Mobilfunk aus der Cloud 5G mit ORAN: 1&1 baut mit Rakuten voll virtualisiertes Mobilfunknetz
Open RAN und durchgängige Virtualisierung sollen für niedrige Betriebskosten sorgen: United Internet, besser bekannt mit seiner Tochter 1&1, will mit dem japanischen Konzern Rakuten als Technologiepartner sein 5G-Netz aufbauen. UI hatte 2019 für knapp über 1 Milliarde Euro 5G-Frequenzen ersteigert.
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Der Telekommunikationsanbieter 1&1 Drillisch, ein Tochterunternehmen von United Internet (UI), macht Ernst mit dem Aufbau seines 5G-Mobilfunknetzes: Gemeinsam mit dem japanischen Internetunternehmen Rakuten solle das europaweit erste vollständig virtualisierte Mobilfunknetz auf Basis des offenen Standards „Open RAN“ (Open Radio Access Network, auch ORAN) geschaffen werden, teilte die United-Internet-Tochter am Mittwoch in Maintal mit. Konkret soll Rakuten die aktiven Netzbestandteile installieren und für die Gesamtperformance des Netzes verantwortlich sein. 1&1 bekomme hingegen Zugriff auf die Steuerungsplattform. Der Bau des 1&1-Netzes solle im kommenden Quartal beginnen.
Noch im September 2020 hatte Andreas Middel, Sprecher der Deutschen Telekom, gegenüber dem Nachrichtenportal Golem gesagt, dass man nicht sicher sie, ob 1&1 Drillisch tatsächlich ein eigenes 5G-Netz aufbauen will – oder ob es dem Provider lediglich um den Zugang zu den drei bestehenden Netzen gehe. Die dafür nötigen National-Roaming-Verhandlungen waren zunächst ergebnislos abgebrochen worden, und 1&1 hatte die Bundesnetzagentur aufgerufen, ihre Schiedsrichterrolle gegenüber Vodafone und Deutsche Telekom wahrzunehmen.
Open-RAN-Technik für durchgängige Virtualisierung
Schon damals sagte hingegen United-Internet-Konzernchef Ralph Dommermuth, man wolle ein 5G-Netz mit ORAN-Technik nach dem Vorbild von Rakuten in Japan errichten. Dazu gehöre es, die Netze sow weit wie möglich zu virtualisieren und in der Cloud aufzubauen, so dass sie sich per Software steuern ließen. Dafür seien herstellerunabhängige Strukturen nötig. Rakuten hatte ein solches vollständig virtualisiertes Netz – laut Dommermuth das erste weltweit – mit den Partnern Cisco und NEC errichtet und in Betrieb genommen.
ORAN verspricht den Abbau technologischer Barrieren, die bisher den Markt abgeschottet haben. Durch den relativ neuen offenen Standard sollen Komponenten der Mobilfunknetze herstellerübergreifend kompatibel werden. ORAN soll es Betreibern erlauben, Zubehör von verschiedenen Anbietern zu nutzen. Bisher gibt es hier nur proprietäre, also geschlossene Systeme.
Gegenüber dem „Handelsblatt“ sagte Dommermuth, er hoffe durch ORAN auf niedrige Betriebskosten: „Wir werden das Netz mit 50 Mitarbeitern betreiben können, weil es voll automatisiert funktioniert.“
Mit 70 MHz Bandbreite gegen die etablierte Konkurrenz
Im Juni 2019 hatte 1&1 für rund 1,07 Milliarden Euro ein Frequenzpaket mit insgesamt 70 MHz Bandbreite im 5G-Frequenzspektrum ersteigert. Konkret konnte das Unternehmen zwei Frequenzblöcke à 2 x 5 MHz im Bereich 2 GHz und fünf Frequenzblöcke à 10 MHz im Bereich 3,6 GHz erwerben. Damit sei man in der Lage, ein leistungsfähiges 5G-Netz aufzubauen „und ein neues Kapitel der Unternehmensgeschichte aufzuschlagen“, erklärte Dommermuth damals.
Während Telekom, Vodafone und Telefónica mit dem Auf- und Ausbau ihrer 5G-Netze längst begonnen haben, befindet sich United Internet noch immer in der Planungsphase. Dommermuth begründete das laut „Handelsblatt“ mit den Verhandlungen um das National Roaming – während das Unternehmen sein eigenes Netz aufbaut, muss es zunächst die Kapazitäten eines anderen Mobilfunkanbieters mitnutzen.
Trotzdem sieht Dommermuth seinen Konzern gut gerüstet: „Als vierter Netzbetreiber werden wir einen Beitrag leisten, Deutschland zum Leitmarkt für 5G zu machen, und neue Geschäftsfelder für unser Unternehmen erschließen.“ Schließlich bringe man mit über 9 Millionen Mobilfunk- und 4,5 Millionen DSL-Kunden, Deutschlands zweitgrößtem Glasfasernetz und einer europaweit führenden Position in der Entwicklung von Applikationen beste Voraussetzungen mit, „um das enorme Potenzial von 5G in Deutschland auszuschöpfen“.
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