Hybrid-Relais Hybrides Schaltungskonzept aus Relais und Halbleiter

Von Florian Sawitzki *

Die Baureihe PLC-Interface, die sich aus Elementar- und Halbleiter-Relais zusammensetzt, kombiniert jetzt die Vorteile beider Technologien in einem Hybridmodul, das speziell für DC-Anwendungen entwickelt wurde.

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Hybrid-Relais: Ein hybrides Schaltungskonzept aus Relais und Halbleiter eröffnet neue Möglichkeiten, wenn die Verfügbarkeit entscheidend ist.
Hybrid-Relais: Ein hybrides Schaltungskonzept aus Relais und Halbleiter eröffnet neue Möglichkeiten, wenn die Verfügbarkeit entscheidend ist.
(Bild: Phoenix Contact)

Mit dem weltweit ersten 6,2 mm schmalen Interfacemodul für den Signalaustausch und einer steckbaren Schalteinheit setzte die Baureihe PLC-Interface 1997 einen neuen Marktstandard, der bis heute fortbesteht. Der Erfolg der vergangenen 25 Jahre gründet auf der kontinuierlichen und konsequenten Erweiterung der Produktpalette.

Neben zahlreichen Produkten für Standardanwendungen, in denen beispielsweise 24-V-Signale zwischen dem Feld und der Steuerung gekoppelt werden müssen, stehen Spezialvarianten zur Verfügung. In Kombination mit dem Logikrelaissystem PLC logic als Stand-Alone-Controller setzen die modularen Scheiben einfache Automatisierungsaufgaben auf kleinem Bauraum um.

Elektromechanische Relais: Vor- und Nachteile

Elektromechanische Relais sind klassische, etablierte und unverzichtbare Komponenten der Automatisierungstechnik. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass auch die elektronischen Halbleiter-Relais eine immer größere Rolle spielen und ähnliche Zuwächse wie die mechanisch schaltenden Pendants verzeichnen.

Die Interface-Bausteine kommen in unterschiedlichen Applikationen zum Einsatz. Mit goldbeschichteten Kontakten lassen sich kleine Signale im unteren Milliampere-Bereich zuverlässig schalten. Relais mit Leistungskontakten übernehmen mittlere Ströme bis in den zweistelligen Ampère-Bereich.

Abgesehen von geringeren Kontaktwiderständen und den damit einhergehenden kleineren Verlusten ist die mechanische Lösung preislich günstiger im Vergleich zu Halbleiter-Relais. Auf der Kontakt- oder Ausgangsseite sind elektromechanische Relais echte Generalisten: AC-, DC- und Mischspannungen lassen sich problemlos schalten, ohne dass eine Polung beachtet werden müsste.

Um die Lebensdauer eines Kontaktsystems nicht zu sehr zu reduzieren, gilt es insbesondere bei DC-Applikationen die Vorgaben zur Senkung der Schaltleistung in Form der Lastgrenzkurve zu berücksichtigen und möglichst eine geeignete Kontaktschutzbeschaltung zu verwenden.

Elementarrelais: Abnutzung und Alterung

Elektromechanische Relais haben allerdings nicht nur Vorteile gegenüber den elektronischen Lösungen. Zunächst führt der mechanische Aufbau zu einer höheren Abnutzung: Wo sich Teile bewegen, entsteht stets Verschleiß. Je nach Last kann der Ein- oder Ausschaltvorgang eine Herausforderung für das Kontaktsystem darstellen.

Ein maßgeblicher Faktor für eine schnellere Alterung von Kontaktoberflächen ist der Lichtbogen, der unter anderem Kontaktverschweißer begünstigt. Solche Phänomene können unerwünschte Fehler und somit Stillstandzeiten in der Applikation nach sich ziehen.

Beim Schließen eines elektrischen Kontaktes stoßen die Kontaktoberflächen zusammen. Durch das elastische Zurückprellen öffnet und schließt sich der Kontakt mehrfach unerwünscht (Kontaktprellen). Die wiederholte Kontaktgabe bedeutet mehrmaliges Ein- und Ausschalten eines Stroms.

Besonders die Einschaltströme kapazitiver Verbraucher, die um ein Vielfaches höher als ihr eigentlicher Nennstrom liegen, werden so gleich mehrfach geschaltet. Das verringert die Lebensdauer. Um Stillstandzeiten zu vermeiden. müssen die Relais öfter getauscht werden, was einen höheren Personaleinsatz erfordert.

Halbleiter-Relais für hohe Schaltfrequenzen

Im Vergleich zur mechanischen Variante weisen Halbleiter-Relais ein- und ausgangsseitig immer eine eindeutige Polung auf und können entweder für zu schaltende DC- oder AC-Spannungen genutzt werden. Sie sind also nicht universell verwendbar.

Sind für eine reine Signalübertragung über lange Zeit folglich hohe Schaltfrequenzen gefragt, empfiehlt sich ein Halbleiter-Relais. Da der Stromkreis nicht durch bewegliche Teile, sondern rein elektronisch geschlossen wird, spielen Kontaktprellen, Lichtbögen und eine damit einhergehende kürzere Lebensdauer keine Rolle.

Die schaltenden Halbleiter überstehen die bereits angesprochenen Einschaltstromstöße aufgrund ihrer kurzen Überlastfähigkeit unbeschadet. Auf der anderen Seite sind die höheren Verluste im durchgeschalteten Zustand und ein daraus resultierendes Derating nachteilig.

Bei elektronischen Lösungen limitiert diese Tatsache den maximalen Stromfluss abhängig von der Umgebungstemperatur erheblicher, als es bei Elementarrelaiskontakten der Fall ist.

Elementar- oder Halbleiter- Relais? Ein Vergleich

Welches Schaltkonzept ist nun das überlegenere? Es wird deutlich, dass die Vor- und Nachteile beider Lösungen zum Schalten einer Last je nach Applikation sorgfältig abgewogen werden müssen. Beide Varianten ergänzen sich jedoch in zahlreichen Punkten optimal.

Die technischen Nachteile des einen werden durch die Vorteile des anderen Systems ausgeglichen und umgekehrt. Somit bietet sich die sinnvolle Kombination aus elektromechanischem und rein elektrischem Schalten an.

Je nach Art der Last lässt der Ein- und Ausschaltmoment die Relaiskontakte in vielen Applikationen frühzeitig altern. Insbesondere bei DC-Anwendungen kommen stehende Lichtbögen vor, weil im Gegensatz zu AC-Spannungen kein automatisches Verlöschen durch einen Nulldurchgang der Spannung erfolgt.

Hybrid-Relais: Schaltelemente zeitversetzt aktivieren

Ein hybrides Schaltungskonzept aus Relais und Halbleiter eröffnet neue Möglichkeiten: Beide Schaltelemente lassen sich parallel verschaltet unabhängig voneinander aktivieren. Dabei kommt es auf ein optimales zeitliches Zusammenspiel bei der Aktivierung und Deaktivierung an. Die Schaltelemente werden dazu nach einem festgelegten Muster abwechselnd ein- und ausgeschaltet. Die Koordination übernimmt ein Controller mit entsprechender Firmware.

Die Produktfamilie PLC-Interface verfügt schon seit einigen Jahren über eine Hybridschaltung speziell für AC-Lasten. In der Lösung agieren der Relaiskontakt und ein Triac zeitlich versetzt voneinander und können so ihre individuellen Stärken ausspielen:

Die Hybridgeräte werden im ersten Schritt an eine permanente 24-VDC-Versorgung angeschlossen. Ein weiteres Eingangssteuersignal aktiviert dann das Modul. Im Einschaltmoment ist zunächst nur der Halbleiter beteiligt, sodass problematische Einschaltströme lediglich über seine Strecke fließen. Die Last wird versorgt.

Der Relaiskontakt ist nicht involviert, sondern befindet sich zunächst in Ruhelage. Nach kurzer Zeit sind Einschaltstromspitzen erfahrungsgemäß abgeklungen und die Spannung über dem voll durchgeschalteten Halbleiter hat ihr Minimum erreicht. Der parallel zum Halbleiter liegende Schaltkontakt wird erst dann geschlossen und übernimmt einen Teil­laststrom. Dies erfolgt jedoch bei kleiner Spannung. Sobald der Kontakt nach der Prellphase sicher geschlossen ist, wird der Halbleiterpfad deaktiviert.

Schaltspielzahl als begrenzende Größe

Der niederohmige Relaiskontakt reduziert so die anfallende Verlustleistung. Soll die Last abgeschaltet werden, wird die Spannung am Steuereingang wie üblich weg­genommen. Würde das Relais jetzt sofort öffnen, entstünde bei einer AC-Spannung abhängig von Höhe und Phasenwinkel ein Lichtbogen, der jedoch spätestens beim nächsten Nulldurchgang selbständig verlischt.

Da dies die Lebensdauer des Relais verringert, wird zunächst der Halbleiter wieder eingeschaltet, bevor das Relais in den Ruhezustand zurückkehrt. Beide Pfade sind also wieder aktiv. Erst dann öffnet der elektromechanische Kontakt.

Weil die Spannung über dem Kontakt durch den parallelen niederohmigen Halbleiter bestimmt wird, können sich keine Lichtbögen bilden. Kurze Zeit später schaltet sich der Halbleiter ebenfalls ab, die Last ist von der Versorgung getrennt.

Durch dieses Schaltkonzept erhöht sich die Lebensdauer des hybriden Systems deutlich. Nunmehr fungiert die maximale mechanische Schaltspielzahl des Relais, die zwischen 20 und 30 Millionen Zyklen liegt, als begrenzende Größe.

Spezialrelais erfordern großen Platzbedarf

Beim Schalten von Gleichspannungen (DC) ergeben sich ungleich höhere Anforderungen an Schaltgeräte. Die Herausforderung bei DC resultiert aus dem fehlenden Nulldurchgang der Spannung. Wird ein zuvor geschlossener Kontakt geöffnet, entsteht ein Lichtbogen.

Ist das Wertepaar aus Spannung und Strom ausreichend groß, wird die wenige zehntel Millimeter kurze Luftstrecke durch einen stehenden Lichtbogen überbrückt. Mehrere solcher Vorgänge oder selbst ein einzelnes Ereignis bedeuten zwangsläufig ein schnelleres Ableben des Kontaktes.

Sollen Lasten an DC-Spannungsversorgungen geschaltet werden, die oberhalb der Lastgrenzkurve eines Standardrelais liegen, muss sich der Anwender auf die Suche nach einer adäquaten Lösung machen. Existierende Relais für derartige Anwendungsfälle brauchen viel Platz auf der Hutschiene.

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Häufig sind in einem solchen Relais zwei Schließer in Reihe geschaltet, um in Summe einen größeren Gesamtluftspalt zu realisieren, sodass der Lichtbogen abreißt. Außerdem werden Blasmagneten eingesetzt, die den Lichtbogen mit ihrem Permanentmagnetfeld aus der Kontaktzone herausdrängen und so zu einer Verbesserung des Abschaltvermögens beitragen.

Die Baubreite entsprechender Relais beträgt bis zu 40 mm, mit Sockel wird noch mehr Platz benötigt. Bei höheren Spannungen von beispielsweise 220 V DC und ohmscher Belastung lassen sich erfahrungsgemäß Lebensdauern erreichen, die mehrere Zehnerpotenzen unter der eines Hybridkonzepts liegt.

Gleichspannungsnetze: Das Lichtbogen-Problem

Sei es das Ein- und Ausschalten von DC/DC-Wandlern, Stromversorgungen an Gleichspannungsnetzen oder Batteriespannungen: Die Problematik der Lichtbögen zeigt sich in unterschiedlichen Applikationen ähnlich. Jeder Millimeter auf der DIN-Schiene kostet Geld.

Daher haben die Spezialisten das bewährte Schaltungskonzept in AC-Hybridmodulen für DC-Zwecke weitergedacht. Die zentrale Rolle für das sichere Schalten spielt hierbei ein für diesen Anwendungsfall geeigneter Halbleiter, der ebenso parallel zum Relaiskontakt geschaltet ist. Das Prinzip der Zu- und Abschaltung beider Pfade wird wie bereits beschrieben koordiniert.

Hybrid-Relais: Energieumwandlung über eine Schutzbeschaltung

Die Nutzung der Hybridtechnik ermöglicht nun eine Schaltleistung von 220 V DC bei 10 A auf einer Baubreite von 14 mm. Bei weniger als der halben Baubreite konventioneller Lösungen erhöht sich die Lebensdauer sogar deutlich. In Einzelanordnung können die Geräte, die mit einer Taktrate von 1 Hz betrieben werden, den Strom bei Umgebungstemperaturen bis zu 60 °C schalten und führen.

In einer Verbundanordnung muss ab Temperaturen von 40 °C und 100 Prozent Einschaltdauer ein lineares Derating von –0,3 A/K berücksichtigt werden. Mit lediglich einem Halbleiter ohne parallelem Relaiskontakt wäre wegen der permanent entstehenden Verlustleistung ein weitaus größeres Derating erforderlich.

Die Zuverlässigkeit des Systems wurde in umfassenden Labortests mit verschiedenen Lasten verifiziert. Dennoch sollte nicht an einer zusätzlichen Schutzbeschaltung an der Last gespart werden – beispielsweise beim Abschalten von mittleren und starken induktiven Lasten an Gleichspannung.

Wird die magnetisch gespeicherte Energie der Spule nicht kontrolliert über eine entsprechende Schutzbeschaltung – etwa eine Freilaufdiode, Suppressordiode oder einen Varistor – umgewandelt, bildet sich eine teilweise hohe Selbstinduktionsspannung.

Kommt keine Freilaufdiode zum Einsatz, sondern zum Beispiel ein Varistor, muss dessen Schutzpegel sowohl auf die Betriebsdaten der Last als auch der entstehenden Selbstinduktionsspannung ausgelegt werden. So lassen sich selbst größere Energien sicher und kontrolliert abbauen.

Hybrid-Relais: Zuverlässigkeit, Lebensdauer, Schaltvermögen, Platzbedarf

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass Hybridlösungen den rein elektromechanischen und elektrischen Ansätzen in puncto Zuverlässigkeit, Lebensdauer, Schaltvermögen und Platzbedarf überlegen sind. Sie können ihre technischen Vorteile in Applikationen ausspielen, in denen die Verfügbarkeit höchste Priorität hat und Stillstandzeiten unbedingt vermieden werden müssen.

Als typische Anwendungsgebiete für die Hybridgeräte seien Kraftwerke, die Prozesstechnik und Windkraftanlagen genannt. Die speziell für DC-Anwendungen konzipierten Relais erweitern das PLC-Interface-Portfolio der Hybridrelais somit optimal.

Fazit: Wie alle anderen Produkte der Baureihe PLC-Interface sind die Hybridlösungen in einem durchgängigen Gehäusekonzept umgesetzt worden. Das erleichtert die Installation und erlaubt die Nutzung des vorhandenen Zubehörs wie Endlossteckbrücken, Einspeiseklemmen, Abteilungstrennplatten oder Markierungsmaterialien, was wiederum den Verdrahtungsaufwand reduziert. Die PT-Anschlusstechnik ermöglicht beispielsweise den Einsatz von massiven und flexiblen Leitern mit einer Aderendhülse ab einem Anschlussquerschnitt von 0,34 mm2.

Auch nach 25 Jahren überführt die Produktfamilie PLC-Interface neue technische Ansätze also weiterhin in innovative Produkte.

* Dipl.-Ing. Florian Sawitzki ist Leiter Produktmarketing „Relay, Interface Components“ bei Phoenix Contact Electronics in Bad Pyrmont.

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