Wirklichkeit in Form eines kleinen Sensors verbaute Masse mit Federstruktur weist natürlich in der Praxis eine andere Erscheinung auf.
Bei vielen Sensorimplementierungen wird nun nicht F, sondern die gemäß (11) x = k × F damit korrespondierende Auslenkung x gemessen, was mit den bereits besprochenen Verfahren zur Abstandsmessung geschehen kann. Aufgrund der einfacheren Herstellung wird dazu bei in MEMS-Technik (Micro Electro Mechanical System) als Chip ausgeführten Beschleunigungssensoren, wie sie heute in vielen Anwendungen eingesetzt werden, ausschließlich das kapazitive Prinzip verwendet. Bei etwas größeren, nicht in MEMS-Technik gefertigten Sensoren, kommen vereinzelt auch induktive bzw. magnetische Abstandsmessverfahren zum Einsatz. Eine andere Variante verwendet Dehnungsmessstreifen, die auf der Federstruktur zur Auslenkung proportionale Dehnungen erfassen.
Mit einem Quarz messen
Eine alternative Bauart verwendet Quarze, die bei Druckausübung Ladungsträger freisetzen. Diese werden über entsprechende Messelektroniken (Ladungsverstärker) in elektrische Spannungen umgesetzt. In der Anwendung als Beschleunigungssensor kann ein solcher Quarz bereits für sich das Massenelement m aus Bild 4 darstellen. Drückt er bei Beschleunigung auf ein Teil des Sensorgehäuses, so wird der piezoelektrische Effekt initiiert. Je nach Messbereich werden aber auch separate Massen verbaut, die dann auf den Quarz drücken. Entscheidend für den Messeffekt ist die dabei wirkende Kraft, es wird kein signifikanter Weg x mehr zurückgelegt.
Literaturempfehlung: Jörg Böttcher: Kompendium Messtechnik und Sensorik. ISBN 978-3-7448-5626-3 (Paperback), Verlag: Books on Demand. Der Autor ist auch Herausgeber des Open Access Online-Kompendiums mit Multiple Choice-Zertifikatstest.
Dieser Beitrag ist erschienen in der Fachzeitschrift ELEKTRONIKPRAXIS Ausgabe 21/2019 (Download PDF)
* Prof. Dr.-Ing. Jörg Böttcher hat eine Professur für Regelungstechnik und Elektrische Messtechnik an der Universität der Bundeswehr in München inne.
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