Innovation Erstmals seit sieben Jahren: Firmen haben weniger geforscht

Von Michael Eckstein

Das verflixte siebte Jahr: Im Corona-Krisenjahr 2020 traten Unternehmen in Deutschland auf die Ausgabenbremse – auch im wichtigen Bereich Forschung. Vor allem eine Schlüsselbranche setzte den Rotstift an.

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Die Automotivebranche leidet stark unter der Coronakrise – das spiegelt sich unter anderem in den Forschungsausgaben der Unternehmen wider.
Die Automotivebranche leidet stark unter der Coronakrise – das spiegelt sich unter anderem in den Forschungsausgaben der Unternehmen wider.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

2020, im ersten Jahr der Corona-Pandemie, haben Unternehmen weniger Geld für Forschung und Entwicklung (FuE) ausgegeben als in den Jahren zuvor. Das geht aus einer Erhebung des Stifterverbandes im Auftrag des Bundesforschungsministeriums hervor. Insgesamt betrachtet investierten die Unternehmen in Deutschland 71 Milliarden Euro in ihre eigene Forschung – im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang von 6,3 Prozent.

Erstmals seit sieben Jahren gingen die Ausgaben der Wirtschaft für FuE zurück. Auch forschten weniger Mitarbeiter in den Unternehmen. Lediglich die Ausgaben für Forschungsaufträge an andere Partner konnten ein leichtes Plus von 200 Millionen Euro verzeichnen (plus 1,0 Prozent). Sie erreichten mit 22,9 Milliarden Euro sogar einen neuen Höchstwert.

Die FuE-Ausgaben von Staat und Hochschulen betrugen nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 34,6 Milliarden Euro. Wie die Stiftung mitteilt, seien zusammen mit der Wirtschaft in Deutschland im Jahr 2020 knapp 106 Milliarden Euro für interne Forschung und Entwicklung ausgegeben worden.

Der Anteil des Bruttoinlandsproduktes (BIP), der auf FuE entfällt, reduzierte sich trotz sinkenden BIPs von 3,17 Prozent (2019) auf 3,14 Prozent (2020). Ziel der geschäftsführenden Bundesregierung ist es, dass bis 2025 für Forschung und Entwicklung 3,5 Prozent des BIP investiert werden.

Besonders Automotive-Firmen haben FuE-Ausgaben gekappt

Auffallend ist der Einbruch in der Automotive-Branche: Gerade der Sektor, der als Motor des deutschen Innovationssystems gilt, reduzierte die FuE-Aufwendungen am stärksten. Die Automobilhersteller und -zulieferer kürzten ihre internen FuE-Aufwendungen von 2019 auf 2020 um fast vier Milliarden Euro – das entspricht einem Rückgang von 13,6 Prozent.

Im Maschinenbau wurden die Ausgaben um knapp sieben Prozent, in der chemischen und in der pharmazeutischen Industrie jeweils um gut drei Prozent reduziert – im Vergleich also unterdurchschnittlich. Die Zurückhaltung, intern in die Forschung zu investieren, hat nach Angaben des Verbands verschiedene Gründe: Umsatzrückgänge, unterbrochene Lieferketten und/oder Lockdown-Regelungen seien die gravierendsten. Um interne Kosten und Risiken zu mindern, haben vor allem Kfz- und Maschinenbau verstärkt auf externes Wissen zurückgegriffen und Forschungsaufträge an externe Unternehmen vergeben.

Es gibt auch Profiteure der schwierigen Lage

Einige Branchen hätten von der schwierigen Lage in 2020 auch profitiert, hat der Verband ermittelt, allen voran die Informations- und Kommunikationstechnik. Diese hat ihre FuE-Aufwendungen deutlich gesteigert. Ganz besonders Programmiertätigkeiten hätten stark zugenommen: Dafür hätten die Unternehmen intern 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr ausgegeben.

Weiterhin hätten sich auch wissenschaftliche FuE-Dienstleistungen in den Ingenieur- und Naturwissenschaften, aber auch im medizinischen und biotechnologischen Bereich positiv entwickelt. Diese profitierten laut Stiftungsverband davon, dass die Industrie sehr zuverlässig und kontinuierlich Forschungsaufträge vergibt. Darüber hinaus hätten auch Dienstleistungsunternehmen ihre Ausgaben für externe FuE um 50 Prozent erhöht – laut Verband ein Anzeichen für verstärke Kooperationen und den weiteren Ausbau von Innovationsnetzwerken.

Kurzarbeit hat Stellen in der Forschung gesichert

Die während der Corona-Pandemie über alle Branchen hinweg eingeführte Kurzarbeit hat nach Ansicht der Analysten dazu beigetragen, dass sich die Personalkosten in den Unternehmen verringert und damit die internen FuE-Aufwendungen reduziert haben. Gleichzeitig konnten die Unternehmen die Zahl der Forscherinnen und Forscher konstant halten. Steuerzahler haben also auch an dieser Stelle zur Jobsicherung beigetragen.

Insgesamt zählte der Stiftungsverband 2020 467.400 Vollzeitstellen-Äquivalente, also die Summe aller Voll- und Teilzeitbeschäftigte in den Forschungsabteilungen der Unternehmen. Das sind nur rund 1,7 Prozent oder 8.200 Stellen weniger als im Vorjahr.

Insgesamt nur moderater Abbau bei FuE-Personal

Auch hier ist die Automobilindustrie Negativspitzenreiter: Sie hat rund 5.000 Stellen im FuE-Bereich abgebaut – dabei sind die Rückgänge bei den Zulieferern noch nicht eingepreist. Nach Angaben des Verbands konnte der geringe Stellenaufbau bei forschungsintensiven Dienstleistern um knapp 900 Vollzeitstellen dies nicht kompensieren.

Insgesamt bewerten die Autoren des Stiftungsverbands vor dem Hintergrund der extremen Herausforderungen, mit denen Unternehmen im Coronajahr 2020 konfrontiert waren, den Abbau beim FuE-Personal als äußerst moderat.

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