Audi-Chef Stadler festgenommen – Untersuchungshaft
Erst vor wenigen Tagen durchsuchten Ermittler die Privatwohnung von Audi-Chef Stadler in Ingolstadt. Der Verdacht: Betrug im Zusammenhang mit der Diesel-Affäre. Jetzt kommt der Manager in U-Haft.
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In der Abgas-Affäre ist Audi-Chef Rupert Stadler am Montag vorläufig festgenommen worden. "Der Beschuldigte wurde der Ermittlungsrichterin vorgeführt, die den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat", teilte die Staatsanwaltschaft München II mit. Als Grund nannte die Behörde Verdunkelungsgefahr. "Darüber hinaus können wir uns vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen inhaltlich nicht äußern. Für Herrn Stadler gilt weiterhin die Unschuldsvermutung."
Stadler ist seit elf Jahren Audi-Chef. Vor einer Woche hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, ein Ermittlungsverfahren gegen ihn sowie ein weiteres Mitglied des Vorstands der VW-Tochter eingeleitet zu haben. Sie legt ihnen «Betrug sowie mittelbare Falschbeurkundung zur Last». Die beiden hätten Dieselautos mit manipulierter Abgasreinigung in Europa in den Verkehr gebracht.
Zur Sicherung von Beweismaterial waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Privatwohnungen von Stadler und dem nicht genannten Vorstandsmitglied durchsucht worden. Die Zahl der Beschuldigten stieg damit auf 20.
Stadler soll nach der Aufdeckung der Manipulationen in den USA von den falschen Abgaswerten auch in Europa gewusst haben, aber anders als in den USA keinen Vertriebsstopp angeordnet haben. Die Ermittler stützten sich auf die Auswertung von Korrespondenz, verlautete aus Ermittlerkreisen. Im März 2017 und im Februar 2018 hatte es in der Audi-Zentrale in Ingolstadt und im Werk Neckarsulm Razzien gegeben.
Nach Informationen der Bild am Sonntag hat Stadler nach einem schriftlichen Hinweis vom 7. Dezember 2015 auf weitere Abgastricks nicht richtig reagiert. In der Folge würde Audi bis heute Fahrzeuge produzieren und verkaufen, in denen illegale Softwarefunktionen Abgaswerte manipulieren.
Neben Stadler sitzt als Beschuldigter auch ein ehemaliger Chef der Audi-Motorenentwicklung und Porsche-Entwicklungsvorstand in Untersuchungshaft. Er war im September 2017 verhaftet worden. Einer seiner früheren Mitarbeiter bei Audi in Neckarsulm war nach mehreren Monaten Untersuchungshaft im November 2017 wieder freigekommen.
Audi soll in den USA und Europa von 2009 an rund 220 000 Dieselautos mit Schummelsoftware verkauft haben. Seit Ende 2015 hatten sechs Audi-Vorstände ihren Hut nehmen müssen. Gegen Stadler waren immer wieder Rücktrittforderungen laut geworden.
Audi drohen weiter Diesel-Rückrufe
Die aktuellen Ermittlungen gegen Stadler stehen möglicherweise im zusammenhang mit weiteren Vorwürfen gegen Audi hinsichtlich andauernder Manipulationsvorwürfe im Audi A8 Diesel. Demnach drohen dem Unternehmen im Dieselskandal nach einem Zeitungsbericht weitere Fahrzeug-Rückrufe durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Die Behörde untersuche das neueste Dieselmodell des A8 auf unzulässige Abschaltvorrichtungen der Abgasreinigung, berichte die "Bild am Sonntag". Im Bundesverkehrsministerium hieß es, das KBA überprüfe fortlaufend Fahrzeuge. Dies treffe auch auf den A8 zu. "Informationen können vor Abschluss der Prüfungen nicht weitergegeben werden, da es sich um laufende Verwaltungsverfahren handelt." Ein Audi-Sprecher wollte den Bericht am Sonntag nicht kommentieren.
Audi hatte kürzlich mitgeteilt, die interne Überprüfung seiner Sechszylinder-Dieselmotoren auf Abgastricksereien in Kürze abschließen zu wollen. Die Ergebnisse sollen voraussichtlich im Juli dem KBA zur Bewertung vorgelegt werden. Vor einem Jahr hatte die VW-Tochter angekündigt, 850 000 Autos mit Sechs- und Achtzylindermotoren unter die Lupe zu nehmen. Die Hälfte der Motoren war in Ordnung, bei einem Viertel steht die Bewertung des KBA noch aus, für 216 000 wurden Rückrufe angeordnet.
Scheuer lamentiert ungleiche Behandlung der Autobauer
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kritisierte eine aus seiner Sicht ungleiche Behandlung der Autobauer in Europa. Der Umgang seiner europäischen Kollegen mit dem Thema ärgere ihn "brutal", sagte Scheuer der "Welt am Sonntag". Deutschland sei «immer Vorreiter für eine harmonisierte Typgenehmigung, harmonisierte Messverfahren mit vollständiger Transparenz und auch Strenge in der Welt» gewesen: "Aber zum Schluss fehlen die Mehrheiten." In Frankreich, Italien oder Großbritannien heißt es nach Darstellung des Ministers einfach, "wir brauchen unsere Prüfergebnisse nicht offenzulegen, hier ist der Stempel, unsere Fahrzeuge sind legal". In Wirklichkeit sehe man oft die Messergebnisse, die das widerlegten. "Wir diskutieren trotzdem masochistisch nur über deutsche Hersteller. Das finde ich nicht in Ordnung", sagte er.
(dpa)
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