Staub, Kratzer oder Beschädigung Optisches Bonden bei Displays verringert nicht nur Reflexionen

Von Rudolf Sosnowsky*

Mit dem optischen Bonden lässt sich ein elektronisches Display besser ablesen und im Freien kommt es zu weniger Reflexionen. Doch es gibt weitere Vorteile, die für das optische Bonden sprechen.

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Optisches Bonden: Es lassen sich nicht nur Reflexionen verringern. Für Systemintegratoren und Anwender zählen außerdem Design, Splitterschutz oder Wärmeableitung.
Optisches Bonden: Es lassen sich nicht nur Reflexionen verringern. Für Systemintegratoren und Anwender zählen außerdem Design, Splitterschutz oder Wärmeableitung.
(Bild: Hy-Line Computer Components)

In Industrie und im Alltag begegnen uns die unterschiedlichsten Formen von elektronischen Displays. Über ihre Oberflächen können wir mit Maschinen und Computer kommunizieren. Doch die Oberfläche des Displays muss geschützt sein. Dazu wird auf der aktiven Fläche eine Scheibe aus Glas oder Kunststoff montiert. Damit ist der empfindliche Polfilter an der Oberfläche des Displays vor Staub, Kratzer oder Beschädigung geschützt.

Eine einfache Methode ist es, auf den Rahmen des Displays ein doppelseitiges Klebeband anzubringen, welches das Display mit der Frontscheibe verbindet. Man bezeichnet das als „Tape Bond­ing“ oder „Air Gap Bond­ing“. Dadurch wird zwar das Display geschützt, es entstehen aber andere Effekte, die sich nachteilig auf die Gesamtperformance des Displays auswirken. Alternativ wird der Raum zwischen Display und Frontscheibe mit einem transparenten Material gefüllt, das die Luft komplett ersetzt.

Der optische Brechungsindex des Bonding-Materials passt zu dem der Frontscheibe und des Displays. Unerwünschte Reflexionen, die an der Trennschicht zweier Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes entstehen, lassen sich minimieren. Den Vorgang und das Resultat bezeichnet man als „Optical Bonding“.

Wie das optische Bonden funktioniert und welche Vorteile es bietet

Für das optische Bonden gibt es verschiedene Verfahren und Materialien. Im Einzelfall wird entschieden, welches verwendet wird. Eine Übersicht zeigt ein Whitepaper [1]. Die Auswahl hängt auch vom Display ab: Displays mit Blechrahmen oder mit großer Diagonale werden besser mit einem flüssigen Material gebondet, während bei kleinen rahmenlosen Displays ein hochtransparenter Klebefilm in großen Stückzahlen vollautomatisch laminiert werden kann. Die Applizierung und Aushärtung des Materials kann im Fertigungsprozess durch Temperatur, UV-Licht, Über- oder Unterdruck gefördert werden. Bei der Auswahl spielen Faktoren wie Temperatur und mechanische Belastung eine Rolle, wenn man nicht mit Ausfällen wie Delaminierung (Ablösung der Verklebung) oder Blasen im Sichtfeld konfrontiert werden möchte.

Bild 1: Der Aufbau eines Display-Systems mit optischem Bonden.
Bild 1: Der Aufbau eines Display-Systems mit optischem Bonden.
(Bild: HY-LINE Computer Components)

Gebondet werden muss in einem Reinraum. Dabei müssen alle Partikel von den Oberflächen entfernt sein. Sollten Fehlstellen wie Partikel oder Blasen auftreten, muss die Baugruppe nachgearbeitet werden. Der Aufwand ist nicht unbeträchtlich, und die Entscheidung für optisches Bonden sollte sorgfältig abgewogen werden. Manche Projektmanager lehnen das Verfahren ab. Sei es wegen negativer Erfahrungen mit mangelhafter Verarbeitung oder eines zusätzlichen Aufwands in Bezug auf Logistik, Kosten oder Reparatur. Ohne optisches Bonden lassen sich Displays nur schlecht ablesen und sind eine Gefahr in der Anwendung.

Ein Anbieter des optischen Bonden stellt oft nur den technischen Aspekt in den Mittelpunkt wie weniger Reflexionen oder die Vorteile bestimmter Materialien und Prozesse. Relevante Faktoren für Systemintegratoren und Anwender gehen unter.

Wovon die Ablesbarkeit eines Displays abhängt

Bild 2: Die blaue Linie zeigt die Ablesbarkeit des Displays bei Umgebungslicht.
Bild 2: Die blaue Linie zeigt die Ablesbarkeit des Displays bei Umgebungslicht.
(Bild: HY-LINE Computer Components)

Die optischen Parameter eines Displays werden unter Idealbedingungen im Labor ermittelt. Dabei ist die Umgebung dunkel. Die Messwerte werden nicht von einem Umgebungslicht beeinflusst. Betrachtet man die gemessene Helligkeit des Displays (= vom Display ausgehendes Licht), ergibt sich eine Abhängigkeit (blaue Linie in Bild 2). In der Realität trifft allerdings Licht von außen auf das Display und wird reflektiert. Dadurch wird der dunkelste Farbton, der gemessen oder vom Anwender wahrgenommen werden kann, in Richtung hell verschoben. Der Dynamikbereich der Darstellung und damit der Kontrast werden im unteren Teil auf die gelbe Linie limitiert; Helligkeitswerte, die sich innerhalb der schraffierten Fläche befinden, versinken im Umgebungslicht.

Mit steigender Umgebungshelligkeit wandert die gelbe Linie weiter nach oben, bis der Kontrast so gering ist, dass das Display nicht mehr abgelesen werden kann. In der Literatur finden sich dafür Werte von minimal 5:1 in der Nacht, 3:1 am Tag und 2:1 bei einfallendem Sonnenlicht. Die Werte scheinen gering, sind aber in der Praxis nicht leicht zu erreichen.

Bild 3: Beispiel eines Ticketautomaten im Auflicht. Die Ablesbarkeit nimmt bei Sonnenlicht ab.
Bild 3: Beispiel eines Ticketautomaten im Auflicht. Die Ablesbarkeit nimmt bei Sonnenlicht ab.
(Bild: HY-LINE Computer Components)

Das Bild 3 zeigt an einem Beispiel, wie die Ablesbarkeit im Sonnenlicht abnimmt. Der Kontrast ist so gering, dass die Spiegelung den dargestellten Inhalt (weißer Pfeil mit Text) überstrahlt.

Der System-Integrator soll die Anforderungen des Kunden erfüllen. Dazu gehört ein einwandfrei ablesbares Display mit einer guten Benutzerführung. Das optische Bonden ist nicht nur eine weitere optische Option, wie die Auswahl der Display-Oberfläche (Anti-Glare). Mit dem optischen Bonden lässt sich die Kennlinie aus Bild 2 so verschieben, dass der Kontrast hoch genug bleibt.

  • Verbesserte Qualität der Darstellung: Das Display bleibt in schwierigen Beleuchtungsumgebungen problemlos ablesbar. Dabei erhält das Gerät einen wertigeren Eindruck und gleichzeitig steigt die Benutzerfreundlichkeit.
  • Designanspruch: Der Kontrast des Displayfelds kommt im ausgeschalteten Zustand dem der inaktiven Fläche nahe (Black Panel-Effekt). Deshalb wirkt die Oberfläche homogen und edel.
  • Schutz vor Beschädigung und Splittern: Durch das optischen Bonden wirkt die Front wie ein Verbundglas. Es lässt sich ein dünneres Deckglas einsetzen. Die Parallaxe bei schrägem Ablesen wird gesenkt und das Display ist im rauen Umgebungen gegen Schock (IK-Wert) geschützt. Ein Kunststoff-Deckglas erfüllt die Anforderungen nach Splitterschutz der Lebensmittel-Industrie und der Medizin.
  • Thermische Kopplung: Durch das Bond­ing wird Wärme vom Display an die Frontscheibe abgeführt. Schädigungen des Pol­filters durch UV-Strahlung und übermäßige Erwärmung des Displays lassen sich durch Filter für UV und IR minimieren. EMV-Filter sorgen dafür, dass in sensiblen Umgebungen keine Strahlung nach außen dringt, oder externe Felder die Funktion des Gerätes beeinträchtigen. Mit einem ITO-Heater wird der Temperaturbereich des Displays nach unten erweitert.
  • Leeren Zwischenraum füllen: In einer explosionsgefährdeten Umgebung (ATEX-Zertifizierung) ist die Befüllung des Zwischenraums als Void Filling bekannt. Verhindert wird auch eine Betauung auf der Innenseite des Glases. Ablagerungen wie Staub aus der Luft und Kalk aus der Feuchtigkeit werden vermieden.
  • Verbesserte optische Leistung: Der gesteigerte Kontrast eines gebondeten Displays durch weniger Reflexionen setzt die TFT-Technik beispielsweise mit einem OLED gleich. Zusammen mit Local Dimming wird der Schwarzwert weiter gesenkt. Der erweiterte Farbraum bei allen Umgebungslicht-Bedingungen kommt besser zur Geltung.

Vergleich Standard- mit High-Brightness-Display

Bild 4: Vergleich der Ablesbarkeit unterschiedlicher Display-Varianten.
Bild 4: Vergleich der Ablesbarkeit unterschiedlicher Display-Varianten.
(Bild: HY-LINE Computer Components)

Das Bild 4 zeigt den Vergleich eines Standard-Displays mit einer High-Brightness-Variante. Für einen höheren Kontrast bei gleicher Umgebungshelligkeit wurde im Vergleich zum Standard-Display links in der Mitte ein High-Brightness-Display verwendet. Beide Displays sind nicht gebondet. Ganz rechts wird das ursprüngliche Display verwendet, jedoch steigt der Kontrast allein durch Optical Bonding weit an.

Bild 5: Ein Vergleich der Energiekosten.
Bild 5: Ein Vergleich der Energiekosten.
(Bild: HY-LINE Computer Components)

Ein wichtiger Aspekt eines Displays ist sein ökologischer Fußabdruck, der durch die aufgenommene Energie bestimmt wird. Vergleichen wir ein gebondetes Industriedisplay mit einer Helligkeit von 250 cd/m² und einem ungebondeten High-Brightness-Variante mit 1.000 cd/m². Nehmen wir weiter an, dass für den gleichen Kontrast die passende Umgebungshelligkeit gewählt wurde.

Bei einem Preis von 0,30 Euro pro Kilowattstunde liegt die Energie-Einsparung bei knapp 50 Euro. Hinzu kommt, dass ein High-Brightness-Display mehr als 50 Prozent teurer als das Standard-Display ist. Das Netzteil muss für die stärkere Leistung ausgelegt sein. Außerdem muss die Entwärmung des Gesamtsystems für den Einsatz im Freien konstruktionstechnisch umgesetzt werden. Im Bild 5 ist der Vergleich der Energiekosten am Beispiel eines 21,5''-Displays von AUO.

Bild 6: Vergleich des Energiebedarfs eines Standard-TFT-Displays gegenüber gebondetem Display.
Bild 6: Vergleich des Energiebedarfs eines Standard-TFT-Displays gegenüber gebondetem Display.
(Bild: HY-LINE Computer Components)

Beim Einsatz von 1.000 Stelen in der Kette eines Lebensmittel-Einzelhandels lässt sich ein fünfstelliger Betrag pro Jahr einsparen. Das Standard-Display ist nicht nur in der Anschaffung günstiger und nicht jedes Display ist in einer High-Brightness-Ausführung erhältlich. Die höheren Anschaffungskosten für das gebondete Display haben sich gegenüber den Energiekosten nach kurzer Zeit amortisiert (Bild 6).

Bei batteriebetriebenen Geräten verlängert sich durch die niedrigere Leistungsaufnahme die Akkulaufzeit. Bei portablen Geräten lässt sich ein kleinerer und leichterer Akku mit geringerem Bauvolumen einsetzen.

Das verwendete Glas für das Display ist ebenfalls wichtig

Neben dem optischen Bonden und seinen Vorteilen sollte man auch auf die Gestaltung der Oberfläche des Deckglases achten. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, über deren Einsatz am konkreten Projekt entscheiden werden muss. Das Deckglas muss nicht unbedingt ein einfaches Floatglas (Fensterglas) sein.

Es kann auch eine Kunststoffscheibe, ein Aluminium-Silikat-Glas (Gorilla oder Xensation) oder ein Verbundglas sein. Ob die Oberfläche ein Anti-glare, Anti-reflective oder ein Anti-Fingerprint-Finish erhält, bestimmt die Applikation.

Referenz

[1] Whitepaper zum optischen Bonden.

* Rudolf Sosnowsky ist CTO bei HY-LINE Computer Components.

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