Computersimulation in der Medizin Herzeingriffe bei Kindern möglichst vermeiden

Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Kinder mit angeborenen Herzfehlern müssen oft eine lange Reihe von belastenden Untersuchungen und Eingriffen über sich ergehen lassen. Im EU-Projekt CARDIOPROOF haben Fraunhofer-Forscher eine Software entwickelt, mit denen sich bestimmte Interventionen im Vorfeld simulieren lassen.

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Simulation des veränderten Blutflusses nach virtueller Aufweitung einer verengten Aorta mit einem Stent. Der Vergleich der Ergebnisse verschiedener Therapieansätze erlaubt die Auswahl der bestmöglichen Behandlung.
Simulation des veränderten Blutflusses nach virtueller Aufweitung einer verengten Aorta mit einem Stent. Der Vergleich der Ergebnisse verschiedener Therapieansätze erlaubt die Auswahl der bestmöglichen Behandlung.
(Bild: Fraunhofer MEVIS)

Kindern, die mit einer Aortenisthmusstenose geboren werden, drohen früher oder später lebensgefährliche Herzprobleme. Allerdings sind oft mehrere Eingriffe notwendig. Das Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen hat eine Software entwickelt, die verschiedene Arten von Interventionen simulieren kann und dadurch einen Vergleich zwischen ihnen ermöglicht. Dadurch könnte die Qualität der Therapie verbessert sowie die Notwendigkeit eines Eingriffs erwogen werden. So manche Operation könnte den jungen Patienten erspart bleiben. Die Arbeiten erfolgten im EU-Projekt CARDIOPROOF, das Ende 2016 abgeschlossen sein wird.

Blutdruck-Verhältnisse

Ausgangspunkt für die Rechnersimulation sind Bilder, die ein Magnetresonanz-Scanner von den Herzen der Patienten macht. Die Aufnahmen zeigen nicht nur die Form der Gefäße, sondern stellen auch den Blutfluss dar. Die Algorithmen ermitteln die Blutdruck-Verhältnisse. Ausgehend von der sogenannten Druckfeldsimulation können die Experten verschiedene Arten von Interventionen im Rechner nachbilden und abschätzen, welche Auswirkungen der jeweilige Eingriff hätte. Mit Hilfe der Software können die Mediziner fundierter entscheiden, welche Art von Eingriff am günstigsten ist, ob man ihn auf einen späteren Zeitpunkt verschieben sollte und ob eine Intervention überhaupt nötig ist.

Um zu prüfen, wie realitätsgetreu die Computersimulationen sind, haben die Forscher klinische Studien am Deutschen Herzzentrum in Berlin durchgeführt. Dazu wurden die jungen Herzpatienten nach dem Eingriff nochmals per MR-Scanner untersucht. Dadurch ließen sich die Blutströme vor und nach der Intervention erfassen und mit den Simulationen abgleichen. Das Ergebnis: Das Softwaretool sagt die Blutströme und -drücke hinreichend genau voraus. Mit Hilfe der webbasierten Software kann der Mediziner innerhalb von 30 Minuten Blutfluss und Blutdruck in der Aorta rekonstruieren. Anschließend lässt sich virtuell ein Eingriff durchspielen. Das Ergebnis dieser Simulation liegt in der Regel nach einer weiteren halben Stunde vor. Die nächsten Schritte wären Qualitätssicherung, Zulassung und Überführung in eine kommerzielle Lösung.

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