LPWAN: Mioty für die „letzte“ Meile in der IIoT-Kommunikation

Redakteur: Michael Eckstein

Robuste Konnektivität über große Entfernungen steht bei Mioty im Vordergrund. Das jetzt offiziell eingeführte Funkprotokoll für Massive-IoT-Anwendungen soll Daten im lizenzfreien Sub-GHz-Band von Millionen von Endpunkten zuverlässig zeitgleich aggregieren können. Dennoch sei es kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zu vorhandenen LPWAN-Techniken, erklären die Mitglieder der neu gegründeten Mioty Allianz.

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Zuverlässig: Mattias Lange von TI erklärt bei der Auftaktveranstaltung die Vorzüge des Mioty-Protokolls für das IIoT.
Zuverlässig: Mattias Lange von TI erklärt bei der Auftaktveranstaltung die Vorzüge des Mioty-Protokolls für das IIoT.
(Bild: Michael Eckstein)

Auf der Embedded World 2020 gaben Mattias Lange, General Manager of Connectivity von Texas Instruments, und Hermann Trottler, Vorsitzender der Mioty-Geschäftsführung, den offiziellen Startschuss für die Mioty Alliance. Die Mioty-Funktechnik ist als Ergänzung zu bereits verfügbaren „Low Power Wide Area Network“-Techniken (LPWAN) wie Sigfox oder NB-IoT gedacht – und soll in der Lage sein, deren Einschränkungen zu überwinden. Denn für das Übertragen und Verarbeiten vieler tausend Datenpakete in kurzer Zeit hätte bislang ein geeignetes, zuverlässiges Kommunikationsprotokoll gefehlt.

Zum Entwickeln eines Ökosystems und zum Vermarkten von Mioty haben sich Ende 2019 das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Texas Instruments und Diehl zur Mioty Alliance zusammengeschlossen. Das Bündnis will ein offenes, standardisiertes und interoperables Ökosystem bereitstellen, das „die Anforderungen an drahtlose Konnektivität für intelligente Städte und industrielles IoT von morgen erfüllt“. Ein einzelnes Unternehmen sei damit überfordert: „Wir brauchen diese Allianz, die Unternehmen aus verschiedenen Disziplinen zusammenführt“, sagte Lange. TI stelle sein Halbleiter-Knowhow zur Verfügung – konkret seine Simplelink-Plattform, Fraunhofer arbeite seit langem an dem Protokoll, Diehl an Gateways und Endgerätezählern. „Mit dem gemeinsamen Wissen bringen wir den Standard voran.“ Mittlerweile sind weitere Unternehmen an Bord, darunter Stackforce, Ragsol, Wika und ifm.

Fokus auf robuster, energieeffizienter Datenübertragung über mehrere Kilometer

„Das Fraunhofer Institut arbeitet seit 2009 an der Technik“, erklärt TI-Manager Lange im Gespräch mit ELEKTRONIKPRAXIS. Ziel sei es von Beginn an gewesen, eine überaus robuste, energieeffiziente und standardisierte Kommunikationslösung für die speziellen Anforderungen von Anwendungen im „Industrial Internet of Things“ (IIoT) zu entwickeln.

Im Juni 2018 hatte das „European Telecommunication Standard Institute“ (ETSI), ein Gremium aus unabhängigen Forschungs- und Entwicklungsunternehmen sowie der Industrie, den Standard TS 103357 »Low Throughput Networks (LTN) Protocols for radio interface A« verabschiedet – und damit eine wichtige Grundlage für den Einsatz von LPWANs gelegt. Nach Angaben des IIS sind damit nun einheitliche technische Spezifikationen zur Entwicklung neuer Anwendungen für so genannte massive IIoT-Lösungen verfügbar, die die Mioty-Technologie in seiner Funkkommunikation berücksichtigt.

„Telegram Splitting“: Seit 2009 erprobtes Verfahren ist Grundlage für Mioty

Mioty soll mithilfe eines speziellen Verfahrens – dem Telegram Splitting – Sensordaten auch über lange Distanzen von mehreren Kilometern hinweg energieeffizient, robust und zuverlässig übertragen können. Das vom Fraunhofer IIS entwickelte und patentierte Telegram-Splitting ist ein asymmetrisches Übertragungsverfahren. Es ist darauf ausgelegt, Daten von sehr vielen Endgeräten in kurzer Zeit sicher übertragen zu können. Das Verfahren setze „neue Maßstäbe in Punkto Offenheit, Robustheit, Skalierbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Energieeffizienz“, erklärt Trottler bei der Auftaktveranstaltung.

Mioty teilt eine Nachricht in mehrere Unterpakete auf und überträgt diese zu verschiedenen Zeiten und auf verschiedenen Frequenzen, also im Zeit- und Frequenzmultiplexverfahren. Selbst in einem überfüllten Spektrum ließen sich so niedrigste Paketfehlerraten erzielen. „Das Verfahren ist dadurch robuster als alle bisherigen Ansätze“, sagt Lange. Die typische Leistungsaufnahme liegt laut Trottler pro Nachricht und Endpunkt bei 868 MHz bei lediglich 17,8 µWh. Damit ließen sich Sensoren bauen, die gut 20 Jahre ohne Batteriewechsel funktionieren.

Millionen von Nachrichten Tag für Tag

Mioty sei in der Lage, Millionen von Nachrichten pro Tag mit einer einzigen Basisstation zu aggregieren, behaupteten die Partner – auch in Gegenden ohne oder mit nur geringer Mobilfunkabdeckung. Bislang sei es praktisch nicht möglich gewesen, in einem solchen Szenario eine hohe Zuverlässigkeit bei der Datenübertragung zu gewährleisten, da sich die Sensoren gegenseitig stören. „Mioty jedoch kann 1 bis 1,5 Millionen Sensoren ohne Interferenzen handhaben“, erklärt Trottler.

Wie bereits erwähnt arbeitet das IIS seit 2009 an dem Funkprotokoll und verbessert es ständig, um auch für zukünftige Anforderungen gerüstet zu sein. „Jeden Tag erreichen uns neue Ideen. Und es ist wichtig, diese in technische Lösungen umzusetzen und zu entwickeln“, sagt Trottler. Wichtig ist ihm dabei festzuhalten, dass Mioty nicht angetreten ist, um andere Technologien zu ersetzen: „Sie vervollständigt diese und macht sie sicherer, skalierbarer und energieeffizienter.“

Bisher werde viel über IoT geredet, fortschrittliche Anwendungen würden aber noch in den Kinderschuhen stecken, meint Lange: „Wir stehen erst am Anfang des IoT.“ Bislang sei noch gar nicht abzusehen, was das IoT in Bezug auf Innovation und Effizienzsteigerung tatsächlich ermöglichen könne. Doch gerade am Anfang sei es wichtig, ein tragfähiges Fundament zu schaffen: „Mioty kann dieser Grundstein sein, auf dem Innovationen und neue Arten von Anwendungen für intelligentere Netze, intelligentere Städte und weitreichende Automatisierung aufbauen können.“

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